von Prof. Dr. Ronald Moeder
Statistik und Sichtungsnachweis dieser Seite findet sich am Artikelende
[1.] Rm/Fragment 076 01 - Diskussion Zuletzt bearbeitet: 2022-01-09 09:57:31 Numer0nym | Fragment, Gesichtet, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop, Verschleierung, Vollmer 1969 |
|
|
Untersuchte Arbeit: Seite: 76, Zeilen: 1-6, 103 |
Quelle: Vollmer 1969 Seite(n): 35-36, Zeilen: 28-32; 1-3, 101-102 |
---|---|
[Das System der Prä-]judizien beruht auf der Fiktion, dass der britische Richter, sofern das case law schweigt und auch kein einschlägiges Gesetz vorliegt, seine Entscheidung aus dem gemeinen Gewohnheitsrecht schöpft, das angeblich für jeden Rechtsstreit eine Problemlösung anbietet, die von dem erkennenden Gericht nur aufgefunden und erklärt zu werden braucht.419 Aus dieser Fiktion entwickelte sich der Grundsatz „stare decisis“420, des Beharrens bei der gefällten Entscheidung.421
420 Vgl. § 1 II. 421 Vgl. Radbruch, 33. |
Das ist eine Folge der Fiktion, daß der englische Richter, sofern das CASE LAW schweigt und auch kein einschlägiges Gesetz vorliegt, seine Entscheidung aus dem gemeinen Gewohnheitsrecht schöpft, das angeblich für jeden Rechtsstreit eine Entscheidungsnorm bereit hält, die von dem erkennenden Gericht nur ge-
funden und erklärt zu werden braucht158. Aus dieser Fiktion entwickelte sich auch der Grundsatz des „stare decisis“, des Beharrens bei der gefällten Entscheidung159. 158 Vgl. Geldart, S. 5; Jackson, S. 15. 159 Vgl. Radbruch S. 33. |
Vollmer wird im Zusammenhang mit dieser Passage nicht genannt. Erst in FN 423 findet man: "Vgl. Vollmer, 36." - Interessant auch die bei Rm und Vollmer identische (ziemlich ungewöhnliche) Präposition "bei" bei "beharren" (statt "auf"). Rm kopiert aus Vollmer (1969), der sich wiederum an Radbruch (1958) anlehnt. So kann es geschehen, dass eine 2002 veröffentlichte Dissertation eine Auffassung zum case law wiedergibt, die zu diesem Zeitpunkt schon längst als überwunden gilt. |
|
[2.] Rm/Fragment 076 13 - Diskussion Zuletzt bearbeitet: 2022-01-25 08:58:22 Numer0nym | BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop, Vollmer 1969 |
|
|
Untersuchte Arbeit: Seite: 76, Zeilen: 13-23, 106-107 |
Quelle: Vollmer 1969 Seite(n): 36, Zeilen: 3-16, 103-105 |
---|---|
Ursprünglich waren die englischen Richter jedoch nicht gehalten, den früheren Entscheidungen zu folgen.423 Den Präzedenzfällen kam lediglich Beweisfunktion für das geltende Recht zu oder in den Worten von Allan [sic!]:
„... evidence, the best possible evidence, of rules of law, but not more than that.”424 Erwies sich ein Präjudiz in der Praxis als irrig, unvernünftig oder unzweckmäßig, so brauchte es bei späteren Entscheidungen nicht beachtet zu werden.425 Die stare-decisis-Doktrin setzte sich erst in der konservativ-viktorianischen Ära gegen Mitte des 19. Jahrhunderts durch. In diesem Sinne sind nach heutiger Auffassung – mit Ausnahme des House of Lords, das seit 1966 nicht mehr an seine Präjudizien gebunden ist426 – die county courts an die Entscheidungen des [High Court427, der High Court an die Judikatur des Court of Appeal428, der Court of Appeal an seine eigenen und die Entscheidungen des House of Lords429 gebunden.430] 423 Vgl. Vollmer, 36. 424 Allen, L.Q.R. 1935, 333 (334). 425 Vgl. Jackson, 12 f. 426 [...] 427 Vgl. § 3 B. I. 1. a. 428 Vgl. § 3 B. I. 1. c. 429 Vgl. § 3 B. I. 2. 430 Vgl. Geldart, 7; Jackson, 13; Radbruch, 33 |
Ursprünglich war der englische Richter nicht verpflichtet, früheren Entscheidungen zu folgen. Die Präzedenzfälle galten lediglich als Beweis für das erklärte Recht, sie waren „evidence, the best possible evidence, of rules of law, but not more than that“160. Erwies sich eine präjudizierte Regel als irrig, unvernünftig oder auch nur übermaßen unzweckmäßig, so brauchte sie bei späteren Entscheidungen nicht beachtet zu werden161. Erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich der Gedanke der absoluten Verbindlichkeit der Präjudizien durch. In diesem Sinn sind nach heutiger Auffassung die COUNTY COURTS an die Entscheidungen des HIGH COURT, der HIGH COURT an die Entscheidungen des COURT OF APPEAL, der COURT OF APPEAL an seine eigenen und die Entscheidungen des HOUSE OF LORDS und das HOUSE OF LORDS wiederum an seine eigenen Entscheidungen gebunden162.
160 Allen, Case Law, in L.Q.R. 1935, S. 333/334. 161 Vgl. Jackson, S. 12, 13. 162 Vgl. Geldart, S. 7; Jackson, S. 13; Radbruch, S. 33. |
Vollmer wird in Fn 423 mit der Angabe "Vgl." zu einem Einzelsatz genannt. Es wird nicht deutlich, dass der ganze Abschnitt außer einem aktualisierenden Einschub der Vorlage von Vollmer folgt. Für den Autor Allen des englischen Zitats gibt Vollmer in seinem Literaturverzeichnis den Vornamen in der fehlerhaften Schreibweise "Charleton" (statt richtig "Carleton") an. Derselbe Schreibfehler findet sich im Literaturverzeichnis der Schrift von Rm. In Fn 430 wird - wie bei Vollmer in Fn 162 - das Buch von Geldart in der 6. Auflage von 1960 zitiert. Die aktuelle Auflage wäre die 11. von 1995 gewesen. In Fn 425 und 430 wird das Buch von Jackson - wie bei Vollmer in Fn 162 - in der 3. Auflage von 1960 zitiert. Aktuell wäre für Rm die 8. Auflage von 1989 gewesen. |
|
Letzte Bearbeitung dieser Seite: durch Benutzer:Hindemith, Zeitstempel: 20130213155744