VroniPlag Wiki

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Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
Graf Isolan
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 69, Zeilen: 1-32 (komplett), 103-109, 112-114
Quelle: Schlüpmann 1990
Seite(n): 194, 195, 197, Zeilen: 194:31-45.46-51 - 195:1-4; 197:14-25.27-29
Die Arbeiterbildungsvereine nahmen das Selbstverständnis der Gebildeten von der bürgerlichen Öffentlichkeit beim Wort. Schon 1849 scheiterte jedoch der Versuch, eine Koalition von aufgeklärten Bürgern mit Arbeiter- und Frauenvereinen zu bilden.52 Das hatte zur Folge, dass die Volksbildungsbewegung zu einem breiten Betätigungsfeld der Gebildeten im Schutz von Staat und Kirche heranwuchs.53

Die soziale Krise des Bildungsbürgertums im Wilhelminismus entstand durch den Verlust an ökonomischer und politischer Bedeutung. In der Volkbildungsbewegung [sic] machte sich das Bildungsbürgertum noch einmal gesellschaftlich nützlich, in dem es den Anspruch der Arbeiter und auch der Frauen auf Bildung und Macht neutralisierte. Während des Bismarckreiches war die Erziehung zum „Staatsbürger“ erklärtes Ziel. Danach stand der „Kulturanspruch“ im Vordergrund, der 1910 einer Zentrierung auf den Menschen weichen musste. Der Wandel der Begriffe zeigt den Weg von der Indienstnahme der Gebildeten bis zur Unterwerfung der literarischen Kultur unter einen Machtanspruch, bei dem die Politik gar nicht mehr gefragt ist. Die literarische Öffentlichkeit fand ihre Anerkennung nur noch in der Abschirmung gegenüber dem Partizipationsanspruch der von der herrschenden Politik ausgeschlossenen Arbeiter und Frauen.54 Um 1910 stand nicht die Vermittlung von Wissen und die Aufklärung im Vordergrund, sondern, wie es der Dürerbund nannte, die „Ausdruckskultur“. Dem Kino widmete der Dürerbund 1912 seine „100. Flugschrift zur Ausdruckskultur“ und in seiner Zeitschrift „Die Hochwacht. Monatsschrift zur Bekämpfung des Schmutzes und Schundes in Wort und Bild“ führte er heftigste Angriffe gegen „Schundfilme“.55 Kunst und Kunsterziehung spielten eine entscheidende Rolle. In Hamburg, wo sich schon 1907 die erste Lehrerinitiative gegen das Kino konstituiert hatte, befürwortete Alfred Lichtwark, Leiter der Kunsthalle, den „ernsten Dilettantismus“, von dem er glaubte, dass er sich bei den wohlhabenden Ständen schon entwickelt habe, und von dem er hoffte, dass er auch auf die unteren Volksschichten übergreifen werde. Lichtwark verneinte entschieden die Möglichkeit, „neue Bildung von unten aufbauen zu wollen“56 Er konzentrierte sich am Ende des 19. Jahrhunderts zunächst auf die Fotografie, die er „künstlerisch“ machen wollte.57


52 Vgl. Schlüpmann, ebd.

53 1874/ 75, 1889, 1896 und 1910 sieht Johannes Tews als entscheidende Wachstumsjahre der „Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung,, an, die ebenso wie ,Dürerbund’, ,Kosmos’ und ,Volksbund für Bekämpfung des Schmutzes in Wort und Bild’ ein Träger der Kinoreform wurde. Frauenvereine gab es laut Tews in der „Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung„ erst ab 1910. Johannes Tews: Deutsche Volksbildungsarbeit. Die Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung und ihre Wirksamkeit in den 40 Jahren ihres Bestehens, im Auftr. d. Zentralausschusses d. Ges. dargest. von Generalsekr. Tews, Berlin 1911, S. 63.

54 Vgl. Schlüpmann: Unheimlichkeit des Blicks, 1990, S. 195.

55 Vgl. ebd., S. 197.

56 Alfred Lichtwark: Vom Arbeitsfeld des Dilettantismus, Dresden 1897, S. 23.

57 Lichtwark gründete neben der Gesellschaft Hamburgischer Kunstfreunde auch die Gesellschaft zur Förderung der Amateurphotographie.

Auf dieser Fiktion - im umgekehrten Sinne, nämlich als Anspruch über Bildung auch an die politische Mitbestimmung zu gelangen - beruht der Ansatz der Arbeiterbildungsvereine: sie nehmen das Selbstverständnis der Gebildeten von der bürgerlichen Öffentlichkeit beim Wort. 1849 aber schon scheiterte der Versuch, Fiktion Realität werden zu lassen, scheitert die Koalition von aufgeklärten Bürgern und Arbeiter- und Frauenvereinen. In der Folge wächst die Volksbildungsbewegung, wird sie ein breites Betätigungsfeld der Gebildeten im Schatten des Zerfalls bürgerlicher Öffentlichkeit und im Schutz von Staat und Kirche.103

Teil dieses Zerfalls ist die soziale Krise des Bildungsbürgertums im Wilhelminismus, ein ökonomischer und politischer Bedeutungsverlust.104 In der Volkbildungsbewegung [sic] macht sich das Bildungsbürgertum noch einmal gesellschaftlich 'nützlich’, in dem es die oppositionellen Kräfte, den Anspruch der Arbeiter und schließlich auch der Frauen auf Bildung und Macht ’neutralisiert’. [...] Während des Bismarckreichs war die Erziehung zum ’Staatsbürger’ das erklärte Ziel, danach stand der 'Kulturanspruch’ obenan, und um 1910 setzte eine Zentrierung auf 'den Menschen' ein; der Wandel der Begriffe schon bildet sehr schön den Weg von der offenen Indienstnahme der Gebildeten zur Unterwerfung der literarischen Kultur unter Machtpolitik ab, bei der von Politik gar nicht mehr

[Seite 195]

die Rede sein muß.105 Nicht mehr als Korrektur politischer Öffentlichkeit findet die literarische am Ende ihre Anerkennung, sondern nur noch als Abschirmung der herrschenden Politik gegenüber dem Partizipationsanspruch der von ihr Ausgeschlossenen, der Arbeiter, der Frauen.

[Seite 197]

Nicht die Vermittlung von Wissen steht um 1910 im Vordergrund, nicht Aufklärung, sondern ’Ausdruckskultur’, wie der Dürerbund es nannte. Seine 100. Flugschrift zur Ausdruckskultur widmete er 1912 dem Kino und seine Zeitschrift Die Hochwacht. Monatsschrift zur Bekämpfung des Schmutzes und Schundes in Wort und Bild enthält die heftigsten Invektiven gegen die ’Schundfilms’. Kunst und Kunsterziehung spielt in dieser Bildung eine entscheidende Rolle. In Hamburg, wo die erste Lehrerinitiative gegen das Kino sich 1907 konstituierte, organisierte Alfred Lichtwark, Leiter der Kunsthalle, den “ernsten Dilettantismus”, den er bei den wohlhabenden Ständen schon entwickelt sieht und der von dort auch auf die ’unteren Volksschichten’ übergreifen soll; entschieden verneint Lichtwark die Möglichkeit, “neue Bildung von unten aufbauen zu wollen”.107 [...] Litwarks [sic] Kampf konzentriert sich am Ende des 19. Jahrhunderts erst einmal auf die Fotografie, die er “künstlerisch” machen will.108


103 1874/75, 1889, 1896 und 1910 sieht Johannes Tews als entscheidende Wachstumsjahre der “Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung” an, die ebenso wie Dürerbund, Kosmos und Volksbund für Bekämpfung des Schmutzes in Wort und Bild ein Träger der Kinoreform wurde. Frauenvereine gab es laut Tews in der “Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung” erst ab 1910. Johannes Tews, Deutsche Volksbildungsarbeit. Die Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung und ihre Wirksamkeit in den 40 Jahren ihres Bestehens, Berlin 1911; S. 63.

104 Vgl. Klaus Vondung, “Zur Lage der Gebildeten in der wilhelminischen Zeit”, in: ders., Hg., Das wilhelminische Bildungsbürgertum. Zur Sozialgeschichte seiner Ideen, Göttingen 1976.

105 Robert von Erdberg, Fünfzig Jahre Freies Volksbildungswesen, 1924, S. 10.

107 Alfred Lichtwark, Vom Arbeitsfeld des Dilettantismus, Dresden 1897, S. 23.

108 Neben der Gesellschaft Hamburgischer Kunstfreunde gründet Lichtwark auch die Gesellschaft zur Förderung der Amateurphotographie.

Anmerkungen

Art und Umfang der Übernahmen bleiben ungekennzeichnet. Eine Fußnote identisch, zwei der anderen ebenfalls übernommen. Identischer "Tippfehler" an derselben Stelle: Volkbildungsbewegung.

Sichter
(Graf Isolan) Schumann