von Prof. Dr. Ronald Moeder
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[1.] Rm/Fragment 187 01 - Diskussion Zuletzt bearbeitet: 2022-01-14 14:52:51 Numer0nym | BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop, Vollmer 1969 |
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Untersuchte Arbeit: Seite: 187, Zeilen: 1-24, 101-105 |
Quelle: Vollmer 1969 Seite(n): 141-142, Zeilen: 19-33, 106; 1-17, 101-103 |
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Damit bleibt festzuhalten, dass die englische Rechtsprechung common law und allgemeines Völkerrecht als Bestandteile einer einheitlichen Rechtsordnung ansieht und insoweit die monistische Theorie vertritt.1078
Das besondere Völkerrecht, insbesondere also die Staatsverträge, sind nicht ohne weiteres Bestandteil des englischen Rechts. Sie erlangen, sofern sie Privatrechte betreffen oder ihre Durchführung eine Modifikation der Rechtsordnung erfordert, innerstaatlich erst durch entsprechende Transformationsgesetze Geltung.1079 Die dualistische Schule, namentlich deren Begründer Triepel, sieht die von der britischen Rechtsprechung und Literatur propagierte Einheit von staatlichem Recht und Völkerrecht als bloßes „Lippenbekenntnis“ an. Wenn ein ratifizierter, völkerrechtlich bindender Vertrag innerstaatlich nicht ohne besonderen Transformationsakt wirksam werde, dann könnten, meinte er, die in einem solchen Vertrag enthaltenen Normen des Völkerrechts auch nicht Bestandteil des englischen Landesrechts sein.1080 Das Argument Triepels ist theoretisch schlüssig, für die Praxis m. E. jedoch nicht zutreffend, weil es den Besonderheiten der britischen Verfassungswirklichkeit nicht hinreichend Rechnung trägt.1081 Triepel berücksichtigt nicht, dass nach britischem Recht Transformationsgesetze eben nur für solche Staatsverträge erforderlich sind, die Privatrechte Dritter berühren oder - wie z.B. die EMRK - für ihre Durchführung in formeller bzw. materieller Hinsicht eine Änderung der Rechtsordnung erfordern. Alle übrigen Staatsverträge, die keine [sic!] Änderung der Rechtsordnung bedürfen, scheinen daher auch ohne besonderen Transformationsakt Gerichte und Bürger zu verpflichten.1082 1078 Vgl. Lauterpacht, T.G.S. 1939, 51 (65); Verdross, 119. 1079 Vgl. Oppenheim / Lauterpacht, 40; Verdross, 119. 1080 Vgl. Triepel, 147 ff. 1081 Im Ergebnis so auch Vollmer, 142. 1082 Vgl. Lauterpacht, T.G.S. 1939, 75; McNair, 7 ff.; Vollmer, 142, der als Beispiel die Entscheidung der King’s Bench in Porter v. Freudenberg (1915), K.B. 1915, Bd. 1, 857 ff. anführt. Hierin hatte die King's Bench die Vorschriften der 5. Haager Konvention über Landkriegsrecht für die englischen Gerichte für verbindlich erklärt, obwohl das britische Parlament niemals ein entsprechendes Durchführungsgesetz erlassen hatte. M.E. geht das Beispiel Vollmers fehl, da die Bestimmungen der Haager Konvention wohl nicht als besonderes Völkerrecht, sondern vielmehr als allgemeines Völkerrecht (vgl. Maunz / Zippelius, § 16 I (S. 123)) einzuordnen sind. Denn die Haager Konvention enthält grundlegende Sätze des Kriegsrechts über die menschenwürdige Behandlung von Gefangenen. Als Bestandteil des [allgemeinen Völkerrechts wäre die Haager Konvention aber per se Bestandteil des common law (vgl. oben § 6 F. II.).] |
Nach allem folgt, daß die englische Rechtsprechung COMMON LAW und allgemeines Völkerrecht als Bestandteile einer einheitlichen Rechtsordnung ansieht und insoweit der monistischen Doktrin anhängt 426.
Im Gegensatz zu den allgemein anerkannten völkerrechtlichen Normen sind die Regeln des besonderen Völkerrechts, insbesondere also die Staatsverträge, nicht ohne weiteres in das englische Landesrecht aufgenommen. Sie erlangen vielmehr, sofern sie Privatrechte berühren oder für ihre Durchführung eine Modifikation der Rechtsordnung erfordern, innerstaatlich erst durch entsprechende Transformationsgesetze Geltung427. TRIEPEL, der Begründer der dualistischen Schule, folgerte hieraus, daß die von der englischen Rechtsprechung und Literatur propagierte Einheit von staatlichem Recht und Völkerrecht eine bloße Redensart sei [sic!] Wenn nämlich ein ratifizierter, völkerrechtlich verbindlicher Vertrag innerstaatlich nicht ohne besonderen Transformationsakt [Seite 142] wirksam werde, dann könnten, meinte er, die in einem solchen Vertrag enthaltenen Normen des Völkerrechts auch nicht Bestandteil des englischen Landesrechts sein428. Dieser Einwand ist theoretisch zwingend; er geht jedoch an der Eigengesetzlichkeit der britischen Verfassungswirklichkeit, die sich in kein logisch geschlossenes System pressen läßt, vorbei. Vor allem übersieht TRIEPEL, daß innerstaatliche Transformationsgesetze nach englischem Recht grundsätzlich nur für solche Staatsverträge unbedingt notwendig sind, die — wie bereits erwähnt — Privatrechte berühren oder für ihre Durchführung einer Änderung der Rechtsordnung bedürfen. Staatsverträge, bei denen dies nicht der Fall ist, scheinen dagegen auch ohne besonderen Transformationsakt Gerichte und Bürger zu verpflichten 429. So hat z. B. während des Ersten Weltkrieges die KING’S BENCH in PORTER v. FREUDENBERG (1915) 430 die Bestimmungen der 5. HAAGER KONVENTION über das Landkriegsrecht für die englischen Gerichte für verbindlich erklärt, obwohl das britische Parlament niemals ein entsprechendes Durchführungsgesetz erlassen hatte. 426 Vgl. Lauterpacht, Part, a .a .O ., S .65; Verdross, Völkerrecht, S. 119. 427 Vgl. Oppenheim-Lauterpacht, S. 40; Verdross, Völkerrecht, S. 119. 428 Vgl. Triepel, S. 147 ff. 429 Vgl. Lauterpacht, Part, in T.G.S. 1939, S. 75; McNair, S. 7 ff. 430 K.B. 1915, Bd. l, S. 857 ff. |
Vollmer wird in Fn 1081 genannt und Fn 1082 enthält eine korrekte sachliche Auseinandersetzung mit einem Einzelbeispiel Vollmers. Es wird aber nicht erkennbar, dass fast die gesamte Druckseite der Vorlage Vollmers, wenig anders formuliert, Satz für Satz folgt. |
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