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Inzidente Gesetzesprüfung im Vereinigten Königreich: Eine rechtsvergleichende Studie unter Berücksichtigung der Europäisierung des britischen Rechts

von Prof. Dr. Ronald Moeder

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[1.] Rm/Fragment 209 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-05-04 05:51:22 Numer0nym
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
PlagProf:-)
Gesichtet
Untersuchte Arbeit:
Seite: 209, Zeilen: 1-22
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 313, 314, Zeilen: 313: 19 ff.; 314: 1 ff.
So erwog der berühmte Richter Lord Denning M.R.1186 in Birdi v. Secretary for Home Affairs (1975)1187 gar die Nichtigkeit eines Parlamentsgesetzes bei Verstoß gegen die EMRK. Bereits ein Jahr später gab er jedoch diese mit dem althergebrachten Verständnis der Doktrin von der Parlamentssouveränität kaum vereinbare Ansicht auf und prononcierte die Unabhängigkeit des Westminster Parlaments auch im Hinblick auf die EMRK:


If an Act of Parliament contained any provision contrary to the Convention: the Act of Parliament must prevail.“1188

3. Der Einfluss der Konvention auf die Rechtsprechung

Dennoch war die EMRK von Bedeutung für die Rechtsprechung der britischen Gerichte, wenngleich diese nicht überbewertet werden darf.1189

a. Die mittelbare Wirkung auf die Auslegung des Gesetzesrechts

Trotz fehlender Umsetzung hatte die EMRK zumindest mittelbar Einfluss auf die Auslegung des Gesetzesrechts.1190 Mit Ausnahme von Schottland1191 hat sich in der Gerichtspraxis des Vereinigten Königreichs der Grundsatz der EMRK-konformen bzw. EMRK-freundlichen Auslegung herauskristallisiert. Einer solchen Auslegung bedarf es, wenn ein Parlamentsgesetz mehrdeutig ist. Dann ist von den in Betracht kommenden Auslegungen derjenigen der Vorzug zu geben, die mit der EMRK in Einklang steht.192 Dabei hat es den Anschein, als ob der Grundsatz der EMRK-konformen Auslegung vor allem dort eine Rolle spielt, wo es um die Anwendung gesetzlicher Bestimmungen geht, die speziell zur Behebung einer vom Gerichtshof für Menschenrechte festgestellten Kon[ventionsverletzung erlassen worden sind, weniger bei der Auslegung anderer Gesetze.1193]


1186 Vgl. oben FN 296.

1187 Bar Library Transcript Nor. 67 B 1975 (zit. nach: Bratza in: Gardner (Hrsg.), Aspects of Incorporation, 67, Anm. 67).

1188 R. v. Secretary of State for the Home Department, ex parte Bajan Singh [1976] 1 Q.B., 198 (207).

1189 Vgl. Grote, ZAÖV 1998, 309 (314).

1190 Vgl. R. v. Secretary of State for the Home Department, ex parte Brind [1991] 1 A.C., 696 (747 f.) per Lord Bridge.

1191 Vgl. Kaur v. Lord Advocate 1981 S.L.T., 322 (330) per Lord Ross; Moore v. Secretary of State for Scotland 1985 S.L.T., 38 ff.; vgl. dazu Murdoch, P.L. 1991, 40 ff.

1192 Vgl. R. v. Secretary of State for the Home Department (a.a.O., FN 1190).

Die weitestgehende Schlußfolgerung im Hinblick auf die innerstaatlichen Rechtswirkungen der EMRK im Vereinigten Königreich ist in einer Entscheidung des Court of Appeal aus dem Jahre 1975 enthalten, in der Lord Denning, der damalige Master of the Rolls, die Nichtigkeit eines Parlamentsgesetzes bei Verstoß gegen Konventionsbestimmungen in Betracht zog.16 Bereits ein Jahr später gab er diese mit dem traditionellen Verständnis der Lehre von der Parlamentssouveränität kaum vereinbare Ansicht auf und betonte die Entscheidungsfreiheit des Gesetzgebers auch im Hinblick auf die EMRK:
"If an Act of Parliament contained any provision contrary to the Convention: the Act of Parliament must prevail."17

[Seite 314]

2. Mittelbare Einwirkung auf die Auslegung des Gesetzesrechts

[...] Eine Berücksichtigung der sich aus der Konvention ergebenden Verpflichtungen des Vereinigten Königreichs hinsichtlich des Schutzes individueller kommt vielmehr nur dann in Betracht, wenn ein Parlamentsgesetz mehrdeutig ist. Dann ist von den möglichen Auslegungen derjenigen der Vorzug zu geben, die mit der EMRK in Einklang steht: [...] 18

Diese "Ausstrahlungswirkung" der EMRK auf die Auslegung mehrdeutiger Gesetzesvorschriften wird jedoch nicht von allen Gerichten des Vereinigten Königreichs anerkannt. So hat der schottische Court of Session entschieden, daß bei der Auslegung von Vorschriften des schottischen Rechts eine Berücksichtigung der EMRK nicht in Betracht kommt, solange nicht der Gesetzgeber ein entsprechendes Inkorporationsgesetz erlassen hat.19 Der Grundsatz der EMRK-konformen Auslegung des Gesetzesrechts bleibt daher auf die Gerichte in England, Wales und Nordirland beschränkt. Auch insoweit kann jedoch von einer einheitlichen Anwendung der Auslegungsregel nicht gesprochen werden.20


16 Birdi v. Secretary of State for Home Affairs, Bar Library Transcript No. 67B 1975, zitiert nach Nicolas Bratza, The Treatment and Interpretation of the European Convention on Human Rights by the English Courts, in: Gardner (Anm. 12), 67.

17 R. v. Secretary of State for the Home Department, ex p. Bajan Singh [1976] 1 QB 198, 207.

18 R. v. Secretary of State for the Home Department, ex p. Brind 1 AC 696, 747 f. (Lord Bridge).

19 Kaur v. Lord Advocate 1981 SLT 322, 330 (Lord Ross); Moore v. Secretary of State for Scotland 1985 SLT 38. Dazu J.L. Murdoch, The European Convention on Human Rights in Scots Law, Public Law 1991, 40 ff.

20 Es hat vielmehr den Anschein, als ob der Grundsatz der EMRK-konformen Auslegung vor allem dort eine Rolle spielt, wo es um die Anwendung gesetzlicher Bestimmungen geht, die speziell zur Behebung einer vom Gerichtshof für Menschenrechte festgestellten Konventionsverletzung erlassen worden sind, weniger bei der Auslegung anderer Gesetze, vgl. Klug/Starmer (Anm. 15), 226 f.

Anmerkungen

Grote wird einmal für einen "Vgl."-Verweis erwähnt. Die Belege von Grote werden übernommen.

Sichter
SleepyHollow02



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