von Prof. Dr. Ronald Moeder
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[1.] Rm/Fragment 149 01 - Diskussion Zuletzt bearbeitet: 2022-02-02 15:38:31 Numer0nym | Fragment, Gesichtet, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop, Verschleierung, Vollmer 1969 |
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Untersuchte Arbeit: Seite: 149, Zeilen: 1-28, 101-106 |
Quelle: Vollmer 1969 Seite(n): 153-154, Zeilen: 9-35, 102-105; 1-6, 101 |
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Dabei geht die herrschende Lehre davon aus, dass die ehemaligen Landesparlamente von England und Schottland - unter Auflösung ihrer selbst in einer juristischen Sekunde - ihre Machtbefugnisse auf das neue Parlament von Großbritannien übertragen hätten.874 Gleichwohl behielten England und Schottland ihre verschiedenen Rechts- und Gerichtssysteme bei. Dennoch war das Westminster Parlament gemäß Art. 18 des Act of Union 1707 ermächtigt, zur Vereinheitlichung des öffentlichen Rechts im Vereinigten Königreich das schottische Recht - ausgenommen schottische Privatrechte875 - zu ändern. Eine ähnliche Bindung des Westminster Parlaments besteht auch nach anderen Vorschriften des Act of Union 1707. Damit stellt sich die Frage, ob und inwieweit diese Vorschriften Prüfungsmaßstab einer materiellen Gesetzeskontrolle sein können. Die Beantwortung dieser Frage hängt maßgeblich von der Einordnung der Rechtsnatur des Act of Union 1707 ab.
Die maßgebliche Unionsurkunde in der Fassung des englischen Ratifikationsgesetzes vom 6.03.1707 differenziert zwischen drei Arten von Normen: 1. Rechtssätze, die aufgrund ausdrücklich eingeräumten Gesetzesvorbehalts abgeändert werden dürfen (z.B. Art. 14); 2. Vorschriften, die weder von einem Gesetzesvorbehalt erfasst werden noch expressis verbis für unantastbar erklärt werden (z.B. Art. 5) und 3. unabdingbare Fundamentalnormen gemäß Art. 25 XI („fundamental and essential Conditions of the ... Union"), die gemäß Art. 1 und 25 XI für alle Zeiten („for ever", „in all Times coming") dem Zugriff des Gesetzgebers entzogen sind.876 Die Vorschriften der ersten Kategorie können jederzeit durch Parlamentsgesetz aufgehoben, abgeändert oder eingeschränkt werden. Die Vorschriften der zweiten Gruppe dürften im Zweifel ebenfalls der Dispostion des Westminster Parlaments unterliegen.877 Dementsprechend scheiden sie als Prüfungsmaßstab von Parlamentsgesetzen aus. Umstritten ist hingegen die Handhabung der dritten Kategorie. 874 Vgl. O.H. Phillips, 65. 875 Vgl. O.H. Phillips, 64; schottische Privatrechte dürfen nur zum augenscheinlichen Wohl der Bürger Schottlands geändert werden. 876 Vgl. Lord Cooper in MacCormick v. Lord Advocate (1953), S.C. 1953, 396; S.L.T. 1953, 255 (262); vgl. dazu die Anmerkung von T.B. Smith, L.Q.R. 1953, 512 (516). 877 Insoweit einschränkend T.B. Smith, P.L 1957, 99 (113). |
Letzteres ersetzte die beiden bisherigen Landesparlamente, von denen die herrschende Verfassungsrechtslehre annimmt, daß sie unter Auflösung ihrer selbst ihre Machtbefugnisse auf das neue Parlament von Großbritannien übertragen haben 490. Beide Länder behielten jedoch auch nach der Union ihre verschiedenen Rechts- und Gerichtssysteme bei. Allerdings wird der britische Gesetzgeber in Art. 18 der Unionsverfassung ermächtigt, zur Vereinheitlichung des öffentlichen Rechts im Vereinigten Königreich das schottische Recht zu ändern. Ausgenommen hiervon sind schottische Privatrechte. Diese dürfen nach der genannten Vorschrift nur zum augenscheinlichen Wohl der Bürger von Schottland geändert werden 491. Eine ähnliche Bindung legt die Unionsurkunde dem Parlament von Großbritannien auch in anderen Bestimmungen auf. Damit erhebt sich die Frage, ob und inwieweit diese Vorschriften als Prüfungsmaßstab für eine materielle Gesetzeskontrolle geeignet sind. Die Antwort hängt von der Rechtsnatur der Unionsverfassung ab.
Der englische ACT OF UNION WITH SCOTLAND, in dem der endgültige Text der Unionsverfassung festgelegt ist, unterscheidet drei Arten von Normen: a) Rechtssätze, die aufgrund ausdrücklichen Gesetzesvorbehalts vom britischen Parlament abgeändert werden dürfen (z. B. Art. 14), b) Vorschriften, die weder mit einem Gesetzesvorbehalt versehen noch expressis verbis für unantastbar erklärt sind (z.B. Art. 5) sowie c) unabdingbare Fundamentalnormen (Art. 25 Abs. 11: „fundamental and essential Conditions of the... Union” ), die ausdrücklich für alle Zeiten (Art. 1: „for ever”, Art. 25 Abs. 11: „in all Times coming") dem Zugriff des Gesetzgebers entzogen sind 492. Die erste Gruppe bereitet keine Schwierig- [Seite 154] keiten: Ihre Normen können jederzeit durch Parlamentsgesetz aufgehoben, eingeschränkt oder sonstwie abgeändert werden. Auch die Vorschriften der zweiten Kategorie dürften im Zweifel der Disposition des Gesetzgebers unterliegen 493. Sie scheiden deswegen als Prüfungsmaßstab des STATUTE LAW aus. Streit herrscht im angelsächsichen [sic!] Schrifttum dagegen bezüglich der dritten Gattung. 490 Vgl. O.H.Phillips, Const. Law, S. 65. 491 Vgl. a.a.O., S. 64. 492 Vgl. LORD COOPER in MACCORMICK v. LORD ADVOCATE (1953) in S.L.T 1953, S. 262; T.B. Smith, Cases, in L.Q.R. 1953, S. 516. 493 Einschränkend: T. B. Smith, Union, in P. L. 1957, S. 113. |
Vollmer wird nicht genannt. Identität auch aller Beispiele, Auslassungen und Belege. |
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