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Inzidente Gesetzesprüfung im Vereinigten Königreich: Eine rechtsvergleichende Studie unter Berücksichtigung der Europäisierung des britischen Rechts

von Prof. Dr. Ronald Moeder

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[1.] Rm/Fragment 224 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-05-02 19:55:47 Numer0nym
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
PlagProf:-)
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 224, Zeilen: 1-27
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 341-342, Zeilen: S. 341: 18ff, S. 342: 1ff
[Aus diesem Grund stellt s. 33 klar, dass der EMRK entgegenstehendes innerstaatliches Recht nicht ohne weiteres null und nichtig ist, sondern die Behörden und Gerichte] zunächst gehalten sind, gesetzliche Vorschriften „soweit wie möglich“ EMRK-konform auszulegen.1267 Gemäß s. 3 (2) (a) gilt dies sowohl für bereits in Kraft getretene als auch für künftige Regelungen.

Ist eine konventionskonforme Auslegung jedoch nicht möglich, so ist zwischen Parlamentsgesetzen (primary legislation) und untergesetzlichem Recht (subordinate legislation) zu unterscheiden. Untergesetzliche Vorschriften, die gegen die EMRK verstoßen, können die Gerichte im Rahmen der ihnen im Verfahren des judicial review an die Hand gegebenen Abhilfebefugnisse (remedial powers) für nichtig erklären.1268 Dies gilt jedoch nicht, sofern das zugrundeliegende Ermächtigungsgesetz die Aufhebung der auf seiner Grundlage erlassenen Vorschrift ausschließt.1269 Aufgrund des Grundsatzes von der Parlamentssouveränität kommt hier - ebenso wie hinsichtlich des Ermächtigungsgesetzes - keine materielle Gesetzeskontrolle mit Verwerfungskompetenz in Betracht. Gleichwohl billigt s. 4 (4), (6) den Gerichten eine Prüfungskompetenz am Maßstab der EMRK zu und verschafft ihnen zudem die Möglichkeit, in ihrer Entscheidung eine förmliche Feststellung über die Unvereinbarkeit der betreffenden Vorschriften mit der Konvention (declaration of incompatibility) zu treffen. Diese Feststellung ist deklaratorisch und entfaltet nach s. 4 (6) keine Rechtswirkungen; sie lässt die Wirksamkeit der für konventionsrechtswidrig erklärten Vorschrift unberührt und begründet auch keine rechtliche Verpflichtung für das Westminster Parlament, die vom Gericht festgestellten Mängel zu beheben.1270 Gleichwohl gesteht die Regierung in ihrem white paper zu, dass eine declaration of incompatibility Regierung und Parlament mit großer Wahrscheinlichkeit (almost certainly) dazu veranlassen werde, die fragliche Bestimmung in Einklang mit der EMRK zu novellieren.1271 Zuständig für die Feststellung der Konventionsrechtswidrigkeit sind nach s. 4 (5) (a)-(e) die Obergerichte1272, d.h. House of Lords, das Judicial Committee of the Privy Council, [der High Court und Court of Appeal (in England und Wales) bzw. der High Court of Justiciary und der Court of Session (in Schottland).]


1267 Vgl. die Erläuterung von Lord Chancellor Irvine im House of Lords zu s. 3, H.L. Official Report, 18 November 1997, col. 509: „If [sic!] convention rights were themselves to constitute provisions of domestic United Kingdom law there would be obvious scope for confusion when the courts were obliged to give effect to legislation that predated the coming into force of the Human Rights Bill. That might give rise to the doctrine of implied repeal. That is a doctrine that can have no application because of the express terms of Clause 3".

1268 Vgl. a.a.O. (FN 1227), 10 (para 2.15).

1269 Vgl. Grote, ZAÖV 1998, 309 (341).

1270 Vgl. die Erklärung von Innenminister Straw im House of Commons am 16.02.1998, H.C. Official Report, col. 774; weiterführend Lord Hardie, St.L.R. (1999), vol. 20, no. 3, 210 ff.

1271 Vgl. a.a.O. (Fn. 1227), 9 (para 2.10).

1272 Vgl. oben § 3 B. I.

Diese Schwierigkeiten werden durch die Interpretationsklausel der Sec. 3 der Human Rights Bill vermieden, die klarstellt, daß die Konventionsrechte entgegenstehendes innerstaatliches Recht nicht ohne weiteres verdrängen, sondern die Behörden und Gerichte zunächst einmal "lediglich" verpflichten, gesetzliche und untergesetzliche Vorschriften "soweit wie möglich" konventionsrechtskonform auszulegen.148 Diese Verpflichtung gilt sowohl im Hinblick auf die bereits in Kraft getretenen als auch für die künftig noch zu erlassenden Regelungen.149


In den Fällen, in denen eine konventionsrechtskonforme Auslegung nicht möglich ist, gelten unterschiedliche Regeln für die Parlamentsgesetze einerseits und die subordinate legislation andererseits. Konventionsrechtswidrige subordinate legislation kann grundsätzlich von den Gerichten im Rahmen der ihnen im Verfahren des judicial review zustehenden Abhilfebefugnisse (remedial powers) für nichtig erklärt werden.150 Etwas anderes gilt nur dort, wo das zugrundeliegende Ermächtigungsgesetz die Aufhebung der auf seiner Grundlage erlassenen Vorschriften ausschließt. Hier scheidet ebenso wie hinsichtlich des Ermächtigungsgesetzes selbst aufgrund des Prinzips der Parlamentssouveränität eine Nichtigerklärung durch die Gerichte aus.151 Sec. 4 der Human Rights Bill räumt den Gerichten jedoch in diesen Fällen das Recht ein, in ihrer Entscheidung eine förmliche Feststellung über die Unvereinbarkeit der betreffenden Vorschriften mit den Konventionsrechten zu treffen. Diese Feststellung entfaltet jedoch keine Rechtswirkungen. Sie läßt die Wirksamkeit der für konventionsrechtswidrig erklärten Vorschrift unberührt152 und begründet auch keine rechtliche Verpflichtung für den Gesetz-

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geber, die vom Gericht festgestellten Mängel zu beheben,153 auch wenn die Regierung in ihrem white paper davon ausgeht, daß sie mit großer Wahrscheinlichkeit (almost certainly) Regierung und Parlament dazu veranlassen werde, die fragliche Bestimmung zu ändern.154 Die Feststellung der Konventionsrechtswidrigkeit ist den Obergerichten vorbehalten, d. h. dem House of Lords, dem Judicial Committee of the Privy Council dem High Court und dem Court of Appeal (in England, Wales und Nordirland) bzw. dem High Court of Justiciary und dem Court of Session (in Schottland).155


148 So die Erläuterung der Vorschrift durch Lord Chancellor Irvine im House of Lords. "If ... convention rights were themselves to constitute provisions of domestic United Kingdom law there would be obvious scope for confusion when the courts were obliged to give effect to legislation that predated the coming into force of the Human Rights Bill. That might give rise to the doctrine of implied repeal. That is a doctrine that can have no application because of the express terms of Clause 3" (HL Official Report, 18 November 1997, col. 509).

149 Sec. 3 (2) (a) Human Rights Bill.

150 Rights Brought Home (Anm. 125), para. 2.15.

151 Sec. 4 (4), (6) Human Rights Bill.

152 Sec. 4 (6) Human Rights Bill.

153 Erklärung von Innenminister Straw im House of Commons am 16.2.1998, HC Official Report, col. 774.

154 Rights Brought Home (Anm. 125), para. 2.10.

155 Sec. 4 (5) Human Rights Bill.

Anmerkungen

Fortsetzung von Fragment_223_01. Grote wird einmal (Fn 1269) als "Vgl." erwähnt.

Sichter
SleepyHollow02



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