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Film und Propaganda im Ersten Weltkrieg. Propaganda als Medienrealität im Aktualitäten- und Dokumentarfilm

von Ulrike Oppelt

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[1.] Uo/Fragment 058 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2013-09-17 17:51:56 WiseWoman
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Jutz und Schlemmer 1989, SMWFragment, Schutzlevel sysop, Uo

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
Graf Isolan
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 58, Zeilen: 1-5, 10-37, 103-104, 106-107
Quelle: Jutz und Schlemmer 1989
Seite(n): 63, 64, Zeilen: 63:6-31.34-40 - 64:1-11.18-22
[Als Phänomene mittlerer Dauer] können beispielsweise epochenbildende Elemente der Filmgeschichte, seien sie ökonomischer, sozialer, politischer, kultureller, psychologischer oder ästhetischer Natur, angesehen werden. Die Ausbildung filmischer Genres, Stile, Moden etc. gehören [sic] ebenso in diesen Bereich.4 Die dritte Ebene wird von langen Zeitabläufen bzw. vom Begriff der Struktur dominiert. Eine Struktur, so Braudel,

„ist ein Zusammenspiel, ein Gefüge, aber mehr noch eine Realität, die von der Zeit wenig abgenutzt und sehr lange fortbewegt wird. Manche langlebige Strukturen werden zu stabilen Elementen einer unendlichen Kette von Generationen. [...] Sie sind gleichzeitig Stützen und Hindernisse (der Geschichte)“5

Als tragende Strukturen der Geschichte sieht Braudel in erster Linie materielle Gegebenheiten, wie den geographischen Raum und das Klima und die dadurch bedingten Produktionsverhältnisse. Er schließt aber nicht aus, dass dieselbe Dauerhaftigkeit auch kulturellen Gegebenheiten innewohnt, sodass kulturelle Systeme wie Denkverfassungen oder Darstellungskonventionen in der Kunstgeschichte ebenso strukturbildend sein können. Diese dritte Ebene scheint der nützlichste Ansatzpunkt für Untersuchungen filmischer Präsentations- bzw. Wahrnehmungskonventionen zu sein. Unter materiellen und ökonomischen Bedingungen liegen die unmittelbaren Voraussetzungen des filmischen Sehens weitgehend schon im 19. Jahrhundert. Als Beispiel sei hierfür die Ausbildung des panoramatischen Blickes angeführt.6

Das Kino, so die Hypothese, ist eine von der Ideologie der Mimesis dominierte Signifikationspraxis. Die mimetischen Mittel, derer sich der Film bedient, um die Illusion von Realität zu erzeugen, sind jedoch zum überwiegenden Teil nicht filmspezifischer Natur, sondern sind durch andere visuelle Künste wie Photographie, Malerei und Theater, aber auch durch Erfahrungen des alltäglichen Lebens im Laufe von Jahrhunderten entwickelt worden. Zu den langlebigen Strukturen der Repräsentation zählen in unserer Kultur zweifelsohne der Rahmen und die Zentralperspektive.7 Der rechteckige Rahmen von ausgewogenen Dimensionen, eine der wichtigsten Grundformen der abendländischen Kunst, steht in Verbindung mit dem Einsatz der Perspektive und der geometrischen Rationalität. Obwohl seine Form dem natürlichen Sichtfeld in keiner Weise entspricht, hat sich der rechteckige Rahmen als entscheidendes Prinzip der okzidentalen Kunst durchgesetzt. Die Kunsthistorikerin Hilde Zaloscer hat in einem Aufsatz8 die wichtigsten Funktionen des Rahmens genannt und zieht daraus den Schluss, dass die Bedeutung des Rahmens umso wesentlicher ist, je größer der Illusionscharakter bzw. das mimetische Anliegen des Bildes ist.9 Der Umstand, dass Rahmen und Perspektive in historischer Sicht eng aufeinander bezogen sind, verdient [Aufmerksamkeit.]


4 Vgl. ebd.

5 Braudel zit. n. Jutz/ Schlemmer, ebd., S. 63.

6 Vgl. Wolfgang Schivelbusch: Geschichte der Eisenbahnreise. Zur Industrialisierung von Raum und Zeit im 19. Jahrhundert, München 1977.

7 Jutz/ Schlemmer: Filmgeschichtsschreibung, 1989, S. 63.

8 Hilde Zaloscer: Versuch einer Phänomenologie des Rahmens, in: Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft, 19. Jg. (1974), H. 2.

9 Vgl. Jutz/Schlemmer: Filmgeschichtsschreibung, 1989, S. 64.

[Seite 63]

Als Phänomene mittlerer Dauer dürfen beispielsweise epochenbildende Elemente der Filmgeschichte, seien sie nun ökonomischer, sozialer, politischer, kultureller, psychologischer oder ästhetischer Natur, angesehen werden. Die Ausbildung filmischer Genres, Stile, Moden usf. gehört in diesen Bereich.

Die dritte Ebene schließlich wird von den langen Zeitabläufen bzw. vom Begriff der Struktur dominiert. Eine Struktur, so Braudel, "ist ein Zusammenspiel, ein Gefüge, aber mehr noch eine Realität, die von der Zeit wenig abgenutzt und sehr lange fortbewegt wird. Manche langlebige Strukturen werden zu stabilen Elementen einer unendlichen Kette von Generationen. (...) Sie sind gleichzeitig Stützen und Hindernisse (der Geschichte)" (Braudel 1977, 55). Braudel anerkennt in erster Linie materielle Gegebenheiten, wie den geographischen Raum, das Klima und die dadurch bedingten Produktionsverhältnisse als Strukturen der Geschichte, schließt aber nicht aus, daß dieselbe Dauerhaftigkeit auch kulturellen Gegebenheiten innewohnt und daß kulturelle Systeme, z.B. Denkverfassungen oder, im Bereich der Kunstgeschichte, Darstellungskonventionen, ebenso strukturbildend sein können. Diese dritte Ebene scheint uns die nützlichste Einheit für eine Untersuchung filmischer Präsentations- bzw. Wahrnehmungskonventionen darzustellen. Obgleich die unmittelbaren Voraussetzungen des filmischen Sehens, wenn man die materiellen und ökonomischen Bedingungen ins Auge faßt, weitgehend im 19. Jahrhundert liegen - hier sei als Stichwort die Ausbildung des panoramatischen Blickes genannt (vgl. Schivelbusch 1979) existieren dennoch filmische Repräsentations - bzw. Wahrnehmungskonventionen, deren Geschichte nur mit Bezugnahme auf sehr lange Zeiträume erhellt werden kann.

[...] Das Kino, so unsere Arbeitshypothese, ist eine von der Ideologie der Mimesis dominierte Signifikationspraxis. Die mimetischen Mittel, deren sich der Film bedient, um die Illusion von Realität zu erzeugen, sind jedoch zum überwiegenden Teil nicht filmspezifischer Natur, sondern wurden durch andere visuelle Künste, wie z.B. Malerei, Theater und Photographie, aber auch durch Erfahrungen des alltäglichen lebens im Laufe von Jahrhunderten entwickelt, zu den langlebigen Strukturen der Repräsentation

[Seite 64]

zählen in unserer Kultur zweifelsohne der Rahmen und die Zentralperspektive.

Der rechteckige Rahmen von ausgewogenen Dimensionen, eine der wichtigsten Grundformen der abendländischen Kunst, steht in Verbindung mit dem Gebrauch der Perspektive, der geometrischen Rationalität und der Forderung nach einfacher Handhabung. Obwohl seine Form in keiner Weise dem natürlichen Sichtfeld entspricht (dieses hat unscharfe Konturen und verdankt seine Effizienz der Mobilität des Auges), hat sich der rechteckige Rahmen als entscheidendes Prinzip der okzidentalen Kunst durchgesetzt, gerade so, als sei er aus der Natur der Dinge hervorgegangen. [...] Die Kunsthistorikerin Hilde Zaloscer hat in einem Aufsatz die wichtigsten Funktionen des Rahmens aufgelistet und kommt zu dem Schluß, daß die Bedeutung des Rahmens umso wesentlicher ist, je größer der Illusionscharakter bzw. das mimetische Anliegen des Bildes ist (vgl. Zaloscer 1974).


Braudel, Fernand (1977): Geschichte und Sozialwissenschaften. Die longue durée. In: Claudia Honegger (Hrsg.): M. Bloch, F. Braudel, L. Fèbvre u.a. Schrift und Materie der Geschichte. Vorschläge zur systematischen Aneignung historischer Prozesse. Frankfurt, S. 47-85.

Schivelbusch, Wolfgang (1979): Geschichte der Eisenbahnreise. Zur Industrialisierung von Raum und Zeit im 19. Jahrhundert. Frankfurt/Berlin/Wien.

Zaloscer, Hilde (1974): Versuch einer Phänomenologie des Rahmens. In: Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft, 14 (1974), H. 2.

Anmerkungen

Art und Umfang der Übernahme bleiben ungekennzeichnet.

Sichter
(Graf Isolan) Schumann



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Letzte Bearbeitung dieser Seite: durch Benutzer:WiseWoman, Zeitstempel: 20130917175445