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Inzidente Gesetzesprüfung im Vereinigten Königreich: Eine rechtsvergleichende Studie unter Berücksichtigung der Europäisierung des britischen Rechts

von Prof. Dr. Ronald Moeder

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[1.] Rm/Fragment 121 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-01-29 19:47:00 Numer0nym
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop, Vollmer 1969

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
Morinola
Gesichtet
Untersuchte Arbeit:
Seite: 121, Zeilen: 1-26, 101-106
Quelle: Vollmer 1969
Seite(n): 105-108, Zeilen: 12-13, 23-25; 33-34; 21-39, 102-104; 1-10, 101-102
b. Sir Edward Cokes Idee einer materiellen Gesetzeskontrolle


i. Die Nichtigkeitsgründe

Erinnern wir uns noch einmal daran, dass es nach Coke drei Gründe gibt, die die „Nichtigkeit“ eines Gesetzes zur Folge haben.703 Diese Gründe, Verstoß gegen „common right and reason“, „repugnancy“ und „impossibility of performance“ werden nunmehr vor dem Hintergrund der Rechtsprechung aus Mittelalter- und Tudorzeit sowie dem Dr. Bonham’s Case (1610) verständlich.

Der Prüfungsmaßstab der „common right and reason“ knüpft an die Gedanken des Natur- und Vernunftrechts an, deren Verletzung das betreffende Parlamentsgesetz im Dr. Bonham’s Case nichtig machte. Dabei steht die Bezeichnung „right“ in der angelsächsischen Rechtsterminologie für „Berechtigung“ bzw. „subjektives Recht“. Den Gegenbegriff dazu bildet „the law“, das objektive Recht oder die Rechtsordnung schlechthin.70 Demzufolge wäre „common right“ eine Berechtigung gemäß „common law“, die im Zusammenspiel mit der Begrifflichkeit „reason“ in den Worten Vollmers „pars pro toto, die Summe jener mittels Rechtsvernunft aus dem Naturrecht abgeleiteten gemeinrechtlichen Berechtigungen bezeichnen, die Coke für unabdingbar hielt.“705. Welche subjektiven Rechte dies sind, konkretisiert Coke nicht weiter im Dr. Bonham’s Case. Vermutlich gehört hierzu die Bewahrung jenes Minimum [sic!] an Menschenwürde, dessen Schutz das von Coke im Calvin’s Case (1608)706 für unabdingbar erklärte Schutz- und Gnadenrecht der Krone bezweckte.

Den zweiten Nichtigkeitsgrund umschrieb Coke im Dr. Bonham’s Case mit dem Begriff „repugnant“, den er mit „unreasonable“ gleichgesetzt zu haben scheint.707 Damit bedeutet „repugnant“ so viel wie „unvernünftig“.708 Einen Hinweis für diese Deutung findet sich bereits in der Entscheidung Rowles v. Mason (1612), wo es u.a. heißt:

[„... for if there be repugnancy in statute, or unreasonableness in custom, the common law disallows and rejects it, as it appears by Dr. Bonham’s Case.”709]


703 Vgl. § 6 A. I.

704 Vgl. Austin, 158 ff.; Radbruch, 22.

705 Vollmer, 108.

706 Vgl. Co. Rep. 7, 13 b (14 a).

707 So auch Vollmer, 107.

708 So Brownlow (zit. Gough, 37).

709 E.R. 123, 892 (895).

4. COKES Idee des richterlichen Prüfungsrechts


[...]

Drei Gründe haben hiernach die „Nichtigkeit“ eines Gesetzes zur Folge: Verstoß gegen „common right and reason“, „repugnancy“ und „impossibility of performance““.

[Seite 106]

Weniger durchsichtig ist der Ausdruck „repugnant“, mit dem COKE den zweiten Nichtigkeitsgrund in Dr. BONHAM’S CASE umschreibt.

[Seite 107]

Einen Hinweis auf COKES eigene Wortdeutung finden wir in ROWLES v. MASON (1612), wo es – wie schon an anderer Stelle erwähnt – heißt207:

„ . . . for if there be repugnancy in statute, or unreasonableness in custom, the common law disallows and rejects it, as it appears by Dr. Bonham‘s Case"

Danach scheint COKE „repugnant" mit „unreasonable”, also mit unvernünftig gleichzusetzen. Für diese Deutung spricht auch BROWNLOWS Version von Dr. BONHAM’S CASE, nach der COKE die durch Parlamentsgesetz bestätigte Inkorporationsurkunde des ROYAL COLLEGE OF PHYSICIANS, soweit sie dessen Präsidenten und Zensoren zu Destinatären der von ihnen selbst verhängten Geldbußen machte, als „absurd" bezeichnet haben soll”208.

Der Maßstab der Vernunft kehrt schließlich auch in COKES „common right and reason“ wieder, deren Verletzung das betreffende Parlamentsgesetz nach Dr. BONHAM’S CASE nichtig macht. Der Ausdruck „right“ steht hierbei für einen festen Rechtsbegriff im angelsächsischen Sprachgebrauch und bedeutet Berechtigung oder subjektives Recht; sein Gegen-

[Seite 108]

satz ist „the law“, das objektive Recht oder die Rechtsordnung schlechthin209. „Common right“ wäre demnach Berechtigung nach COMMON LAW. In Verbindung mit „reason” dürfte es, pars pro toto, die Summe jener mittels Rechtsvernunft aus dem Naturrecht abgeleiteten gemeinrechtlichen Berechtigungen bezeichnen, die COKE für unabdingbar hielt. Welche subjektiven Rechte dies sind, verrät Coke in Dr. BONHAM'S CASE nicht. Möglicherweise gehört hierher das Grundrecht auf Achtung jenes Minimum an Menschenwürde, dessen Schutz das von COKE in CALVIN'S CASE (1608)210 für unabdingbar erklärte Schutz- und Gnadenrecht der Krone bezweckt.


207 Vgl. oben Anm. 165.

208 Hier zitiert nach Gough, S. 37.

209 Vgl. Austin, S. 158 ff., 284 ff.; Radbruch, S. 22.

210 Vgl. oben, Anm. 160.

Anmerkungen

Vollmer wird zu zwei Einzelsätzen genannt. Es wird nicht erkennbar, dass auch die Abschnitte davor und danach, etwas umgestellt und wenig anders formuliert, einschließlich der Belegstellen, eine große Nähe zum Text Vollmers aufweisen.

Die Fn 208 bei Vollmer gibt den Beleg für das zitierte Wort "absurd", das bei Rm nicht vorkommt. Der dennoch verwendete Beleg (bei Rm Fn 708) ist bei Rm einer anderen Aussage zugeordnet, die sich in der Belegstelle nicht findet.

Vollmers in Fn 207 genannte Anmerkung 165 ist identisch mit der Fn 709 bei Rm; die in Fn 210 genannte Anmerkung 160 ist identisch mit der Fn 706.

Mit dem Ausdruck Begrifflichkeit scheint Rm so etwas zu meinen wie Begriff.

Sichter
(Morinola), SleepyHollow02



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