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Inzidente Gesetzesprüfung im Vereinigten Königreich: Eine rechtsvergleichende Studie unter Berücksichtigung der Europäisierung des britischen Rechts

von Prof. Dr. Ronald Moeder

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[1.] Rm/Fragment 103 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-02-08 12:57:42 Numer0nym
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop, Vollmer 1969

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
Morinola
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 103, Zeilen: 1-29, 101-108
Quelle: Vollmer 1969
Seite(n): 56-57, Zeilen: 17-32, 110; 1-13, 101-104
Allerdings war selbst Dicey nicht immer von der Absolutheit seiner These überzeugt.599 Im Zusammenhang mit den politischen Auseinandersetzungen um den verfassungsrechtlichen Status Irlands in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, die 1886 zu der durch den Premierminister Gladstone initiierten – keineswegs unumstrittenen – Home Rule Bill führte600, tendierte Dicey offenbar zur [sic!] der Auffassung, dass die den Iren zugesicherte Selbstverwaltung vom britischen Parlament entsprechend der in Art. 39 des Gesetzesentwurfs vorgesehenen Regelung nur mit Zustimmung des irischen Landesgesetzgebers wieder aufgehoben werden könne.601 Hätte sich das Westminister Parlament nach Inkrafttreten der Home Rule über diese Regelung hinweggesetzt, so könnten sich die Gerichte möglicherweise zu der Frage veranlasst gesehen haben, ob das bisherige von Briten und Iren gemeinsam beschickte Parlament, das jenes Selbstverwaltungsgesetz für Irland erlassen habe und daher allenfalls zu dessen Änderung berechtigt gewesen sei, nach seiner Aufspaltung in ein irisches und ein britisches Parlament als eine verfassungsmäßige Gesetzgebungskörperschaft überhaupt noch existiere.602


Diese Problemstellung gleicht im Prinzip der Commonwealth-Entscheidung Harris v. Minister of the Interior603. Hier ging es ebenfalls um das Problem, ob die Wirksamkeit eines Gesetzes voraussetze, dass es von dem im besonderen Fall dazu zuständigen, ordnungsgemäß konstituierten Parlament erlassen worden sei.604 Der Supreme Court of South Africa hat, wie erinnerlich, diese Frage bejaht. Gleichwohl ist Dicey eine endgültige Antwort auf diese Frage schuldig geblieben.

Die orthodoxe Rechtslehre beharrt jedoch nach wie vor – unter Berufung auf Dicey – darauf, dass die von der Commonwealth-Rechtsprechung entwickelte Idee einer formellen Gesetzeskontrolle auf das britische Verfassungssystem nicht übertragbar sei.605


599 Vgl. Vollmer, 56.

600 Vgl. dazu die ausführliche Darstellung bei Thelen, 79 ff.

601 Vgl. Taswell / Langmead, 789.

602 Vgl. Dicey, Home Rule, 246; in dieser Richtung auch Anson, Sovereignty, 427 (436); ebenso Heuston, Essays, 3.

603 Vgl. oben S. 93 ff.

604 Vgl. Vollmer, 57.

605 Vgl. FN 595-598.

Allerdings war selbst DICEY, der Begründer der orthodoxen Souveränitätslehre, nicht immer frei von Zweifeln an der Gültigkeit dieser These. In der seit Beginn des 19. Jahrhunderts schwelenden, zum Teil erbitterten politischen Auseinandersetzung um den verfassungsrechtlichen Status Irlands, die 1886 zu GLADSTONES umstrittener HOME RULE BILL führte62, neigte er anscheinend zu der Ansicht, daß die den Iren zugesicherte Selbstverwaltung vom britischen Parlament entsprechend der in Art. 39 des Gesetzentwurfs vorgesehenen Regelung nur mit Zustimmung des irischen Landesgesetzgebers wiederaufgehoben oder geändert werden könne. Sollte sich der britische Gesetzgeber nach Inkrafttreten des HOME RULE über diese Regelung hinwegsetzen, so könnten sich die Gerichte (im Streitfall) möglicherweise zu der Erwägung veranlaßt sehen, ob denn das bisherige von Iren und Briten gemeinsam beschickte Reichsparlament, das jenes Selbstverwaltungsgesetz erlassen habe und daher allenfalls allein zu dessen Änderung berechtigt sei, nach seiner Aufspaltung in ein irisches und ein britisches Parlament als eine


[Seite 57]

verfassungsmäßige Gesetzgebungskörperschaft überhaupt noch existiere63. Diese Fragestellung gleicht im Prinzip der in HARRIS v. MINISTER OF THE INTERIOR, worin es, wie erinnerlich, ebenfalls um das Problem ging, ob die Wirksamkeit eines Gesetzes voraussetze, daß es von dem im besonderen Fall dafür zuständigen, ordnungsgemäß zusammengetretenen Parlament erlassen worden sei. Während der südafrikanische Supreme Court diese Frage eindeutig bejaht, ist DICEY eine endgültige Antwort darauf schuldig geblieben. Indessen beharrt die orthodoxe Schule unter Berufung auf DICEY nach wie vor auf dem Standpunkt, daß die von der Commonwealth-Rechtsprechung usurpierte Idee der formellen Gesetzeskontrolle nicht auf das vom parlamentarischen Souveränitätsdogma geprägte britische Verfassungssystem übertragen werden könne64.


62 Vgl. Taswell-Langmead, S. 789.

63 Dicey, Home Rule, S. 246. Ähnliche Zweifel äußerte Anson, Sovereignty, in L.Q.R. 1886, S. 436, und nach Heuston, Essays, S. 3, in einem Brief vom 31. März 1914 an die Londoner Zeitung „The Times“.

64 Vgl. Anm. 54.

Anmerkungen

Vollmer wird zweimal (in Fn 599 und 604) zu Einzelsätzen mit "Vgl." genannt.

Es wird nicht erkennbar, dass die komplette Seite in der Gedankenfolge und mit nur wenig unterschiedlichen Formulierungen der Vorlage von Vollmer Satz für Satz folgt.

In Fn 602 führt die Verkürzung gegenüber der Fn 63 von Vollmer zu einer falschen Zuschreibung: Bei Vollmer handelt es sich um ein als solches ausgewiesenes Sekundärzitat - die Zweifel sind die Ansons, nicht Heustons. Heuston nimmt am angegebenen Ort nicht selbst Stellung.

Sichter
(Morinola), WiseWoman



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