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Untersuchte Arbeit: Seite: 171, Zeilen: 3-28, 102-109 |
Quelle: Grote 1998 Seite(n): 137-138, Zeilen: S.137, 9 ff - S.138, 1-5 |
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Hervorzuheben ist, dass der Scotland Act 1998 den justizförmigen Charakter des Verfahrens vor dem Judicial Committee betont.984 Einerseits zeigt sich dies an den Vorschriften über die Zusammensetzung des Committee in Verfahren, die Bereiche der devolution betreffen, und andererseits in der ausdrücklichen Anordnung der Bindungswirkung seiner Entscheidungen in allen gerichtlichen Verfahren. Im Hinblick auf die neue Rolle des Judicial Committee darf man daher durchaus von einem Verfassungsgericht in statu nascendi sprechen.985 Zwar haben die Entscheidungen des Judicial Committee insoweit nur die Frage der Kompetenzmäßigkeit des gesetzgeberischen Handelns des schottischen Parlaments zum Gegenstand. Dies schließt jedoch nicht aus, dass sie faktisch eine erhebliche Bindungswirkung auch für das Westminster Parlament entfalten, wenn es um die Frage geht, ob es in einer Angelegenheit gesetzgeberisch tätig werden soll, die nach der ausdrücklichen Feststellung des Judicial Committee zum Kompetenzbereich des schottischen Parlaments gehört.986
Eine Ausnahme von der im Scotland Act 1998 festgelegten Tendenz, eine gerichtliche Klärung von devolution issues zu schaffen, ist die dem Westminster Parlament zugestandene Ermächtigung, unter bestimmten Voraussetzungen den Erlass von Rechtsakten der durch die Autonomiegesetzgebung geschaffenen Regionalorgane zu verhindern. Zum einen ist dies der Fall, wenn nach Auffassung des Secretary of State for Scotland ein schottischer Akt gegen die internationalen Verpflichtungen des Vereinigten Königreichs verstoßen würde. Zum anderen ist die Kompetenz der Zentralregierung zur politisch-administrativen Präventivkontrolle in solchen Fällen zulässig, in denen der Scotland Act 1998 dem schottischen Parlament aufgrund Sachzusammenhangs ausnahmsweise das Recht zugesteht, auch Fragen gesetzlich zu regeln, die isoliert betrachtet zu den reserved matters gehören987, der Minister aber begründeten [Anlass zu der Annahme hat, dass die fragliche Bestimmung die Anwendung einer bereits bestehenden gesetzlichen Bestimmung im Bereich der vorbehaltenen Angelegenheiten beeinträchtigen würde.988] 984 Vgl. Grote (FN 971), 137. 985 Vgl. Bogdanor, Devolution: The Constitutional Problem in: ders., Politics and the Constitution, 211; so auch bereits Malanczuk, 237 ff., zu den ähnlich ausgestalteten Kompetenzen des Judicial Committee nach dem Scotland Act 1978. 986 Vgl. Bogdanor (FN 985), 211. 987 Vgl. s. 28 (4) und (5) des Scotland Act 1998, der lautet: „A provision is not outside the competence [= the legislative competence of the Scottish Parliament] ... merely because it makes modifications of Scots private law, or Scots criminal law, as it applies to reserved matters if the provision does so in such a way that the law in question applies consistently to de[volved and reserved matters ... A provision is not outside that competence ... merely because it makes modifications of any enactment as it applies to reserved matters which are incidental to or consequential on provsion [sic!] made (whether by the Act in question or another enactment) for purposes relating to any devolved matters." 988 Ähnliche Interventionsrechte waren bereits im Scotland Act 1978 enthalten; vgl. dazu Malanczuk, 232 ff.] |
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Festzuhalten bleibt jedenfalls, daß die Autonomiegesetzgebung den justizförmigen Charakter des Verfahrens vor dem Judicial Committee betont. Dies zeigt sich nicht nur an den Vorschriften über die Zusammensetzung des Committee in Verfahren, die devolution issues betreffen, sondern auch in der ausdrücklichen Anordnung der Bindungswirkung seiner Entscheidungen in allen gerichtlichen Verfahren. Vereinzelt spricht man im Hinblick auf die neue Rolle des Judicial Committee bereits von einem Verfassungsgericht in statu nascendi.159 Zwar betreffen die Entscheidungen des Judicial Committee unmittelbar nur die Frage der Kompetenzgemäßheit des gesetzgeberischen Handelns des schottischen Parlaments. Dies schließt jedoch nicht aus, daß sie faktisch eine erhebliche Bindungswirkung auch für das Parlament von Westminster entfalten, wenn es um die Frage geht, ob es in einer Angelegenheit gesetzgeberisch tätig werden soll, die nach der ausdrücklichen Feststellung des Judicial Committee zum Kompetenzbereich des schottischen Parlaments gehört.160 Eine Ausnahme von der in den Gesetzentwürfen zum Ausdruck kommenden Tendenz, eine gerichtliche Klärung von devolution issues zu ermöglichen, bildet allerdings die der Zentralregierung zugebilligte Befugnis, unter bestimmten Voraussetzungen den Erlaß von Rechtsakten der durch die Autonomiegesetzgebung geschaffenen Regionalorgane zu verhindern. Diese Befugnis besteht einmal im Hinblick auf alle Akte der Regionalorgane, die nach Auffassung des Ministers mit den internationalen Verpflichtungen des Vereinigten Königreichs nicht in Einklang stehen oder stehen würden. Darüber hinaus wird die Befugnis zur politisch-administrativen Präventivkontrolle in den speziellen Fällen anerkannt, in denen der Regierungsentwurf dem schottischen Parlament aufgrund Sachzusammen- [Seite 138] hangs ausnahmsweise das Recht zubilligt, auch Fragen gesetzlich zu regeln, die isoliert betrachtet zu den reserved matters gehören161, der Minister aber begründeten Anlaß zu der Annahme hat, daß die fragliche Bestimmung die Anwendung einer bereits bestehenden gesetzlichen Bestimmung im Bereich der vorbehaltenen Angelegenheiten beeinträchtigen würde. 159 V. Bogdanor, Devolution: The Constitutional Problems, in: ders., Politics and the Constitution, Aldershot etc. 1996, 211. So auch bereits Malanczuk (Anm. 3), 237 f., zu den ähnlich ausgestalteten Kompetenzen des Judicial Committee nach dem Scotland Act 1978. 160 Bogdanor, ibid. 161 Der Scotland Bill regelt die in Betracht kommenden Fallgestaltungen in Sec. 28 (4), (5): “A provision is not outside that competence [= the legislative competence of the Scottish Parliament] ... merely because it makes modifications of Scots private law, or Scots criminal law, as it applies to reserved matters if the provision does so in such a way that the law in question applies consistently to devolved and reserved matters.” “A provision is not outside that competence ... merely because it makes modifications of any enactment as it applies to reserved matters which are incidental to or consequential on provision made (whether by the Act in question or another enactment) for purposes relating to any devolved matters.” 162 Dazu Malanczuk (Anm. 3), 232 f. |
Kein Hinweis auf die bis in die Fußnoten hinein herrschende vollständige inhaltliche und größtenteils wörtliche Übereinstimmung mit der in einer einzigen Fußnote genannten Quelle. |
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