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Angaben zur Quelle [Bearbeiten]

Autor     Rainer Grote
Titel    Die Inkorporierung der Europäischen Menschenrechtskonvention in das britische Recht durch den Human Rights Act 1998
Zeitschrift    ZaöRV
Jahr    1998
Seiten    309 ff.
URL    http://www.zaoerv.de/58_1998/58_1998_1_a_309_352.pdf

Literaturverz.   

ja
Fußnoten    ja
Fragmente    23


Fragmente der Quelle:
[1.] Rm/Fragment 208 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-05-03 19:15:49 Numer0nym
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
PlagProf:-)
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 208, Zeilen: 1-21
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 309, 310, 311, 312, 313, Zeilen: S. 309: 7 ff., S. 310: 13 ff., 31 ff.
[So gehörte das Vereinigte Königreich bislang zu den wenigen Staaten der Welt, in denen Grundrechte nicht Gegenstand einer besonderen Gewährleistung] in einem geschriebenen Grundrechtskatalog waren.1179 Mangels geschriebener Verfassung genossen Grundfreiheiten, z.B. Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit, nach traditionellem Rechtsverständnis einen Residualcharakter.1180 Sie sind nirgends verfassungskräftig garantiert, ihre Ausübung ist dem einzelnen jedoch so lange gestattet, als sie nicht durch Parlamentsgesetz oder Gerichtsurteil ausdrücklich verboten worden sind.1181 Insbesondere Dicey prägte die Auffassung, dass der Schutz der Grundrechte im britischen System, welches die Bewahrung individueller Rechte dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber und den Gerichten anvertraue, mindestens ebenso wirksam sei wie in der übrigen Welt, wo dieser Schutz durch eine allgemeine, gegebenenfalls folgenlose Prinzipienerklärung gestützt werde.1182


2. Die fehlende unmittelbare Wirkung der Konvention im britischen Recht

Der EMRK fehlte - mangels innerstaatlicher Umsetzung1183 - die unmittelbare Geltung im Vereinigten Königreich. Denn eine solche Inkorporierung durch die Verabschiedung eines entsprechenden Parlamentsgesetzes ist nach britischem Verfassungsrecht unabdingbare Voraussetzung, damit ein völkerrechtlicher Vertrag unmittelbare (subjektiv-öffentliche) Rechte und Pflichten für den einzelnen Bürger begründen kann.1184 Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Konvention ohne jede Bedeutung für die Anwendung und Auslegung innerstaatlichen Rechts gewesen wäre.1185


1179 Vgl. Grote, ZAÖV 1998, 309 ff.

1180 Vgl. Feldman, 61; Hofmann JuS 1988, 845.

1181 Vgl. Barendt, P.L. 1993, 459 ff.; Turpin, 75 ff.

1182 Vgl. Dicey, 197 ff.

1183 Vgl. Frowein / Peukert, EMRK-Kommentar, Einführung vor Rdnr. 6; Lord Lester in: Jowell / Oliver (Hrsg.), The Changing Constitution, 36 (40): Irland, das ebenfalls die Inkorporierung nicht durchgeführt hat, besitzt eine eigene Bill of Rights (Verfassung), die mit der EMRK inhaltlich weitgehend übereinstimmt. Aus der Konvention selbst ergibt sich keine Pflicht zur Inkorporation, vgl. Swedish Engine Drivers’ Case, Judgment of 6 February 1976, Series A no. 29, § 50; Silver v. United Kingdom, Judgment of 25 March 1983, Series A no. 61, § 113; vgl. dazu ebenfalls Frowein in: Gardner (Hrsg.), Aspects of Incorporation, 4 ff.

1184 Vgl. Attorney-General for Canada v. Attorney-General for Ontario [1937] A.C., 326 (346); Blackburn v. Attorney General [1971] 1 W.L.R. 137, 1037 (1040) per Lord Denning M.R.

1185 Vgl. Grote, ZAÖV 1998, 309 (313).

Das Vereinigte Königreich gehörte bislang zu den wenigen Staaten in der Welt, in denen die Grundrechte nicht Gegenstand einer besonderen Gewährleistung in einem geschriebenen Grundrechtskatalog waren.


[Seite 310]

Als Folge dieser Entwicklung haben Grundfreiheiten wie die Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit etc. im traditionellen Rechtsverständnis einen Residualcharakter: Sie sind nirgends verfassungskräftig garantiert, ihre Ausübung ist dem einzelnen aber so lange erlaubt, als sie nicht durch Gerichtsurteil oder Parlamentsgesetz ausdrücklich verboten worden ist.3 [...]

Unter dem Einfluß insbesondere der Schriften des großen viktorianischen Verfassungsjuristen Dicey herrschte in Großbritannien lange Zeit die Auffassung vor, daß der Schutz der Grundrechte in einem System, das die Bewahrung der individuellen Rechte den Gerichten und dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber anvertraut, mindestens ebenso wirksam gewährleistet ist wie in einem System, in dem sich dieser Schutz auf eine allgemeine, aber u. U. praktisch folgen-

[Seite 311]

lose Prinzipienerklärung stützt.5

[Seite 312]

1. Fehlende umittelbare Einwirkung der Konvention auf das innerstaatliche Recht

Im Unterschied zu fast allen Vertragsstaaten hatte das Vereinigte Königreich bislang von einer Inkorporierung der EMRK in das innerstaatliche Recht abgesehen.12 Eine solche Inkorporierung durch die Verabschiedung eines entsprechen-

[Seite 313]

den Parlamentsgesetzes ist nach britischem Verfassungsrecht Voraussetzung, damit ein völkerrechtlicher Vertrag unmittelbar Rechte und Pflichten für den einzelnen begründen kann.13 Dies bedeutet allerdings nicht, daß die Konvention für die Anwendung und Auslegung des innerstaatlichen Rechts ohne jede Bedeutung gewesen wäre.


2 David Feldman, Civil Liberties and Human Rights, Oxford 1993, 61. Hasso Hofmann, zur Herkunft der Menschenrechtserklärungen, JuS 1988, 845. [...]

3 Eric Barendt, Libel and Freedom of Speech in English Law, Public Law 1993, 459; Turpin (Anm. 1), 105.

5 A. V. Dicey, Introduction to the Study of the Law of the Constitution, 10. Aufl., London 1959, 197 ff. [...]

11 Lord Lester, European Human Rights and the British, Constitution, in: Jeffrey Jowell/Dawn Oliver (Hrsg.), The Changing Constitution, 3. Aufl., Oxford 1994, 36.

12 Neben dem Vereinigten Königreich hatten vor allem die skandinavischen Staaten lange Zeit darauf verzichtet, der EMRK intern Gesetzeskraft beizulegen. Sie haben jedoch mittlerweile (bis auf Norwegen) die Inkorporierung vollzogen, vgl. Jochen Abr. Frowein/Wolfgang Peukert, EMRK-Kommentar, 2. Aufl., Kehl u. a. 1996, Einführung Rdnr. 6. Irland, das ebenfalls die Inkorporierung nicht durchgeführt hat, besitzt eine eigene Bill of Rights, die mit der EMRK, inhaltlich weitgehend übereinstimmt, vgl. Lord Lester (Anm. 11), 40. Aus der Konvention selbst ergibt sich eine Pflicht zur Inkorporierung nicht, vgl. Swedish Engine Drivers' Union Case, Judgement of 6 February 1976, Series A no. 20, § 50; Silver v. United Kingdom, Judgement of 25 March 1983, Series A no. 61, § 113. Dazu Jochen Abr. Frowein, Incorporation of the Convention into Domestic Law, in: J.P. Gardner (Hrsg.), Aspects of Incorporation of the European Convention of Human Rights into Domestic Law, London 1993, 4 f.

13 Attorney-General for Canada v. Attorney-General for Ontario [1937] AC 326, 346; Blackburn v. Attorney-General [1971] 1 WLR 1037 CA.

Anmerkungen

Anfangs und am Ende "Vgl."-Verweise auf Grote, aus dessen Aufsatz der Verfasser hier einzelne Stücke zusammenfügt. Auch die Belege werden vollständig übernommen. Das wird aus den Fn. 1179 und 1185 nicht ersichtlich.

Sichter
SleepyHollow02


[2.] Rm/Fragment 209 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-05-04 05:51:22 Numer0nym
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
PlagProf:-)
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 209, Zeilen: 1-22
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 313, 314, Zeilen: 313: 19 ff.; 314: 1 ff.
So erwog der berühmte Richter Lord Denning M.R.1186 in Birdi v. Secretary for Home Affairs (1975)1187 gar die Nichtigkeit eines Parlamentsgesetzes bei Verstoß gegen die EMRK. Bereits ein Jahr später gab er jedoch diese mit dem althergebrachten Verständnis der Doktrin von der Parlamentssouveränität kaum vereinbare Ansicht auf und prononcierte die Unabhängigkeit des Westminster Parlaments auch im Hinblick auf die EMRK:


If an Act of Parliament contained any provision contrary to the Convention: the Act of Parliament must prevail.“1188

3. Der Einfluss der Konvention auf die Rechtsprechung

Dennoch war die EMRK von Bedeutung für die Rechtsprechung der britischen Gerichte, wenngleich diese nicht überbewertet werden darf.1189

a. Die mittelbare Wirkung auf die Auslegung des Gesetzesrechts

Trotz fehlender Umsetzung hatte die EMRK zumindest mittelbar Einfluss auf die Auslegung des Gesetzesrechts.1190 Mit Ausnahme von Schottland1191 hat sich in der Gerichtspraxis des Vereinigten Königreichs der Grundsatz der EMRK-konformen bzw. EMRK-freundlichen Auslegung herauskristallisiert. Einer solchen Auslegung bedarf es, wenn ein Parlamentsgesetz mehrdeutig ist. Dann ist von den in Betracht kommenden Auslegungen derjenigen der Vorzug zu geben, die mit der EMRK in Einklang steht.192 Dabei hat es den Anschein, als ob der Grundsatz der EMRK-konformen Auslegung vor allem dort eine Rolle spielt, wo es um die Anwendung gesetzlicher Bestimmungen geht, die speziell zur Behebung einer vom Gerichtshof für Menschenrechte festgestellten Kon[ventionsverletzung erlassen worden sind, weniger bei der Auslegung anderer Gesetze.1193]


1186 Vgl. oben FN 296.

1187 Bar Library Transcript Nor. 67 B 1975 (zit. nach: Bratza in: Gardner (Hrsg.), Aspects of Incorporation, 67, Anm. 67).

1188 R. v. Secretary of State for the Home Department, ex parte Bajan Singh [1976] 1 Q.B., 198 (207).

1189 Vgl. Grote, ZAÖV 1998, 309 (314).

1190 Vgl. R. v. Secretary of State for the Home Department, ex parte Brind [1991] 1 A.C., 696 (747 f.) per Lord Bridge.

1191 Vgl. Kaur v. Lord Advocate 1981 S.L.T., 322 (330) per Lord Ross; Moore v. Secretary of State for Scotland 1985 S.L.T., 38 ff.; vgl. dazu Murdoch, P.L. 1991, 40 ff.

1192 Vgl. R. v. Secretary of State for the Home Department (a.a.O., FN 1190).

Die weitestgehende Schlußfolgerung im Hinblick auf die innerstaatlichen Rechtswirkungen der EMRK im Vereinigten Königreich ist in einer Entscheidung des Court of Appeal aus dem Jahre 1975 enthalten, in der Lord Denning, der damalige Master of the Rolls, die Nichtigkeit eines Parlamentsgesetzes bei Verstoß gegen Konventionsbestimmungen in Betracht zog.16 Bereits ein Jahr später gab er diese mit dem traditionellen Verständnis der Lehre von der Parlamentssouveränität kaum vereinbare Ansicht auf und betonte die Entscheidungsfreiheit des Gesetzgebers auch im Hinblick auf die EMRK:
"If an Act of Parliament contained any provision contrary to the Convention: the Act of Parliament must prevail."17

[Seite 314]

2. Mittelbare Einwirkung auf die Auslegung des Gesetzesrechts

[...] Eine Berücksichtigung der sich aus der Konvention ergebenden Verpflichtungen des Vereinigten Königreichs hinsichtlich des Schutzes individueller kommt vielmehr nur dann in Betracht, wenn ein Parlamentsgesetz mehrdeutig ist. Dann ist von den möglichen Auslegungen derjenigen der Vorzug zu geben, die mit der EMRK in Einklang steht: [...] 18

Diese "Ausstrahlungswirkung" der EMRK auf die Auslegung mehrdeutiger Gesetzesvorschriften wird jedoch nicht von allen Gerichten des Vereinigten Königreichs anerkannt. So hat der schottische Court of Session entschieden, daß bei der Auslegung von Vorschriften des schottischen Rechts eine Berücksichtigung der EMRK nicht in Betracht kommt, solange nicht der Gesetzgeber ein entsprechendes Inkorporationsgesetz erlassen hat.19 Der Grundsatz der EMRK-konformen Auslegung des Gesetzesrechts bleibt daher auf die Gerichte in England, Wales und Nordirland beschränkt. Auch insoweit kann jedoch von einer einheitlichen Anwendung der Auslegungsregel nicht gesprochen werden.20


16 Birdi v. Secretary of State for Home Affairs, Bar Library Transcript No. 67B 1975, zitiert nach Nicolas Bratza, The Treatment and Interpretation of the European Convention on Human Rights by the English Courts, in: Gardner (Anm. 12), 67.

17 R. v. Secretary of State for the Home Department, ex p. Bajan Singh [1976] 1 QB 198, 207.

18 R. v. Secretary of State for the Home Department, ex p. Brind 1 AC 696, 747 f. (Lord Bridge).

19 Kaur v. Lord Advocate 1981 SLT 322, 330 (Lord Ross); Moore v. Secretary of State for Scotland 1985 SLT 38. Dazu J.L. Murdoch, The European Convention on Human Rights in Scots Law, Public Law 1991, 40 ff.

20 Es hat vielmehr den Anschein, als ob der Grundsatz der EMRK-konformen Auslegung vor allem dort eine Rolle spielt, wo es um die Anwendung gesetzlicher Bestimmungen geht, die speziell zur Behebung einer vom Gerichtshof für Menschenrechte festgestellten Konventionsverletzung erlassen worden sind, weniger bei der Auslegung anderer Gesetze, vgl. Klug/Starmer (Anm. 15), 226 f.

Anmerkungen

Grote wird einmal für einen "Vgl."-Verweis erwähnt. Die Belege von Grote werden übernommen.

Sichter
SleepyHollow02


[3.] Rm/Fragment 210 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-05-04 10:48:11 Numer0nym
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
PlagProf:-)
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 210, Zeilen: 1-22
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 314, 315, Zeilen: S. 314: 27 f., S. 315: 1 ff.
[Dabei hat es den Anschein, als ob der Grundsatz der EMRK-konformen Auslegung vor allem dort eine Rolle spielt, wo es um die Anwendung gesetzlicher Bestimmungen geht, die speziell zur Behebung einer vom Gerichtshof für Menschenrechte festgestellten Kon]ventionsverletzung erlassen worden sind, weniger bei der Auslegung anderer Gesetze.1193


b. Die mittelbare Einwirkung auf die Fortbildung des common law

Ferner wirkte die EMRK mittelbar auf die Fortblidung [sic!] des common law ein.1194 Hierbei waren der Berücksichtigung der EMRK enge Grenzen gesetzt. Die Heranziehung der EMRK war auf Fälle beschränkt, in denen der genaue Inhalt bereits anerkannter grundrechtsrelevanter Prinzipien des common law unklar war. Die EMRK ermächtigte jedoch nicht dazu, Lücken im geltenden common law durch Übernahme der in der Konvention garantierten Rechte in das nationale Recht zu schließen.1195 So lehnte der High Court in der Entscheidung R. v. Chief Metropolitan Stipendiary Magistrate, ex parte Choudhoury1196 eine Erstreckung der nach common law bestehenden Strafbarkeit wegen Gotteslästerung auf die Verletzung der religiösen Gefühle nichtchristlicher Gläubiger unter Berufung auf Art. 7 (Verbot der rückwirkenden Bestrafung) und Art. 10 EMRK (Meinungsfreiheit) ab. Im Fall Attorney-General v. BBC1197 zogen zwei Richter des House of Lords (Law Lords1198) Art. 10 EMRK zur Begründung ihres restriktiven Ansatzes bei der Frage heran, ob die Grundsätze der Ungebühr vor Gericht (contempt of court) und die sich daraus ergebenden Einschränkungen für die Berichterstattung von Presse und Rundfunk über Gerichtsprozesse auch im Hinblick auf schwebende Verfahren vor lokalen Widerspruchsausschüssen gelten, bei denen unklar ist, ob sie administrativen oder gerichtlichen Charakter besitzen.


1193 Vgl. Klug / Starmer, P.L. 1997, 224 ff.

1194 Vgl. weiterführend Grote, ZAÖV 1998, 309 (314 ff.).

1195 So dezidiert Sir Robert Megarry in Malone v. Metropolitan Police Commissioner (No. 2) [1979] Ch., 344 (379): „I readily accept that if the question before me were one of construing a statute enacted with the purpose of giving effect to obligations imposed by the Convention, the court would readily seek to construe the legislation in a way that would effectuate the Convention rather than frustrate it. However, no relevant legislation of that sort is in existence. It seems to me that where Parliament has abstained from legislating on a point that is plainly suitable for legislation, it is indeed difficult for the court to lay down new rules of common law or equity that will carry out the Crown ’s treaty obligations, or to discover for the first time that such rules have always existed".

1196 [1991] 1 Q.B., 429 ff.

1197 [1981] A.C., 303 ff. (H.L.).

1198 Vgl. dazu oben § 3 B. I. 2.

3. Mittelbare Einwirkung auf die Fortbildung des common law

Ein zweiter Aspekt der mittelbaren Einwirkung der EMRK auf die Anwendung des innerstaatlichen Rechts betrifft die Fortbildung derjenigen Prinzipien des common law, die für den Schutz der bürgerlichen Freiheiten bedeutsam sind. Auch insoweit sind der Berücksichtigung der Konvention jedoch enge Grenzen gesetzt.

[Seite 315]

Sie ermächtigt nicht dazu, Lücken im geltenden common law durch Übernahme der in der EMRK garantierten Rechte in das nationale Recht zu schließen. Dies wurde von Sir Robert Megarry in der Malone-Entscheidung klargestellt, in der es um die Schlußfolgerung ging, die aus dem Fehlen eines allgemeinen Rechts auf Achtung der Privatsphäre im englischen Recht trotz Anerkennung eines solchen Rechts in Art. 8 EMRK zu ziehen ist:

"I readily accept that if the question before me were one of construing a statute enacted with the purpose of giving effect to obligations imposed by the Convention, the court would readily seek to construe the legislation in a way that would effectuate the Convention rather than frustrate it. However, no relevant legislation of that sort is in existence. It seems to me that where Parliament has abstained from legislating on a point that is plainly suitable for legislation, it is indeed difficult for the court to lay down new rules of common law or equity that will carry out the Crown's treaty obligations, or to discover for the first time that such rules have always existed."21

Die Heranziehung der Konventionsbestimmungen ist daher auf Fälle beschränkt, in denen der genaue Inhalt bereits anerkannter grundrechtsrelevanter Prinzipien und Institute des common law unklar ist. So lehnte der High Court eine Erstreckung der nach common law bestehenden Strafbarkeit wegen Gotteslästerung auf die Verletzung der religiösen Gefühle nicht-christlicher Gläubiger ab und stimmte in diesem Zusammenhang ausdrücklich der Argumentation der Verteidigung zu, daß eine solche erweiternde Auslegung im Widerspruch zu den Bestimmungen der Konvention, insbesondere zu Art. 7 (Verbot der rückwirkenden Bestrafung) und Art. 10 (Meinungsfreiheit), stehe.22 In der Entscheidung Attorney-General v. BBC zogen zwei Richter des House of Lords Art. 10 EMRK zur Begründung ihres (restriktiven) Ansatzes bei der Entscheidung der Frage heran, ob die Grundsätze des contempt of court und die sich daraus ergebenden Einschränkungen für die Berichterstattung durch Presse und Rundfunk über Gerichtsprozesse auch im Hinblick auf schwebende Verfahren vor lokalen Widerspruchsausschüssen gelten, bei denen unklar ist, ob sie administrativen oder gerichtlichen Charakter besitzen.23


20 Es hat vielmehr den Anschein, als ob der Grundsatz der EMRK-konformen Auslegung vor allem dort eine Rolle spielt, wo es um die Anwendung gesetzlicher Bestimmungen geht, die speziell zur Behebung einer vom Gerichtshof für Menschenrechte festgestellten Konventionsverletzung erlassen worden sind, weniger bei der Auslegung anderer Gesetze, vgl. Klug/Starmer (Anm. 15), 226 f.

21 Malone v. Metropolitan Police Commissioner (No.2) [1979] Ch 344, 379.

22 R. v. Chief Metropolitan Stipendiary Magistrate, ex p. Choudhoury [1991] 1 QB 429.

23 [1981] AC 303 HL. Vgl. aber auch die einschränkenden Bemerkungen von Lord Fraser: "... in deciding this appeal the House has to hold the balance between the principle of freedom of expression and the principle that the administration of justice must be kept free from outside interference. Neither principle is more important than the other, and where they come into conflict, as in this case, the boundary has to be drawn between the spheres in which they respectively operate. That is not the way in which the European Court of Human Rights would approach the question ... This House, and other courts in the United Kingdom, should have regard to the provisions of the Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms ... and to the decisions of the Court of Human Rights in cases, of which this is one, where our domestic law is not firmly settled. But the Convention does not form part of our law, and the decision on what the law is is for our domestic courts and for this House."

Anmerkungen

Grote wird in einer Fußnote als "Vgl. weiterführend" erwähnt.

Sichter
SleepyHollow02


[4.] Rm/Fragment 211 12 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-02-22 08:19:54 Numer0nym
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
PlagProf:-)
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 211, Zeilen: 12-22
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 321, Zeilen: 1 ff.
d. Der Einfluss auf richterliche Ermessensentscheidungen


Außerdem machte sich der Einfluss der EMRK auf richterliche Ermessensentscheidungen in Rechtsstreitigkeiten zwischen Privaten bemerkbar, die Auswirkungen auf die Ausübung der von der Konvention geschützten Freiheiten hatten. So hat z.B. der Court of Appeal die Notwendigkeit gesehen, bei der Überprüfung der von Geschworenen (jury) im Rahmen von Verleumdungsklagen festgesetzten Schmerzensgeldsummen das Verhältnismäßigkeitsprinzip anzuwenden, um zu gewährleisten, dass durch die Bestimmung der Höhe des Schmerzensgeldes nicht stärker in die Meinungsfreiheit eingegriffen wird, als zur Befriedigung des berechtigten Interesses des Klägers - Entschädigung für die Beeinträchtigung seines Ansehens - erforderlich.1201


1201 Vgl. Rantzen v. Mirror Group Newspapers Ltd. [1994] Q.B., 670 (692) per Lord Justice Neil.

5. Einfluß der Konvention auf richterliche Ermessensentscheidungen


Am stärksten scheint der Einfluß der EMRK auf die Anwendung innerstaatlichen Rechts dort zu sein, wo es nicht um die Kontrolle von Ermessensentscheidungen der Exekutive geht, sondern um die Handhabung eigener Ermessensspielräume durch die Gerichte, insbesondere bei der Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten zwischen Privaten, die Auswirkungen auf die Ausübung der von der Konvention geschützten Freiheiten haben können. So hat der Court of Appeal die Notwendigkeit anerkannt, bei der Überprüfung der von der Jury im Rahmen von Verleumdungsklagen festgesetzten Schmerzensgeldsumme das Verhältnismäßigkeitsprinzip anzuwenden, um zu gewährleisten, daß durch die Bestimmung der Höhe des Schmerzensgeldes nicht stärker in die Meinungsfreiheit eingegriffen wird, als zur Befriedigung des berechtigten Interesses des Klägers - Entschädigung für die Beeinträchtigung seines Ansehens - erforderlich ist.40


40 Rantzen v. Mirror Group Newspapers Ltd [1994] QB 670, 692 (Neil L.J.).

Anmerkungen

Grote wird in diesem Abschnitt nicht erwähnt.

Sichter
SleepyHollow02


[5.] Rm/Fragment 212 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-05-04 14:38:00 Numer0nym
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
PlagProf:-)
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 212, Zeilen: 1-23
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 321-323, Zeilen: S. 321: 15 ff., S. 322: 15 ff., 31 ff.; S. 323: 1 ff.
e. Die Einwirkung der EMRK über das Europarecht


Darüber hinaus „strahlte“ die EMRK schon bisher über das Europarecht in das britische Recht. Gemäß s. 2 European Communities Act 1972 genießen primäres und sekundäres Gemeinschaftsrecht Vorrang vor innerstaatlichem Recht. Dies gilt auch dann, wenn es sich um nationale Rechtsvorschriften handelt, die in einem Parlamentsgesetz enthalten sind.1202 Dabei sind britische Gerichte gehalten, die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu beachten, der eine Reihe von sog. Gemeinschaftsgrundrechten1203 entwickelt, für die sich der EuGH nach eigenen Angaben an der gemeinsamen Verfassungsüberlieferung der Mitgliedstaaten und den Prinzipien der EMRK orientiert.1204 Soweit es also um die Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Verpflichtungen durch Parlament und Behörden des Vereinigten Königreichs geht, sind diese Gemeinschaftsgrundrechte auch von den britischen Gerichten zu beachten und anzuwenden.1205 Gleiches gilt entsprechend für die Marktfreiheiten.1206 Jedoch ist der im Gemeinschaftsrecht angelegte grundrechliche [sic!] bzw. grundrechtsähnliche Schutz begrenzt, da der Regelungsbereich des Europarechts funktionell begrenzt ist und sich schwerpunktmäßig lediglich auf wirtschaftlich bedeutsame Tätigkeiten erstreckt.1207

II. Die Umsetzungsdefizite der britischen Grundrechtspraxis

Die fehlende innerstaatliche Umsetzung der Konvention führte dazu, dass das Vereinigte Königreich neben Italien - seit der Anerkennung des Individualbeschwerderechts gemäß Art. 25 EMRK im Jahre 1966 - der am häufigsten verurteilte Mitgliedstaat der EMRK war.1208 Mitunter hat es die britische Regierung [nicht auf ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ankommen lassen, sondern die Feststellungen der Europäischen Menschenrechtskommission zur Konventionswidrigkeit eines bestimmten Verhaltens akzeptiert und entsprechende Änderungen der innerstaatlichen Gesetzgebung und Rechtspraxis auch ohne vorherige Verurteilung vorgenommen.1209]


1202 Vgl. oben § 6 G. I. 1.

1203 Diese sind Rechtsgrundsätze des primären Gemeinschaftsrechts, die auf den Schutz der Gemeinschaftsbürger vor Grundrechtseingriffen der Gemeinschaftsorgane abzielen; siehe Grote, ZAÖV 1998, 309 (321).

1204 Vgl. Rs. 4/73, Slg. 1974, 491 (J. Nold, Kohlen- und Baustoffgroßhandlung gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften); Rs. 44/79, Slg. 1979, 3727 (Liselotte Hauer gegen Land Rheinland-Pfalz).

1205 Grote, ZAÖV 1998, 309 (321).

1206 Vgl. insoweit zum Verhältnismäßigkeitsprinzip Rs. C.55/94 (Reinhard Gebhard / Consiglio dell’ordine degli avocati e procuratori di Milano), NJW 1996, 579 (581).

1207 Vgl. Lord Browne-Wilkinson, P.L. 1992, 397 (401).

1208 Anlässlich der Vorstellung der Human Rights Bill im House of Lords sprach der Lord Chancellor von fünfzig Fällen, in denen das Vereinigte Königreich bisher wegen einer [Verletzung der Verpflichtungen aus der Konvention verurteilt worden sei, siehe H.L. Official Report, 3 November 1997, col. 1228.]

6. Einwirkung der EMRK auf das innerstaatliche Recht über den Umweg des Gemeinschaftsrechts


Das Bild wäre allerdings nicht vollständig, ohne die Einwirkung zu erwähnen, welche die EMRK schon bisher auf den innerstaatlichen Rechtsraum durch die Vermittlung des EG-Rechts entfaltet hat. Nach Sec. 2 des European Communities Act 1972 genießt (primäres und sekundäres) Gemeinschaftsrecht den Vorrang vor entgegenstehendem innerstaatlichen Recht, und zwar auch dann, wenn es sich um nationale Rechtsvorschriften handelt, die in einem Parlamentsgesetz enthalten sind. Bei der Auslegung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts haben die britischen Gerichte die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zu beachten. Der EuGH hat eine Reihe von Rechtsgrundsätzen des (primären) Gemeinschaftsrechts entwickelt, die auf den Schutz der Gemeinschaftsbürger vor Grundrechtseingriffen der Gemeinschaftsorgane abzielen. Bei der Ermittlung von Inhalt und Umfang der grundrechtlich geschützten Rechtsposition orientiert sich der Gerichtshof nach seinen eigenen Angaben an der gemeinsamen Verfassungsüberlieferung der Mitgliedstaaten und den Prinzipien der EMRK.41 Soweit es also um die Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Verpflichtungen durch das Parlament und die Behörden des Vereinigten Königreichs geht, sind die Gemeinschaftsgrundrechte auch von den britischen Gerichten zu beachten und anzuwenden.

[Seite 322]

Der durch das Gemeinschaftsrecht vermittelte grundrechtliche bzw. grundrechtsähnliche Schutz ist allerdings begrenzt, da der Regelungsbereich des Gemeinschaftsrechts funktionell begrenzt ist und sich schwerpunktmäßig auf wirtschaftlich bedeutsame Tätigkeiten beschränkt.45 [...]

IV. Die britische Grundrechtspraxis vor den Straßburger Konventionsorganen

1. Art und Umfang der durch die Straßburger Organe festgestellten Konventionsverletzungen

[...] Großbritannien ist neben Italien das Land, das seit Anerkennung des Individualbeschwerderechts nach Art. 25 EMRK im Jahre 1966 am häufigsten vor den Europäischen Gerichtshof zitiert und

[Seite 323]

am häufigsten von ihm verurteilt worden ist.46 Mitunter hat die britische Regierung es nicht auf ein Verfahren vor dem Gerichtshof ankommen lassen, sondern die Feststellungen der Europäischen Menschenrechtskommission zur Konventionsrechtswidrigkeit eines bestimmten Verhaltens akzeptiert und entsprechende Änderungen der innerstaatlichen Gesetzgebung und Rechtspraxis auch ohne vorherige Verurteilung vorgenommen.47


41 Rs. 4/73, Slg. 1974, 491 (J. Nold, Kohlen- und Baustoffgroßhandlung gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften); Rs. 44/79, Slg. 1979, 3727 (Liselotte Hauer gegen Land Rheinland-Pfalz).

42 Rs. C-55/94 (Reinhard Gebhard/Consiglio dell'ordine degli avocati e procuratori di Milano), NJW 1996, 579, 581.

43 R. v. Chief Constable of Sussex, ex p. International Traders' Ferry Ltd [1997] 2 CMLR 164 (Eingriff in die Warenverkehrsfreiheit durch ungenügenden Polizeischutz von Schlachtviehtransporten).

44 Beloff/Mountfield (Anm. 14), 473 f. (m.N.).

45 Lord Browne-Wilkinson, The Infiltration of a Bill of Rights, Public Law 1992, 401.

46 Vgl. die detaillierte Statistik bei Francesca Klug/Keir Starmer/Stewart Weir, The Three Pillars of Liberty, London/New York 1996, 55. Anläßlich der Vorstellung des von der Regierung zur Inkorporierung der EMRK eingebrachten Gesetzentwurfs im House of Lords sprach der Lord Chancellor von fünfzig Fällen, in denen das Vereinigte Königreich bisher wegen einer Verletzung der Verpflichtungen aus der Konvention verurteilt worden sei, HL Official Report, 3 November 1997, col. 1228.

47 [...]

Anmerkungen

Grote wird zweimal für Detailfragen erwähnt.

Sichter
(PlagProf:-)), SleepyHollow02


[6.] Rm/Fragment 213 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-05-04 17:56:43 Numer0nym
BauernOpfer, Fragment, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel, ZuSichten

Typus
BauernOpfer
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PlagProf:-)
Gesichtet
No
Untersuchte Arbeit:
Seite: 213, Zeilen: 1-26
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 323, 324, Zeilen: 323: 1 ff.; 324: 1 ff.
[Mitunter hat es die britische Regierung] nicht auf ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ankommen lassen, sondern die Feststellungen der Europäischen Menschenrechtskommission zur Konventionswidrigkeit eines bestimmten Verhaltens akzeptiert und entsprechende Änderungen der innerstaatlichen Gesetzgebung und Rechtspraxis auch ohne vorherige Verurteilung vorgenommen.1209


Die vom Gerichtshof für Menschenrechte festgestellten Konventionsverletzungen betrafen das Verhalten aller staatlichen Gewalten.1210 So kam es z.B. zu Verurteilungen, weil das Westminster Parlament es unterlassen hatte, gesetzliche Regelungen zu schaffen, die den nach der EMRK erforderlichen Schutz der betroffenen Grundrechte in der Gerichts- und Verwaltungspraxis hätten sicherstellen können. Im Sunday-Times-Fall ging es darum, dass es der Gesetzgeber versäumt hatte, die überfällige Reform der - mit einer ungehinderten Presseberichterstattung in Angelegenheiten des öffentlichen Interesses - nicht länger zu vereinbarenden Prinzipien der Ungebühr vor Gericht (contempt of court) durchzuführen.1211 In der Malone-Entscheidung führte das Fehlen einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für die - lediglich durch Verwaltungsrichtlinien geregelte - Abhörpraxis der Polizei zu einer Verurteilung Großbritanniens wegen Verletzung des Rechts auf Achtung der Privatsphäre gemäß Art. 8 EMRK.1212 Im Spycatcher-Fall ging es um die Vereinbarkeit einstweiliger Anordnungen, mit denen britische Zeitungen die Veröffentlichung von Auszügen aus dem Buch „Spycatcher“ des früheren Geheimdienstlers Peter Wright gerichtlich untersagt worden war, mit Art. 10 EMRK. Das Buch durfte im Vereinigten Königreich nicht erscheinen, weil sein Inhalt - Enthüllungen über illegale Aktivitäten des britischen MI 5 im London der siebziger Jahre - gegen den Official Secrets Act 19111213, der die nicht autorisierte Veröffentlichung von Regierungsinformationen untersagte, verstieß. Der Gerichtshof sah [hierin einen Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip gemäß Art. 10 II EMRK1214, weil das Buch in anderen Ländern - insbesondere in den U.S.A. - bereits legal auf dem Markt erhältlich war und damit das Verbot sein ursprüngliches Ziel nicht mehr erreichen konnte.]


1209 Der eklatanteste Fall betraf Regelungen im Commonwealth Immigrants Act 1968, mit denen die Einreise und der Aufenthalt britischer Staatsangehöriger asiatischer Abstammung aus Ostafrika erschwert werden sollte, die nicht im Vereinigten Königreich selbst geboren, naturalisiert oder adoptiert waren bzw. einen Eltern- oder Großelternteil vorzuweisen hatten, bei dem diese Voraussetzungen vorlagen. Die Kommission befand, dass die der Gesetzgebung zugrundeliegende rassische Diskriminierung einen Verstoß gegen die menschliche Würde darstellte und gegen das Verbot der erniedrigenden Behandlung in Art. 3 EMRK verstieß, siehe East African Asians v. United Kingdom EHHR 3 (1981), 76.

1210 Vgl. weiterführend Grote, ZAÖV 1998, 309 (323).

1211 Vgl. Sunday Times case, Judgment of 26 April 1979, Series A no. 30.

1212 Vgl. Malone v. United Kingdom, Judgment of 2 August 1984, Series A no. 82.

1213 1 & 2 George 5, c. 11.

[1214 Vgl. Sunday Times (No. 2) case and Observer and Guardian case, Judgment of 26 November 1991, Series A nos. 217 and 216; vgl. dazu Leigh, P.L. 1992, 200 ff.]

Mitunter hat die britische Regierung es nicht auf ein Verfahren vor dem Gerichtshof ankommen lassen, sondern die Feststellungen der Europäischen Menschenrechtskommission zur Konventionsrechtswidrigkeit eines bestimmten Verhaltens akzeptiert und entsprechende Änderungen der innerstaatlichen Gesetzgebung und Rechtspraxis auch ohne vorherige Verurteilung vorgenommen.47


Die vom Europäischen Gerichtshof festgestellten Konventionsverletzungen betreffen das Verhalten aller staatlichen Gewalten. [...] In anderen Fällen kam es zu einer Verurteilung des Vereinigten Königreichs, weil das Parlament es unterlassen hatte, gesetzliche Regelungen zu schaffen, die den nach der Konvention erforderlichen Schutz der betroffenen Grundrechte in der Gerichts- und Verwaltungspraxis hätten sicherstellen können. So ging es im Sunday-Times-Fall darum, daß der Gesetzgeber die überfällige Reform der mit einer ungehinderten Presseberichterstattung in Angelegenheiten des öffentlichen Interesses nicht länger vereinbaren Prinzipien zum contempt of court versäumt hatte.51 In der Malone-Entscheidung führte das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage für die - lediglich durch Verwaltungsrichtlinien geregelte - Abhörpraxis der Polizei zu

[Seite 324]

einer Verurteilung des Vereinigten Königreichs wegen Verletzung des Rechts auf Achtung der Privatsphäre (Art. 8 EMRK).52

[...] In der Spycatcher-Entscheidung ging es um die Vereinbarkeit einstweiliger Anordnungen, mit denen britischen Zeitungen die Veröffentlichung von Auszügen aus dem Buch "Spycatcher" des früheren Geheimdienstmitglieds Peter Wright gerichtlich untersagt worden war, mit Art. 10 EMRK. Das Buch durfte im Vereinigten Königreich nicht erscheinen, weil sein Inhalt - Enthüllungen über illegale Aktivitäten des britischen MI 5 im London der siebziger Jahre - gegen den Official Secrets Act 1911, der die nicht autorisierte Veröffentlichung von Regierungsinformationen untersagte, verstieß. Der Gerichtshof sah in der Aufrechterhaltung der Anordnungen auch noch zu einem Zeitpunkt, als das Buch in anderen Ländern, insbesondere den Vereinigten Staaten, bereits legal auf dem Markt erhältlich war und das Verbot sein ursprüngliches Ziel nicht mehr erreichen konnte, einen Verstoß gegen das in Art. 10 Abs. 2 EMRK enthaltene Verhältnismäßigkeitsprinzip.55


47 Der bekannteste Fall betraf Regelungen im Commonwealth Immigrants Act 1968, mit denen die Einreise und der Aufenthalt britischer Staatsangehöriger asiatischer Abstimmung [sic!] aus Ostafrika erschwert werden sollte, die nicht im Vereinigten Königreich selbst geboren, naturalisiert oder adoptiert waren bzw. einen Eltern- oder Großelternteil vorzuweisen hatten, bei dem diese Voraussetzungen vorlagen. Die Kommission befand, daß die der Gesetzgebung zugrundeliegende rassische Diskriminierung einen Verstoß gegen die menschliche Würde darstellte und gegen das Verbot der erniedrigenden Behandlung in Art. 3 EMRK verstieß, East African Asians v. United Kingdom EHHR 3 (1981), 76.

48 Case of Young, James and Webster, Judgement of 13 August 1981, Series A no. 44.

49 Case of Brogan and Others, Judgement of 29 November 1988, Series A no. 145-B.

50 Saunders v. United Kingdom, Judgement of 17 December 1996, Reports of Judgements and Decisions 1996-VI.

51 Sunday Times case, Judgement of 26 April 1979, Series A no. 30.

52 Malone v. United Kingdom, Judgement of 2 August 1984, Series A no. 82.

53 Chahal v. United Kingdom, Judgement of 15 November 1996, Reports of Judgements and Decisions 1996-V.

[...]

55 Sunday Times (no. 2) case and Observer and Guardian case, Judgement of 26 November 1991, Series A nos. 217 and 216. Dazu Ian Leigh, Spycatcher in Strasbourg, Public Law 1992, 200.

Anmerkungen

Nur ein "Vgl."- Verweis auf Grote in Fußnote 1210.

Sichter
SleepyHollow02


[7.] Rm/Fragment 214 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-05-05 08:02:35 Numer0nym
Fragment, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel, Unfertig, Verschleierung

Typus
Verschleierung
Bearbeiter
PlagProf:-)
Gesichtet
No
Untersuchte Arbeit:
Seite: 214, Zeilen: 1-19
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 324-327, Zeilen: 324: ??; 325: ??; 326: ??; 327: ??
[Der Gerichtshof sah] hierin einen Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip gemäß Art. 10 II EMRK1214, weil das Buch in anderen Ländern - insbesondere in den U.S.A. - bereits legal auf dem Markt erhältlich war und damit das Verbot sein ursprüngliches Ziel nicht mehr erreichen konnte.


Die vom Gerichtshof festgestellten Konventionsverletzungen betrafen alle durch die Konvention geschützten Formen menschlicher Freiheit.1215 Die Bedeutung der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte wird man daher sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht als bedeutsam für Grossbritannien [sic!] bezeichnen müssen.1216

III. Die Mechanismen zur Behebung von Umsetzungsdefiziten

Grundsätzlich1217 bestand seitens der britischen Regierung und des Parlaments die Bereitschaft, den von den Konventionsorganen festgestellten Verstöße gegen die EMRK durch entsprechende Änderung der Gesetzgebung und Rechtspraxis Rechnung zu tragen. Dies geschah z.B. im Zusammenhang mit dem Erlass des Contempt of Court Act 19811218 und des Interception of Communications Act 19851219. Andererseits sah die britische Rechtsordnung bislang keine präventiven Mechanismen vor, um Konventionsverstöße zu vermeiden. Der Richtlinie des Cabinet Office aus dem Jahre 1987, derzufolge die Ministerien bei Gesetzesentwürfen und Verwaltungsmaßnahmen die Anforderungen der EMRK und die [Spruchpraxis der Konventionsorgane zu berücksichtigen hatten, blieb der Erfolg versagt.1220]


1214 Vgl. Sunday Times (No. 2) case and Observer and Guardian case, Judgment of 26 November 1991, Series A nos. 217 and 216; vgl. dazu Leigh, P.L. 1992, 200 ff.

1215 Diese sind das Recht auf Leben (Art. 2), das Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung (Art. 3), das Recht auf Freiheit und Sicherheit (Art. 5), das Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6), das Verbot rückwirkender Bestrafung (Art. 7), das Recht auf Achtung der Privatspähre (Art. 8), die Meinungsfreiheit (Art. 10), die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit (Art. 11), das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 13), das Verbot der Diskriminierung (Art. 14) und das elterliche Erziehungsrecht gemäß Art. 2 des Zusatzprotokolls; vgl. weiterführend Gordon / Ward, 1 ff., 263 ff.

1216 So McCrudden / Chambers, 575.

1217 Nur in zwei Fällen - bei der Frage der Beibehaltung der Prügelstrafe für Jugendliche auf der Isle of Man und im Rahmen der Vorführungspraxis für mutmaßliche Terroristen in Nordirland - waren Regierung und Parlament nicht bereit, ensprechend [sic!] zu reagieren; vgl. Frowein / Peukert, EMRK, Art. 1, Rdnr. 8.

1218 Zit. nach Allen / Thompson / Walsh, 438.

1219 Zit. nach Bradley: in Jowell / Oliver, The Changing Constitution, 79 (100).

[1220 Vgl. Bradley in: Finnie / Himsworth / Walker, Edinburgh Essays, 193.]

[Seite 324]

Der Gerichtshof sah in der Aufrechterhaltung der Anordnungen auch noch zu einem Zeitpunkt, als das Buch, in anderen Ländern, insbesondere den Vereinigten Staaten, bereits legal auf dem Markt erhältlich war und das Verbot sein ursprüngliches Ziel nicht mehr erreichen konnte, einen Verstoß gegen das in Art. 10 Abs. 2 EMRK enthaltene Verhältnismäßigkeitsprinzip.55 [...]

Die vom Gerichtshof für Menschenrechte festgestellten Konventionsverletzungen betrafen alle durch die Konvention geschützten Formen menschlicher Freiheit: das Recht auf Leben (Art. 2)57; das Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung (Art. 3)58, das Recht auf Freiheit und Sicherheit (Art. 5)59, das

[Seite 325]

Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6)60, das Verbot der rückwirkenden Bestrafung (Art. 7)61, das Recht auf Achtung der Privatsphäre (Art. 8)62, die Meinungsfreiheit (Art. 10)63, die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit (Art. 11)64, das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 13)65, das Verbot der Diskriminierung (Art. 14)66 und das elterliche Erziehungsrecht gemäß Art. 2 des Zusatzprotokolls67. Manche der festgestellten Mängel bezogen sich nur auf einen Teil des Vereinigten Königreichs: die Prügelstrafe auf der Isle of Man,68 das Verbot des homosexuellen Verkehrs zwischen Erwachsenen in Nordirland69. Ein signifikanter Teil der Verurteilungen stand im Zusammenhang mit der Sondergesetzgebung für Nordirland und der Praxis der dortigen Sicherheitsbehörden.70 [...]

[Seite 326]

Die Bedeutung der Entscheidungen des Gerichtshofes für die Entwicklung der britischen Rechtspraxis wird man daher sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht als bedeutsam bezeichnen müssen.76

2. Effizienz bestehender Mechanismen zur Behebung und Vermeidung von Umsetzungsdefiziten

Regierung und Parlament haben in der Vergangenheit eine relativ große Bereitschaft gezeigt, auf die Feststellung von Konventionsverletzungen durch den Gerichtshof mit Änderungen in der Gesetzgebung und/oder der Rechtspraxis zu reagieren.77 Als Reaktion auf Straßburger Urteile sind wichtige neue Gesetze erlassen worden, wie der Contempt of Court Act 1981 und der Interception of Communications Act 1985. [...] Nur in zwei Fällen ist die durch den Straßburger Gerichtshof für konventionsrechtswidrig befundene Rechtslage zunächst unverändert beibehalten worden: im Fall der Prügelstrafe für Jugendliche auf der Isle of Man und der Vorführungspraxis für mutmaßliche Terroristen in Nordirland.79

[Seite 327]

[...] Zwar existiert eine Richtlinie des Cabinet Office aus dem Jahr 1987, in der die Ministerien angehalten werden, bei der Vorbereitung von Gesetzentwürfen und Verwaltungsmaßnahmen die Anforderungen der EMRK, wie sie sich aus der Spruchpraxis der Konventionsorgane ergeben, zu berücksichtigen.


55 Sunday Times (no. 2) case and Observer and Guardian case, Judgement of 26 November 1991, Series A nos. 217 and 216. Dazu Ian Leigh, Spycatcher in Strasbourg, Public Law 1992, 200.

57 [...]

58 [...]

59 [...]

60 [...]

61 [...]

62 [...]

63 Sunday Times case, Judgement of 26 May 1979, Series A no. 30; Sunday Times (no. 2) case and Observer and Guardian case, Judgement of 26 November 1991, Series A nos. 217 and 216; Tolstoy Miloslavsky v. United Kingdom, Judgement of 13 July 1995, Series A no. 316-B.

64 [...]

65 [...]

66 [...]

67 [...]

68 [...]

69 [...]

70 [...]

76 Christopher McCrudden / Gerald Chambers, Individual Rights and the Law in Britain, Oxford 1994, 575.

77 [...]

79 [...] Seit 1993 wird die Möglichkeit der Individualbeschwerde aber auch für die Isle of Man wieder akzeptiert, vgl. Frowein /Peukert (Anm. 12), Art. 1 Rdnr. 8 und Anm. 13. [...]

Anmerkungen

Grote wird auf dieser Seite nicht erwähnt.

Sichter
SleepyHollow02


[8.] Rm/Fragment 215 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-05-05 07:15:57 Numer0nym
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
PlagProf:-)
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 215, Zeilen: 1-21
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 327-329, Zeilen: S. 327: 6ff, 22ff; S. 328: 1ff, S. 329: 1ff
[Der Richtlinie des Cabinet Office aus dem Jahre 1987, derzufolge die Ministerien bei Gesetzesentwürfen und Verwaltungsmaßnahmen die Anforderungen der EMRK und die] Spruchpraxis der Konventionsorgane zu berücksichtigen hatten, blieb der Erfolg versagt.1220


IV. Die Inkorporierungsdiskussion

Die Diskussion über die Inkorporierung der EMRK in englisches Recht begann bereits gegen Ende der sechziger Jahre1221 und erfuhr ihren ersten Höhepunkt durch die Schrift „English Law - The New Dimension“ (1974) des prominenten Richters am Court of Appeal, Sir Leslie Scarman, der die Kampagne zur Inkorporierung der EMRK ausdrucksstark unterstützte. Bis zur Verabschiedung des Human Rights Act 1998 mußten [sic!] jedoch noch einige Widerstände überwunden werden.1222 Im Jahre 1978 brachte Lord Wade einen Gesetzesentwurf zur Inkorporierung der EMRK ein, mit dem sich ein besonderer Fachausschuss (Select Committee) befasste, der ihn mit knapper Mehrheit befürwortete.1223 Die im Jahre 1979 unter Margret [sic!] Thatcher an die Macht gekommene konservative Partei (Tory Party) zeigte jedoch wenig Interesse, dem Gedanken einer Inkorporierung näherzutreten.1224 Den in der Folgezeit initiierten Gesetzesentwürfen zur Inkorporierung der EMRK blieb in der Ära der konservativen Regierung (bis zur verlorenen Wahl im Mai 1997) der Erfolg versagt.1225 In der öffentlichen Diskussion trat seit Beginn der neunziger Jahre ein Stimmungsumschwung ein, der die Aussichten für die Schaffung einer britischen „Bill of Rights“ langfristig entscheidend verbessern sollte1226 und den sich die Arbeiterpartei (Labour Party) im Anschluss an die verlorene Unterhauswahl 1992 zu eigen machte.


1220 Vgl. Bradley in: Finnie / Himsworth / Walker, Edinburgh Essays, 193.

1221 Maßgeblich dafür war die Veröffentlichung der Schrift „Democracy and Individual Rights" von Anthony Lester (dem späteren Lord Lester of Herne Hill) gewesen, der sich unablässig für die Verabschiedung einer britischen Bill of Rights eingesetzt hat; vgl. Zander, Bill, 1 ff.

1222 Vgl. weiterführend Bradley in: Jowell / Oliver, The Changing Constitution, 79 (98 ff.); Grote, ZAÖV 1998, 309 (327 ff.); Lord Lester, P.L. 1995, 198 ff.; Zander, Bill, 20 ff.

1223 Report of the Select Committee of [sic!] a Bill of Rights, House of Lords, Paper 176, June 1978.

1224 Dies muss umso mehr erstaunen, als dass einer der prominentesten Mitglieder der Conservative Party, Lord Hailsham (der damals Lord Chancellor war), sich für die Annahme des von Lord Wade eingebrachten Gesetzesentwurfs stark machte; vgl. dazu Lester, P.L. 1984, 62 ff.

1225 Vgl. Lord Lester, P.L. 1995, 198 ff.; Zander,Bill, 29.

1226 Sir Thomas Bingham, L.Q.R. 109 (1993), 390.

Zwar existiert eine Richtlinie des Cabinet Office aus dem Jahr 1987, in der die Ministerien angehalten werden, bei der Vorbereitung von Gesetzentwürfen und Verwaltungsmaßnahmen die Anforderungen der EMRK, wie sie sich aus der Spruchpraxis der Konventionsorgane ergeben, zu berücksichtigen. [...]


V. Die Diskussion um die Inkorporierung der EMRK im Vereinigten Königreich

1. Überblick über den Verlauf der Inkorporierungsdiskussion

Die Diskussion über die Vorzüge und Nachteile einer möglichen Inkorporierung der EMRK in innerstaatliches Recht begann im Vereinigten Königreich bereits Ende der sechziger Jahre.82 Einen ersten Höhepunkt erlebte sie Mitte der siebziger Jahre, als mit Sir Leslie Scarman erstmals ein prominenter Richter am Court of Appeal seiner Unterstützung für die Kampagne zur Inkorporierung der Konvention durch eine Bill of Rights Ausdruck verlieh.83

[Seite 328]

Ein Jahr später sprach sich die Standing Advisory Commission on Human Rights für Nordirland in einem umfassenden Bericht einmütig für die Inkorporierung der EMRK aus, und zwar mit Wirkung für das gesamte Vereinigte Königreich.85 Aus Anlaß der Einbringung eines Gesetzentwurfs zur Inkorporierung der EMRK durch ein prominentes Mitglied des House of Lords, Lord Wade, befaßte sich ein Select Committee eingehend mit der Problematik und befürwortete, wenn auch nur mit knapper Mehrheit, ebenfalls eine Inkorporierung.86

Ende der siebziger Jahre ließ der Reformdruck vorübergehend nach. Die neue konservative Regierung, die 1979 die Regierungsgeschäfte übernahm, zeigte sich wenig geneigt, dem Gedanken einer Inkorporierung näherzutreten, obwohl einige ihrer prominenten Mitglieder - darunter insbesondere der Lord Chancellor, Lord Hailsham - sich in der Opposition dafür ausgesprochen hatten und an ihrer Auffassung auch nach der Rückkehr in die Regierung festhielten.87 [...]

Obwohl den Bemühungen um die Inkorporierung der Konvention unter der konservativen Regierung der parlamentarische Erfolg versagt blieb, trat in der öffentlichen Diskussion seit Beginn der neunziger Jahre ein Stimmungsum-

[Seite 329]

schwung ein, der die Aussichten für die Schaffung einer britischen Bill of Rights langfristig entscheidend verbessern sollte. [...] Sie erhielt zum anderen Auftrieb durch Stellungnahmen angesehener Mitglieder des richterlichen Ausschusses des House of Lords und des Court of Appeal, die öffentlich die Inkorporierung der EMRK befürworteten. 1993 wählte der damalige Master of the Rolls und spätere Lord Chief Justice Sir Thomas Bingham für seinen Vortrag im Rahmen der traditionellen Denning Lecture den Titel: "The European Convention on Human Rights: Time to Incorporate".91 In den Debatten über die von Lord Lester eingebrachten Gesetzesvorlagen zur Inkorporierung der EMRK im House of Lords sprachen sich zahlreiche namhafte Richter für ein solches Vorhaben aus.92

Den entscheidenden Wendepunkt markierte indes die Änderung der Haltung der Labour Party zur Frage der Inkorporierung im Anschluß an die verlorene Unterhauswahl von 1992.


80 Bradley (Anm. 31), 193.

81 Klug/Starmer/Weir (Anm. 46), 57.

82 Mit der Veröffentlichung der Schrift "Democracy and Individual Rights" von Anthony Lester (dem späteren Lord Lester of Herne Hill), der sich seitdem unablässig für die Verabschiedung einer britischen Bill of Rights eingesetzt hat, s. Michael Zander, A Bill of Rights?, 4. Aufl., London 1997, 1 ff.

83 Leslie Scarman, English Law - The New Dimension, London 1974, 19 f.

84 Zu den Einzelheiten s. Zander (Anm. 82), 20.

85 Northern Ireland Standing Advisory Commission on Human Rights, The Protection of Human Rights by Law in Northern Ireland, Cmnd. 7009 (1977).

86 Report of the Select Committee on a Bill of Rights, House of Lords, Paper 176, June 1978.

87 Lord Chancellor Hailsham setzte sich nachhaltig für die Annahme des von Lord Wade eingebrachten Gesetzentwurfs zur Inkorporierung der EMRK ein, fand dafür jedoch innerhalb der Regierung keine Unterstützung, vgl. Anthony Lester, Fundamental Rights: The United Kingdom Isolated?, Public Law 1984, 62 f.

90 Zander (Anm. 82), 29 ff.

91 LQR 109 (1993), 390.

92 Zander (Anm. 82), 36.

93 Lester (Anm. 87), 63; Zander (Anm. 82), 38.

94 Vgl. dazu die detaillierten Angaben bei Zander, ibid., 11 ff.

Anmerkungen

Grote wird in einer Fußnote erwähnt, als zweiter von vier weiterführenden Verweisen. Damit wird nicht erkenntlich, dass Rm hier Grote zusammenfassend paraphrasiert.

Sichter
SleepyHollow02


[9.] Rm/Fragment 216 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-02-22 08:21:20 Numer0nym
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
PlagProf:-)
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 216, Zeilen: 1-24
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 332, 334, Zeilen: 332: 12ff, 334: 1ff
Der Schwerpunkt der Inkorporierungsdiskussion lag auf der Frage, welcher Rang den Konventionsbestimmungen im innerstaatlichen Recht beigelegt werden sollte, ob sie Bindungswirkung nur für die Ministerien, Behörden und Gerichte oder auch für den parlamentarischen Gesetzgeber entfalten sollten.1227


Die weitestgehende Lösung bestand darin, der EMRK - nach dem Vorbild der amerikanischen, deutschen oder österreichischen Verfassung - einen Rang über dem Parlamentsgesetz beizulegen. Dies brächte die Schaffung einer Verfassungsgerichtsbarkeit mit sich, die dann gehalten wäre, konventionswidrige Gesetze für nichtig zu erklären.1228 Diese Lösung liefe folglich auf die Beseitigung des Prinzips der parliamentary sovereignty hinaus, die im Vereinigten Königreich nur im Rahmen eines constitutional settlement, z.B. im Rahmen der Schaffung einer geschriebenen Verfassung, denkbar wäre.1229 Damit schied diese Lösungsmöglichkeit von vornherein aus.1230

Unterhalb dieser Schwelle kamen einige Lösungen in Betracht, die dem Gesetzgeber den Zugriff auf grundrechtlich geschützte Rechtspositionen des einzelnen zwar erschweren, aber nicht unmöglich machen würden.1231 Denkbar war der Ansatz, der EMRK die gleiche Geltung zu verschaffen wie dem Europarecht gemäß s. 2 des European Communities Act 1972. Hiernach genießen gemeinschaftliche Regelungen Vorrang vor entgegenstehendem nationalen Recht einschließlich des Gesetzesrechts. Die einschlägige nationale Vorschrift wird von den Gerichten nicht angewandt1232, wenn und soweit dadurch die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts vereitelt oder beeinträchtigt würde.1233 Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts könnte nur dadurch beseitigt werden, dass der Gesetzgeber s. 2 des European Communities Act 1972 aufhebt oder abändert, was [gleichbedeutend mit einem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union wäre.1234]


1227 Vgl. die Motive (White Paper) der Regierung, Rights Brought Home: The Human Rights Bill, Home Office, London 1998, CM 3782, 9 ff. (paras 2.11 ff.); Straw / Boateng, E.H.R.L.R. 1997, 75.

1228 Vgl. Grote, ZAÖV 1998, 309 (334).

1229 A.a.O. (FN 1228).

1230 A.a.O. (FN 1228).

1231 A.a.O. (FN 1228).

1232 Vgl. Gravells, P.L. 1989, 568 ff.

1233 Vgl. Factortame v. Secretary of State for Transport (No. 2) [1991] 1 A.C., 603 (659) (H.L.) per Lord Bridge: „Under the terms of the 1972 Act it has always been clear that it was the duty of a United Kingdom Court, when delivering final judgment, to override any rule of national law found to be in conflict with any directly enforceable rule of Community law."

Der Schwerpunkt der Diskussion lag auf der Frage, welcher Rang den Konventionsbestimmungen im innerstaatlichen Recht beigelegt werden sollte, ob sie Bindungswirkung nur für die Ministerien, Behörden und Gerichte oder auch für den parlamentarischen Gesetzgeber entfalten sollten.


[Seite 334]

Die weitestgehende Lösung bestünde darin, nach dem Vorbild der amerikanischen oder der deutschen Verfassung den Konventionsrechten einen Rang über dem Parlamentsgesetz beizulegen mit der Folge der - von den Gerichten auszusprechenden - Unwirksamkeit gesetzlicher Regelungen, die den Anforderungen der Konventionsrechte nicht entsprechen. Diese Lösung liefe jedoch auf die Beseitigung des Prinzips der parliamentary sovereignty hinaus, die nur im Rahmen eines neuen constitutional settlement, etwa im Rahmen der Schaffung einer geschriebenen Verfassung für das Vereinigte Königreich, verwirklicht werden könnte.

Unterhalb dieser Schwelle kommen eine Reihe von Lösungen in Betracht, die dem einfachen Gesetzgeber den Zugriff auf grundrechtlich geschützte Rechtspositionen des einzelnen zwar erschweren, aber nicht unmöglich machen. Ein denkbares Modell ist in Sec. 2 des European Communities Act 1972 verwirklicht, welche die innerstaatliche Anwendbarkeit des primären und sekundären Gemeinschaftsrechts im Vereinigten Königreich regelt. Die Gerichte legen diese Bestimmung dahin aus, daß gemeinschaftsrechtliche Regelungen Vorrang vor entgegenstehendem nationalen Recht einschließlich des Gesetzesrechts genießen. Die einschlägige nationale Regelung findet keine Anwendung, wenn und soweit dadurch die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts vereitelt oder beeinträchtigt würde.111 Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts kann nur dadurch beseitigt werden, daß der Gesetzgeber Sec. 2 des European Communities Act aufhebt oder abändert, was allerdings gleichbedeutend mit einem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union wäre.112


111 Factortame v. Secretary of State for Transport (No. 2) [1991] 1 AC 603 659 HL (Lord Bridge): "Under the terms of the 1972 Act it has always been clear that it was the duty of a United Kingdom Court, when delivering final judgement, to override any rule of national law found to be in conflict with any directly enforceable rule of Community law".

112 [...]

Anmerkungen

Grote wird hier gleich viermal in den Fußnoten erwähnt, aber nicht kenntlich gemacht, dass der gesamte Seitentext mit leichten Änderungen aus Grote übernommen wird.

Sichter
SleepyHollow02


[10.] Rm/Fragment 217 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-02-22 08:21:37 Numer0nym
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
PlagProf:-)
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 217, Zeilen: 1-25
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 334, 335, Zeilen: S. 334: 20ff, S. 335: 1ff
[Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts könnte nur dadurch beseitigt werden, dass der Gesetzgeber s. 2 des European Communities Act 1972 aufhebt oder abändert, was] gleichbedeutend mit einem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union wäre.1234

Weniger einschneidend fällt die Konzeption der Canadian Charter of Rigths [sic!] and Freedoms aus, die integraler Bestandteil der kanadischen Bundesverfassung von 1982 ist.1235 Die in der Charter garantierten Grundrechte binden grundsätzlich auch den Gesetzgeber; dieser kann jedoch nach s. 33 (1) der Charter durch ausdrückliche Regelung im jeweiligen Gesetz bestimmen, dass die Vorschriften des Gesetzes ungeachtet ihrer möglichen Unvereinbarkeit mit den Bestimmungen der Charter Anwendung finden sollen (sog. notwithstanding-clause). Das kanadische Parlament hat damit die Möglichkeit, sich seiner Bindung an die Grundrechte zu entziehen, wenn es seinen Willlen [sic!] dahingehend ausdrücklich kundgetan hat. Dies dürfte in der Praxis oftmals schwierig sein.1236

Als weiteres Inkorporierungsmodell wurde die neuseeländische Bill of Rights 1990 herangezogen.1237 Diese lässt die parlamentarische Entscheidungsfreiheit weitgehend unberührt, da sie lediglich eine Auslegungsklausel enthält, wonach alle Gesetze in Übereinstimmung mit der Bill of Rigths [sic!] auszulegen sind, soweit dies möglich ist.1238 Der Gesetzgeber kann sich hiernach auch konkludent über die in der Bill of Rights verbrieften Recht hinwegsetzen, soweit die entsprechenden gesetzlichen Regelungen eindeutig genug gefasst sind.1239

Die potentiellen Auswirkungen der diskutierten Inkorporierungsmodelle auf das Prinzip der Parlamentssouveränität sind sehr unterschiedlich. Eine Inkorporierung nach dem Vorbild des European Communities Act 1972 hätte den Gerichten die Möglichkeit zu einer weitgehenden inhaltlichen Kontrolle der vom Parlament verabschiedeten Gesetze ermöglicht. Die Parlamentssouveränität wäre - aufgrund des parlamentarischen Letztentscheidungsrecht [sic!] - formell unan[getastet geblieben.1240]


1234 Vgl. Bradley in: Jowell / Oliver, The Changing Constitution, 79 (97).

1235 Vgl. Penner, P.L. 1996, 107.

1236 Bis in das Jahr 1996 hat das Bundesparlament von dieser Klausel allerdings noch keinen Gebrauch gemacht; vgl. Penner, P.L. 1996, 107 (110).

1237 Vgl. a.a.O. (FN 1227), 9 f. (para 2.11).

1238 S. 5 des New Zealand Bill of Rgihts [sic!] Acts 1990 lautet (zit. nach Grote, ZAÖV 1998, 309 (335), FN 115): „Wherever an enactment can be given a meaning that is consistent with the rights and freedoms contained in this Bill of Rights that meaning shall be preferred to any other meaning."

1239 Vgl. Grote, ZAÖV 1998, 309 (335).

Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts kann nur dadurch beseitigt werden, daß der Gesetzgeber Sec. 2 des European Communities Act aufhebt oder abändert, was allerdings gleichbedeutend mit einem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union wäre.112

Weniger einschneidend fällt die Beschränkung der Handlungsfreiheit des Parlaments (d.h. des Bundesparlaments und der Provinzparlamente) im Falle der Canadian Charter of Rights and Freedoms aus, die integraler Bestandteil der kanadischen Bundesverfassung von 1982 ist.113 Die in der Charter garantierten Grundrechte binden grundsätzlich auch den Gesetzgeber. Nach Sec. 33(1) der Charter besitzt er jedoch die Möglichkeit, durch ausdrückliche Regelung im Gesetz zu bestimmen, daß die Vorschriften des Gesetzes ungeachtet ihrer möglichen Unvereinbarkeit mit den Bestimmungen der Charter Anwendung finden sollen (sog. notwithstanding-clause). Dem Parlament wird in dieser Variante also das Recht eingeräumt, seine Bindung an die Grundrechte punktuell außer Kraft zu setzen, unter der Voraussetzung, daß es seinen dahingehenden Willen ausdrücklich kund-

[Seite 335]

tut, eine Voraussetzung, deren Erfüllung in der Praxis politisch schwierig sein kann.114

Die parlamentarische Entscheidungsfreiheit weitgehend unberührt läßt hingegen die dritte Lösung, die in der Aufnahme einer Auslegungsklausel in die Bill of Rights besteht, wonach alle Gesetze in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Bill of Rights auszulegen sind, soweit dies möglich ist. Diesem Ansatz folgt die neuseeländische Bill of Rights von 1990.115 Der Gesetzgeber kann sich danach auch konkludent über die in der Bill of Rights verbrieften Rechte hinwegsetzen, soweit die entsprechenden gesetzlichen Regelungen eindeutig genug gefaßt sind.

In der britischen Inkorporierungsdiskussion spielten alle vorstehend genannten Modelle eine Rolle. Ihre potentiellen Auswirkungen auf das Prinzip der Parlamentssouveränität waren freilich von sehr unterschiedlichem Gewicht. Eine Inkorporierung nach dem Vorbild des European Communities Act 1972 hätte den Gerichten die Möglichkeit zu einer weitgehenden inhaltlichen Kontrolle der vom Parlament verabschiedeten Gesetze eröffnet. Die Parlamentssouveränität wäre zwar - aufgrund des parlamentarischen Letztentscheidungsrechts über die Fortgeltung des Inkorporierungsgesetzes - formell unangetastet geblieben, ihre Ausübung in der Praxis indes, wie die Factortame-Rechtsprechung116 zeigt, nachhaltig eingeschränkt worden.


112 A.W. Bradley, The Sovereignty of Parliament – in Perpetuity?, in: Jowell/Oliver (Anm. 11), 79, 97.

113 Roland Penner, The Canadian Experience with the Charter of Rights: Are there Lessons for the United Kingdom?, Public Law 1996, 107.

114 Das Bundesparlament hatte bis 1996 von der Klausel noch keinen Gebrauch gemacht, vgl. Penner (Anm. 113), 110.

115 Sec. 5 New Zealand Bill of Rights Act 1990: "Wherever an enactment can be given a meaning that is consistent with the rights and freedoms contained in this Bill of Rights that meaning shall be preferred to any other meaning."

116 [...]

Anmerkungen

Korrekt als Übernahme von Grote ausgewiesen wird hier das Zitat in Fußnote 1238. Ein weiterer "Vgl."-Verweis auf Grote in Fußnote 1239 lässt nicht erahnen, dass, von einigen Änderungen im Wortlaut abgesehen, die gesamte Seite von Grote stammt.

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[11.] Rm/Fragment 218 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-02-22 08:21:54 Numer0nym
Fragment, Gesichtet, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop, Verschleierung

Typus
Verschleierung
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Gesichtet
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Untersuchte Arbeit:
Seite: 218, Zeilen: 1-19
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 335-337, Zeilen: S. 335: 15 ff., S. 336: 10 ff., S. 337: 1-2.
[Die Parlamentssouveränität wäre - aufgrund des parlamentarischen Letztentscheidungsrecht [sic!] - formell unan]getastet geblieben.1240 Gleichwohl wäre die parlamentarische Entscheidungsfreiheit in der Praxis, wie die Factortame-Rechtsprechung1241 belegt, nachhaltig eingeschränkt worden. Auf der anderen Seite hätte eine Inkorporierung nach dem neuseeländischen Modell keine weitergehende Einschränkung des Westminster Parlaments gebracht, als sie bereits nach dem geltenden Recht bestand, das bei gesetzlichen Vorschriften, die mehrere Auslegungsmöglichkeiten zulassen, eine EMRK-konforme Auslegung vorsah.


V. Der Human Rights Act 1998

Letztendlich entschied man sich für einen Mittelweg, der zwischen der Konzeption im Sinne von s. 2 European Communties Act 1972 und dem neuseeländischen Modell liegt. Die von der Labour-Regierung unter Tony Blair im Oktober 1997 im House of Lords eingebrachte Human Rights Bill, trat nach der Verabschiedung durch beide Häuser (House of Lords und House of Commons) in England am 2.10.2000, in Schottland aufgrund des Scotland Act 1998 bereits am 1.07.1999 in Kraft.1242 Ziel des Human Rights Act 1998 ist es, die innerstaatliche Wirksamkeit der Konvention zu verbessern1243 und den Bürgern im Vereinigten Königreich denselben Schutz der Konventionsrechte vor den britischen Gerichten zu verleihen, den sie bisher bereits vor den Straßburger Organen genossen.1244 Die Entscheidung, die EMRK zur Grundlage des ersten [modernen Grundrechtskatalogs der britischen Verfassungsgeschichte1245 zu machen, wird in den begleitenden Motiven der Regierung (white paper) mit dem Hinweis auf die Rolle Großbritanniens bei der Entstehung der Konvention und die Vertrautheit der Bevölkerung mit den dort garantierten Rechten begründet.1246]


1240 Vgl. a.a.O. (FN 1239).

1241 Vgl. Factortame Ltd. v. Secretary of State for Transport [1990] 2 A.C., 85 (H.L.); Factortame v. Secretary of State for Transport (No. 2) [1991] 1 A.C., 603 (H.L.).

1242 Vgl. Human Rights Act 1998: (= 1998, c. 42; http://www.legislation.hmso.gov.uk/acts/acts1998/19980042.htm); vgl. Scotland Act 1998: (= 1998, c. 46; http://www.legislation.hmso.gov.uk/act/act1998/19980046.htm); Lord Hardie, St.L.R. (1999), vol. 20, no. 3, 210 ff; Megarry / Wade / Harpum, Preface (viii); Smith, S.J. 2000, 796 f.

1243 Vgl. die Erläuterungen von Lord Chancellor Irvine in den Anschlussberatungen des House of Lords, H.L. Official Report, 18 November 1997, col. 478.

1244 Vgl. die Begründung des Gesetzesentwurfs von Innenminister Straw in der zweiten Lesung des Unterhauses, H.C. Official Report, 16 February 1998, vol. 770: „The rights, originally developed by Britain, are no longer seen as British, and enforcing them takes too long and costs far too much on average five years and 30,000 to get an action into the European Court at Strasbourg once all domestic remedies have been exhausted. Bringing these rights home will mean that British people will be able to argue for their rights in the British courts, without inordinate delay and cost. It will also mean that the rights will be brought home more fully into the jurisprudence of the courts throughout the United Kingdom, and their interpretation will thus be far more woven into our common law."

Die Parlamentssouveränität wäre zwar - aufgrund des parlamentarischen Letztentscheidungsrechts über die Fortgeltung des Inkorporierungsgesetzes - formell unangetastet geblieben, ihre Ausübung in der Praxis indes, wie die Factortame-Rechtsprechung116 zeigt, nachhaltig eingeschränkt worden. Andererseits hätte eine Inkorporierung nach dem Muster der neuseeländischen Bill of Rights keine weitergehende Einschränkung der Handlungsfreiheit des Gesetzgebers dargestellt, als sie bereits nach dem geltenden Recht bestand, das bei gesetzlichen Vorschriften, die mehrere Interpretationsmöglichkeiten zulassen, eine Auslegung im Einklang mit den nach der Konvention bestehenden völkerrechtlichen Verpflichtungen vorsieht.


[Seite 336]

VI. Die Konzeption des Regierungsentwurfs zur Inkorporierung der EMRK

Die von der Regierung im Oktober 1997 im House of Lords eingebrachte Human Rights Bill, die nach ihrer Verabschiedung durch das Parlament voraussichtlich im Herbst 1998 als Human Rights Act 1998121 in Kraft treten wird, knüpft weitgehend an die von der Labour Party in der vorangegangenen Legislaturperiode erarbeiteten Vorschläge zur Inkorporierung der EMRK in das britische Recht an. Das Ziel des Entwurfs besteht darin, die innerstaatliche Wirksamkeit der Konvention zu verbessern122 und den Bürgern des Vereinigten Königreichs denselben Schutz ihrer Konventionsrechte vor den britischen Gerichten zu gewährleisten, den sie bisher bereits vor den Straßburger Organen genossen.123 Die Entscheidung, die EMRK zur Grundlage des ersten modernen Grundrechtskatalogs der britischen Verfassungsgeschichte124 zu machen, wird in dem begleitenden white paper mit dem Hinweis auf die Rolle Großbritanniens bei der Entstehung

[Seite 337]

der Konvention und die Vertrautheit der Bevölkerung mit den dort garantierten Rechten begründet.125


116 Factortame Ltd. v. Secretary of State for Transport [1990] 2 AC 85 HL; Factortame v. Secretary of State for Transport (No. 2) [1991] 1 AC 603 HL.

118 Ibid., 199.

119 Vgl. Zander (Anm. 82), 35.

120 Jack Straw / Paul Boateng, Bringing Rights Home: Labour's Plans to Incorporate the European Convention on Human Rights into U.K. Law, EHRLR 1997, 75.

121 Sec. 22 (1) Human Rights Bill. Der Gesetzentwurf wird im folgenden in der von der Regierung im House of Lords eingebrachten Fassung zitiert (HL Bill 38).

122 Die Regierung geht dabei davon aus, daß die Konvention bereits bisher eine - eingeschränkte, siehe oben III. - innerstaatliche Wirkung entfaltet hat, wie bereits der volle Titel des Gesetzes zeigt: An Act to give further effect to rights and freedoms guaranteed under the European Convention of Human Rights ... (Hervorh. des Verf.). Vgl. hierzu die Erläuterung von Lord Chancellor Irvine in den Ausschußberatungen des House of Lords, HL Official Report, 18 November 1997, col. 478.

123 Vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs von Innenminister Straw in der Zweiten Lesung des Unterhauses, HC Official Report, 16 February 1998, vol. 770: "The rights, originally developed by Britain, are no longer seen as British, and enforcing them takes far too long and costs far too much - on average five years and 30,000 to get an action into the European Court at Strasbourg once all domestic remedies have been exhausted. Bringing these rights home will mean that the British people will be able to argue for their rights in the British courts, without inordinate delay and cost. It will also mean that the rights will be brought much more fully into the jurisprudence of the courts throughout the United Kingdom, and their interpretation will thus be far more woven into our common law."

124 Vgl. die Erklärung von Innenminister Straw im House of Commons vom 16.2.1998, HC Official Report, col. 769.

Anmerkungen

Grote wird auf dieser Seite nicht erwähnt. In dem Zitat in Fußnote 123 lässt Grote gegenüber dem Original versehentlich das £-Zeichen vor der Summe aus. Rm übernimmt diese Auslassung und fügt drei weitere Übertragungsfehler hinzu: Auslassung der Wörter "far" (too long) und "the" (British people), Veränderung von "much more fully" in "home more fully".

Aus den "Ausschußberatungen" im House of Lords (Grote, Fußnote 122) werden in der Übernahme "Anschlussberatungen" (Fußnote 1243)

Sichter
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[12.] Rm/Fragment 219 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-05-03 16:52:57 Numer0nym
Fragment, Gesichtet, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop, Verschleierung

Typus
Verschleierung
Bearbeiter
PlagProf:-)
Gesichtet
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Untersuchte Arbeit:
Seite: 219, Zeilen: 1-28
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 336, 337, Zeilen: S. 336: 19 ff., S. 337: 1 ff.
[Die Entscheidung, die EMRK zur Grundlage des ersten] modernen Grundrechtskatalogs der britischen Verfassungsgeschichte1245 zu machen, wird in den begleitenden Motiven der Regierung (white paper) mit dem Hinweis auf die Rolle Großbritanniens bei der Entstehung der Konvention und die Vertrautheit der Bevölkerung mit den dort garantierten Rechten begründet.1246


1. Der Umfang der inkorporierten Konventionsrechte

Gemäß s. 1 (1) des Human Rights Acts 1998 sind Artt. 2-12, Artt. 1-3 des ersten Protokolls sowie Artt. 1 und 2 des sechsten Protokolls i.V.m. Artt. 16-18 EMRK innerstaatlich verbindlich. Die vom Vereinigten Königreich gemäß Art. 15 EMRK vorgenommene Aussetzung der Anwedung [sic!] des Art. 5 III EMRK im Hinblick auf die Inhaftierung mutmaßlicher Terroristen wird bis auf weiteres aufrechterhalten.1247 Gemäß s. 16 (l)-(3) soll sie indes nach Ablauf von fünf Jahren seit dem Inkrafttreten des Human Rights Act 1998 automatisch ihre Wirksamkeit verlieren, wenn sie nicht von dem zuständigen Minister mit Zustimmung der Lords und Commons für eine weitere Frist von fünf Jahren verlängert wird; dasselbe Erfordernis gilt auch für weitere Maßnahmen der Regierung, mit denen Konventionsrechte gemäß Art. 15 EMRK vorübergehend außer Kraft gesetzt werden.

Der Human Rights Act 1998 inkorporiert indes nicht Art. 13 EMRK, der das Recht auf eine rechtsschutzwirksame Beschwerdemöglichkeit vor den nationalen Instanzen im Falle der Verletzung von Konventionsrechten regelt. Zur Begründung führt die Regierung an, dass die in s. 8 aufgeführten Rechtsbehelfe ausreichend seien. Gemäß s. 8 sind die britischen Gerichte ermächtigt, im Falle eines festgestellten Verstoßes gegen die EMRK unter den nach den einschlägigen Prozessvorschriften zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfen (judicial remedies) dasjenige zu wählen, das den Umständen nach zur Abhilfe geeignet und angemessen erscheint. Eine Rechtsschutzlücke, die eines Rückgriffes auf Art. 13 EMRK bedürfe, sei demnach nicht vorstellbar.1248


1245 Vgl. die Erklärung von Innenminister Straw im House of Commons vom 16.02.1998, H.C. Official Report, col. 769. - Die Bill of Rights 1689 regelte das Verhältnis zwischen Parlament und Krone von Grund auf neu. Sie enthielt jedoch im dem Sinne keine Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat (vgl. oben § 1 A. I.)

1246 Vgl. Rights Brought Home (a.a.O., FN 1227), 4 (paras 1.2, 1.3).

1247 Vgl. a.a.O. (FN 1227), 16 (para 4.3).

1248 Vgl. die Stellungnahme von Lord Chancellor Irvine im House of Lords vom 18.11.1997, H.L. Official Report, cols. 477, 488.

Die Entscheidung, die EMRK zur Grundlage des ersten modernen Grundrechtskatalogs der britischen Verfassungsgeschichte124 zu machen, wird in dem begleitenden white paper mit dem Hinweis auf die Rolle Großbritanniens bei der Entstehung


[Seite 337]

der Konvention und die Vertrautheit der Bevölkerung mit den dort garantierten Rechten begründet.125

1. Umfang der inkorporierten Konventionsrechte

Der Gesetzentwurf der Regierung sieht die innerstaatliche Verbindlichkeit der in Art. 2-12 und Art. 14 sowie in Art. 1-3 des Ersten Protokolls i.V.m. Art. 16 bis 18 EMRK garantierten Rechte vor.126 Die vom Vereinigten Königreich nach dem Urteil des Gerichtshofes für Menschenrechte in der Rechtssache Brogan gemäß Art. 15 vorgenommene Aussetzung der Anwendung des Art. 5 Abs. 3 EMRK im Hinblick auf die Inhaftierung mutmaßlicher nordirischer Terroristen wird bis auf weiteres aufrechterhalten.127 Sie soll jedoch nach Ablauf von fünf Jahren seit dem Inkrafttreten des Human Rights Act 1998 automatisch ihre Wirksamkeit verlieren, wenn sie nicht zuvor vom zuständigen Minister mit Zustimmung beider Kammern des Parlaments für eine weitere Frist von fünf Jahren verlängert wird. Dasselbe Erfordernis einer periodischen Erneuerung im Abstand von fünf Jahren soll auch für weitere Maßnahmen gelten, mit denen die Regierung künftig Konventionsrechte nach Art. 15 EMRK vorübergehend außer Kraft setzt.128

Nicht zu den inkorporierten Rechten gehört Art. 13 EMRK, der das Recht auf eine wirksame Beschwerdemöglichkeit vor den nationalen Instanzen im Falle der Verletzung einer Konventionsgarantie regelt. Der Grund hierfür liegt darin, daß Art. 8 des Gesetzentwurfs (dazu noch unten 3.) die britischen Gerichte ermächtigt, im Falle einer festgestellten Konventionsrechtsverletzung unter den nach den einschlägigen prozessualen Vorschriften zur Verfügung stehenden remedies dasjenige zu wählen, das den Umständen nach zur Abhilfe geeignet und angemessen erscheint. Die danach in Betracht kommenden Rechtsbehelfe decken nach Auffassung der Regierung alle denkbaren Fälle einer Konventionsrechtsverletzung ab. Eine Rechtsschutzlücke, die durch einen unmittelbaren Rückgriff auf Art. 13 EMRK geschlossen werden müßte, sei in diesem System nicht vorstellbar.129


124 Vgl. die Erklärung von Innenminister Straw im House of Commons vom 16.2.1998, HC Official Report, col. 769.

125 Rights Brought Home: The Human Rights Bill, Cm. 3782, paras. 1.2, 1.3.

126 Sec. 1 (1) Human Rights Bill.

127 Rights Brought Home (Anm. 125), para. 4.3.

128 Sec. 16 (l)-(3) Human Rights Bill.

129 Stellungnahme von Lord Chancellor Irvine im House of Lords vom 18.11.1997, HL Official Report, cols. 477, 478.

Anmerkungen

Kein Verweis auf Grote.

Sichter
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[13.] Rm/Fragment 220 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-05-04 10:08:56 Numer0nym
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
PlagProf:-)
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 220, Zeilen: 1-25
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 337, 338, Zeilen: S. 337: 27ff, S. 338: 1ff
Die Ratifizierung des vierten Protokolls ist im Human Rights Act 1998 nicht vorgesehen. Insoweit will man abwarten, ob und inwieweit sich das in dem Protokoll garantierte Recht auf Einreise von Staatsangehörigen mit der vom Vereinigten Königreich praktizierten Anerkennung unterschiedlicher Kategorien von Staatsangehörigen vereinbaren lässt.1249 Die Regierung ratifizierte jedoch das erste Protokoll (Eigentumsschutz, Recht auf Bildung und freie Parlamentswahlen) sowie das sechste Protokoll (Abschaffung der Todesstrafe), die jeweils als Teil II (Part II) bzw. Teil III (Part III) in den Human Rights Act 1998 aufgenommen wurden.1250 Ferner plant die Regierung die Ratifizierung des siebten Protokolls, sobald die notwendigen Reformen umgesetzt sind, die das britische Ausländerrecht in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Protokolls bringen sollen.1251 Nach s. 1 (4) i.V.m. s. 20 (3) wird der zuständige Minister ermächtigt, im Falle der künftigen Ratifizierung von Zusatzprotokollen die Liste der durch das Inkorporierungsgesetz erfassten Konventionsrechte durch Verordnung (order), die die Zustimmung des Parlaments erfordert, zügig zu ergänzen.


2. Die Adressaten der Konventionsrechte

Die Adressaten der Konventionsrechte sind maßgeblich in s. 6 Human Rights Act 1998 geregelt. Hiernach ist jedes Verhalten der öffentlichen Stellen, das nicht in Einklang mit den Konventionsrechten steht, rechtswidrig:

It is unlawful for a public authority to act in a way which is incompatible with a Convention right.

Mit public authority sind in erster Linie die Ministerien und Verwaltungsbehörden gemeint, deren Hauptaufgabe in der Erfüllung öffentlicher Aufgaben liegt.1252 Adressaten der Konventionsrechte können jedoch gemäß s. 6 (3) (b), [(5) auch privatrechtliche Einrichtungen sein, deren Hauptaufgabe in der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben besteht, soweit ihr Tätigwerden mit der Erfüllung der ihnen übertragenen öffentlichen Funktionen in Zusammenhang steht.]


1249 Vgl. a.a.O. (FN 1227), 17 (para 4.11).

1250 Die Ratifizierung des sechsten Protokolls hatte die Regierung zunächst nicht vorgenommen, weil es sich bei dem Verbot der Todesstrafe nicht um ein grundlegendes Verfassungsprinzip, sondern um eine Frage handele, die von den Mitgliedern des Parlaments nach ihrem Gewissen entschieden werden müsse; das elfte Zusatzprotokoll wurde indes miterfasst;
vgl. a.a.O. (FN 1227), 17 f. (paras 4.12, 4.13);
vgl. auch http://195.50.95.181/lawtel/acts/acts1998/80042--e.htm.

1251 Vgl. a.a.O. (FN 1227), 18 (para 4.15).

1252 Vgl. Grote, ZAÖV 1998, 309 (338).

Im Hinblick auf das Vierte Protokoll wird eine Ratifizierung abgelehnt, solange nicht klar ist, ob und inwieweit sich das in dem Protokoll garantierte Recht auf Einreise von Staatsangehörigen mit der von Großbritannien praktizierten Anerkennung unterschiedlicher Kategorien von Staatsangehörigen vereinbaren läßt.130 Auch die Ratifizierung des Sechsten Protokolls wird nicht in Erwägung gezogen, da es sich


[Seite 338]

bei dem Verbot der Todesstrafe nicht um ein grundlegendes Verfassungsprinzip, sondern um eine Frage handele, die von den Mitgliedern des Parlaments nach ihrem Gewissen entschieden werden müsse.131 Dagegen ist die Ratifizierung des Siebten Protokolls geplant, sobald die notwendigen Reformen verwirklicht sind, die das nationale Ausländerrecht in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Protokolls bringen sollen.132 Dem zuständigen Minister wird das Recht eingeräumt, im Falle der künftigen Ratifizierung von Zusatzprotokollen die Liste der durch das Inkorporierungsgesetz erfaßten Konventionsrechte durch Verordnung, die der Zustimmung des Parlaments bedarf, zügig zu ergänzen.133


2. Adressaten der Konventionsrechte

Die maßgebliche Vorschrift zur Bestimmung des Umfangs der Bindungswirkung der Konventionsrechte im innerstaatlichen Recht findet sich in Sec. 6 der Human Rights Bill. Nach Sec. 6 (1) ist jedes Verhalten öffentlicher Stellen, das nicht im Einklang mit den Konventionsrechten steht, rechtswidrig: "It is unlawful for a public authority to act in a way which is incompatible with one or more of the Convention rights". Unter den Begriff der public authority fallen zunächst die Ministerien und Verwaltungsbehörden, deren Hauptaufgabe in der Erfüllung öffentlicher Aufgaben besteht.134 Entscheidend für die Anwendbarkeit der Konventionsrechte ist aber nicht die Organisationsform, sondern der materielle Charakter der wahrgenommenen Aufgabe. Adressat der Konventionsrechte sind danach auch solche Einrichtungen, die zwar privatrechtlich organisiert sind, aber (auch) öffentliche Aufgaben wahrnehmen, soweit ihr Tätigwerden mit der Erfüllung der ihnen übertragenen öffentlichen Funktion in Zusammenhang steht.135


130 Rights Brought Home (Anm. 125), para. 4.11.

131 Ibid., para. 4.13.

132 Ibid., para. 4.15.

133 Sec. 1 (4) i.V.m. Sec. 20 (3) Human Rights Bill.

134 Das white paper der Regierung nennt als Beispiele: Kommunalverwaltungen, Polizei, Einwanderungsbehörden, Gefängnisverwaltungen.

135 Sec. 6 (3) (c), (5) Human Rights Bill.

Anmerkungen

Grote wird lediglich in Fußnote 1252 als "Vgl." für die Bedeutung von public authority genannt. Tatsächlich ist die gesamte Seite im Gedankengang sowie weitgehend auch Wortlaut und Belegen von dort übernommen, auch wenn einzelne Informationen aktualisiert werden.

Sichter
SleepyHollow02


[14.] Rm/Fragment 221 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-02-22 08:22:41 Numer0nym
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop

Typus
BauernOpfer
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Untersuchte Arbeit:
Seite: 221, Zeilen: 1-28
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 338, 339, Zeilen: S. 338: 16 ff., S. 339: 1 ff.
[Adressaten der Konventionsrechte können jedoch gemäß s. 6 (3) (b),](5) auch privatrechtliche Einrichtungen sein, deren Hauptaufgabe in der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben besteht, soweit ihr Tätigwerden mit der Erfüllung der ihnen übertragenen öffentlichen Funktionen in Zusammenhang steht. Damit ist für den Begriff der public authority nicht die Organisationsform, sondern der materielle Charakter der wahrgenommenen Aufgabe maßgeblich.1253

Maßnahmen der kirchlichen Rechtsetzung können nach s. 21 (1) (d), (e) Human Rights Act 1998 Gegenstand einer richterlichen Unvereinbarkeitsfeststellung mit der EMRK sein. Gleichwohl sind die Kirchen grundsätzlich keine Adressaten der Konvention und können bei der Erfüllung ihrer Aufgaben, z.B. Trauungen und Auswahl von Lehrpersonal an kirchlichen Schulen, zu keinem Verhalten am Maßstab der EMRK verpflichtet werden, der mit ihren religiösen Überzeugungen nicht in Einklang steht.1254

Die Gerichte sind gemäß s. 6 (3) (a) Human Rights Act 1998 an die Konventionsrechte gebunden. Diese Bindung geht so weit, dass sie nicht nur auf die Tätigkeit der Gerichte in Verwaltungs- und Strafsachen beschränkt ist, sondern sämtliche Rechtsstreitigkeiten erfasst, selbst wenn sich solche ausschließlich zwischen Privaten abspielen. Eine Bindungswirkung der Gerichte an die EMRK ist daher auch vom Gesetzgeber gewollt, wenn es um die Anwendung von Grundsätzen des common law auf die Rechtsverhältnisse Privater untereinander geht.1255 Insoweit ist zugleich das Problem der „mittelbaren Drittwirkung“ der Konventionsrechte „über die Hintertür“ angesprochen, das in den Medien Befürchtungen ausgelöst hat, die Gerichte könnten unter Berufung auf Art. 8 EMRK ein im common law bislang nicht anerkanntes allgemeines Recht auf Achtung der Privatsphäre entwickeln, durch das die Freiheit der Berichterstattung von Presse und Rundfunk zu stark eingeschränkt würde.1256 Die Regierung hat diese Befürchtungen dadurch entkräftet, dass sie entsprechende Maßnahmen und Bestimmungen eingeführt hat, nach denen die Gerichte [verpflichtet sind, in Fällen in denen es um den Schutz der Privatsphäre geht, das besondere Gewicht der Meinungsfreiheit und das mögliche öffentliche Interesse an der ungehinderten Veröffentlichung journalistischer oder literarischer Stellungnahmen zu würdigen.]


1253 Diese Vorschriften sind insbesondere für solche Unternehmen relevant, die aufgrund der Privatisierung des Dienstleistungssektors seit 1979 Aufgaben im Bereich der Daseinsvorsorge (utilities) nunmehr privatrechtlich wahrnehmen.

1254 Vgl. die Erklärung des Innenministers Straw im House of Commons am 16.02.1998, H.C. Official Report, col. 779.

1255 Vgl. die Erklärung von Lord Chancellor Irvine, H.L. Official Report 24.11.1997, col. 783.

1256 Vgl. The Times, 12.02.1998, 1, “Blair to halt ‘back door’ privacy law”; 17.02.1998, 4, “Ministers’ [sic!] move to allay media fear [sic!] on privacy” (beides zit. nach Grote, ZAÖV 1998, 309 (339), FN 139).

Unter den Begriff der public authority fallen zunächst die Ministerien und Verwaltungsbehörden, deren Hauptaufgabe in der Erfüllung öffentlicher Aufgaben besteht.134 Entscheidend für die Anwendbarkeit der Konventionsrechte ist aber nicht die Organisationsform, sondern der materielle Charakter der wahrgenommenen Aufgabe. Adressat der Konventionsrechte sind danach auch solche Einrichtungen, die zwar privatrechtlich organisiert sind, aber (auch) öffentliche Aufgaben wahrnehmen, soweit ihr Tätigwerden mit der Erfüllung der ihnen übertragenen öffentlichen Funktion in Zusammenhang steht.135 Diese Vorschriften sind vor allem für Unternehmen von Bedeutung, die aufgrund der umfangreichen Privatisierung von Dienstleistungen des öffentlichen Sektors nach 1979 Aufgaben im Bereich der Daseinsvorsorge nunmehr in privatrechtlicher Rechtsform erfüllen (sog. utilities).136 Dagegen hat die Regierung im Verlauf der parlamentarischen Beratungen klargestellt, daß die Konventionsrechte nicht dazu benutzt werden dürfen, die christlichen Kirchen und anderen großen Religionsgesellschaften bei der Erfüllung der von ihnen wahrgenommenen seelsorgerischen, edukativen und sozialen Aufgaben, insbesondere bei der Vornahme von Trauungen und der Auswahl des Lehrpersonals an kirchlichen Schulen, zu einem Verhal-


[Seite 339]

ten zu verpflichten, das mit ihren religiösen Überzeugungen nicht in Einklang steht.137

Die Gerichte unterliegen ebenfalls der Bindung an die Konventionsrechte, wie Sec. 6 (3) der Human Rights Bill ausdrücklich klarstellt. Da diese Bindung nicht eingeschränkt wird, ist sie nicht auf die Tätigkeit der Gerichte in Verwaltungs- und Strafsachen beschränkt, sondern erstreckt sich grundsätzlich auch auf die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten zwischen Privaten. Lord Chancellor Irvine hat im Rahmen der Ausschußberatungen des House of Lords bestätigt, daß eine Bindung der Gerichte an die Konventionsrechte auch insoweit, als es um die Anwendung von common-law-Prinzipien auf die Rechtsverhältnisse Privater untereinander geht, beabsichtigt ist.138 Die darin liegende Sanktionierung einer "mittelbaren Drittwirkung" der Konventionsrechte hat in den Medien Befürchtungen ausgelöst, die Gerichte könnten in Anlehnung an Art. 8 EMRK ein im common law bisher nicht anerkanntes allgemeines Recht auf Achtung der Privatsphäre entwickeln, durch das die Freiheit der Berichterstattung von Presse und Rundfunk zu stark eingeschränkt würde.139 Die Regierung hat diesen Befürchtungen durch die Einfügung ergänzender Bestimmungen zu begegnen versucht, welche die Gerichte verpflichten, in Fällen, in denen es um den Schutz der Privatsphäre geht, das besondere Gewicht der Meinungsfreiheit und das mögliche öffentliche Interesse an der ungehinderten Veröffentlichung journalistischer oder literarischer Äußerungen zu berücksichtigen, und den Erlaß einstweiliger Anordnungen verbieten, mit der die Veröffentlichung einer Nachricht oder Meinung untersagt wird, ohne daß dem verantwortlichen Redakteur oder Verlag zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird.140


134 Das white paper der Regierung nennt als Beispiele: Kommunalverwaltungen, Polizei, Einwanderungsbehörden, Gefängnisverwaltungen.

135 Sec. 6 (3) (c), (5) Human Rights Bill.

136 Rights Brought Home (Anm. 125), para. 2.2.

137 Erklärung von Innenminister Straw im House of Commons am 16.2.1998, HC Official Report, col. 779. Das House of Lords fügte einen ausdrücklichen Zusatz dieses Inhalts in Sec. 6 ein. Ferner sollen kirchliche Gerichte nach einer ebenfalls aufgrund der Diskussionen im House of Lords eingefügten Klarstellung bei der Ausübung ihrer von den Parlamenten anerkannten, aber nicht begründeten Gerichtsbarkeit nicht an die Konventionsrechte gebunden sein, vgl. HL Official Report, 5 February 1998, col. 805. Maßnahmen der kirchlichen Rechtsetzung können jedoch Gegenstand einer gerichtlichen Unvereinbarkeitsfeststellung nach Sec. 4 sein, vgl. Sec. 21 (1) (d), (e) Human Rights Bill.

138 HL Official Report, 24.11.1997, col. 783.

139 Vgl. The Times, 12.2.1998, 1 ("Blair to halt 'back door' privacy law"); 17.2.1998, 4 ("Ministers move to allay media fears on privacy").

140 HC Official Report, 16 February 1998, col. 777.

Anmerkungen

Auf Grote wird nur für die in Fußnote 1256 genannten zwei Quellen verwiesen (dabei schleicht sich zudem eine kleine Ungenauigkeit ein). Tatsächlich wird Grote über die ganze Seite hinweg in geraffter Form und zum erheblichen Teil mit seinen eigenen Worten reproduziert.

Sichter
SleepyHollow02


[15.] Rm/Fragment 222 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2021-12-05 09:08:10 Numer0nym
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
Graf Isolan
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 222, Zeilen: 1-28 (komplett), 101, 105-106
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 339-340, Zeilen: S.339,16ff - S.340,1-12
[Die Regierung hat diese Befürchtungen dadurch entkräftet, dass sie entsprechende Maßnahmen und Bestimmungen eingeführt hat, nach denen die Gerichte] verpflichtet sind, in Fällen in [sic!] denen es um den Schutz der Privatsphäre geht, das besondere Gewicht der Meinungsfreiheit und das mögliche öffentliche Interesse an der ungehinderten Veröffentlichung journalistischer oder literarischer Stellungnahmen zu würdigen. Weiter hat sie den Erlass einstweiliger Anordnungen verboten, mit der die Veröffentlichung einer Nachricht oder Meinung untersagt wird, ohne dass dem verantwortlichen Redakteur oder Verlag zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird.1257

Die britischen Gerichte sind gemäß s. 2 (1) (a) - (d) Human Rights Act 1998 gehalten, bei der Entscheidung von Fragen im Zusammenhang mit der Auslegung und Anwendung der Konventionsrechte die Entscheidungspraxis der Straßburger Konventionsorgane1258 zu berücksichtigen (take into account). Die Urteile des Gerichtshofs sind jedoch nicht bindend, sie haben folglich nur „persuasive“, nicht „binding authority".1259

Hingegen ist das Westminster Parlament von der Bindung an die Konventionsrechte freigestellt.1260 Nach s. 6 (3), (4) Human Rights Act 1998 gilt dies allerdings nicht für das House of Lords, soweit es in seiner Eigenschaft als höchstes Gericht des Vereinigten Königreichs tätig wird. Die Entscheidungsfreiheit des Parlaments, der Grundsatz von der parliamentary sovereignty, verbleibt damit de iure unangetastet.

Die Regierung Blair hat sich damit gegen eine Inkorporierung entsprechend dem European Communities Act 1972 entschieden. Zur Begründung verweist man auf die unterschiedlichen Anforderungen, die Gemeinschaftsrecht bzw. die EMRK an das innerstaatliche Recht stellen. Der entscheidende Unterschied zur Inkorporierung des Gemeinschaftsrechts wird darin gesehen, dass die Gemeinschaftsverträge selbst in der Auslegung, die sie durch den Europäischen Gerichtshof erhalten haben, die unmittelbare Anwendung der hierzu geeigneten Vorschriften des primären und sekundären Gemeinschaftsrechts mit Vorrang vor entgegenstehendem nationalen Recht einschließlich des Verfassungs- und [Gesetzesrechts verlangen. Ein entsprechendes Erfordernis lasse sich aus der EMRK nicht ableiten.1261]


1257 Vgl. H.C. Official Report, 16.02.1998, col. 777.

1258 Diese sind gemäß s. 2 (1) (a) - (d) Human Rights Act 1998 der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, die Europäische Menschenrechtskommission sowie der Ministerausschuss.

1259 So dezidiert die Erklärung von Lord Chancellor Irvine am 18.11.1997 im House of Lords, H.L. Official Report, col. 514.

1260 Vgl. Grote, ZAÖV 1998, 309 (339 f.).

1261 Vgl. a.a.O. (FN 1227), 10 (para 2.12).

[Seite 339]

Die Regierung hat diesen Befürchtungen durch die Einfügung ergänzender Bestimmungen zu begegnen versucht, welche die Gerichte verpflichten, in Fällen, in denen es um den Schutz der Privatsphäre geht, das besondere Gewicht der Meinungsfreiheit und das mögliche öffentliche Interesse an der ungehinderten Veröffentlichung journalistischer oder literarischer Äußerungen zu berücksichtigen, und den Erlaß einstweiliger Anordnungen verbieten, mit der die Veröffentlichung einer Nachricht oder Meinung untersagt wird, ohne daß dem verantwortlichen Redakteur oder Verlag zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird.140

Bei der Entscheidung von Fragen im Zusammenhang mit der Auslegung und Anwendung der Konventionsrechte müssen die britischen Gerichte die Entscheidungspraxis der Straßburger Konventionsorgane berücksichtigen.141 Die Urteile des Gerichtshofs sind jedoch für sie nicht bindend, d. h. sie haben nur persuasive, nicht binding authority.142

Freigestellt von der Bindung an die Konventionsrechte ist das Parlament, mit Ausnahme des House of Lords, soweit es in seiner Eigenschaft als das höchste

[Seite 340]

Gericht des Vereinigten Königreichs tätig wird.143 Die Entscheidungsfreiheit des Parlaments (parliamentary sovereignty) bei der Ausübung seiner Gesetzgebungskompetenzen bleibt damit unangetastet. Die Regierung hat sich bewußt gegen eine Inkorporierung der Konventionsrechte nach dem Modell entschieden, das der European Communities Act 1972 für das Gemeinschaftsrecht verwirklicht. Der entscheidende Unterschied zur Inkorporierung des Gemeinschaftsrechts wird darin gesehen, daß die Gemeinschaftsverträge selbst in der Auslegung, die sie durch den Europäischen Gerichtshof erhalten haben, die unmittelbare Anwendung der hierzu geeigneten Vorschriften des primären und sekundären Gemeinschaftsrechts mit Vorrang vor entgegenstehendem nationalen Recht einschließlich des Verfassungs- und Gesetzesrechts verlangen. Ein entsprechendes Erfordernis lasse sich der EMRK nicht entnehmen.144


140 HC Official Report, 16 February 1998, col. 777.

141 Sec. 2 (1) Human Rights Bill.

142 Erklärung von Lord Chancellor Irvine am 18.11.1997 im House of Lords, HL Official Report, col. 514.

143 Sec. 6 (3), (4) Human Rights Bill.

144 Rights Brought Home (Anm. 125), para. 2.12.

Anmerkungen

Inhaltlich identisch (bis in die Fußnoten hinein); in weiten Passagen wörtlich übereinstimmend; keine adäquate Kennzeichnung der Übernahmen. Auf die Quelle wird in einer einzigen Fußnote (1260) mit Vgl. verwiesen; das lässt die Übernahme nicht ansatzweise erkennbar werden.

Sichter
(Graf Isolan), SleepyHollow02


[16.] Rm/Fragment 223 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-05-03 04:46:46 Numer0nym
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
Graf Isolan
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 223, Zeilen: 1-28 (komplett), 104-106
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 340-341, Zeilen: S.340,11-20.23-36.38 - S.341,1-7.10-15
Ein entsprechendes Erfordernis lasse sich aus der EMRK nicht ableiten.1261

3. Die innerstaatliche Durchsetzung der Konventionsrechte: Die „declaration of incompatibility“ als inzidente Gesetzesprüfung am Maßstab der EMRK?

Die innerstaatliche Durchsetzung der Konventionsrechte ist vor allem in ss. 3 und 8 Human Rights Act 1998 geregelt. S. 3 verpflichtet Gerichte und Behörden, Parlamentsgesetze (primary legislation) und die auf gesetzlicher Grundlage erlassenen Verordnungen und Satzungen (subordinate legislation) so weit wie möglich („so far as it is possible to do so“) in Übereinstimmung mit den Konventionsrechten zu interpretieren und anzuwenden. S. 3 ist damit eine Auslegungsvorschrift, die der Interpretationsklausel der New Zealand Bill of Rights 19901262 nachgebildet ist und die Probleme lösen soll, die sich aus der möglichen Konventionswidrigkeit im Zeitpunkt des Human Rights Act bereits erlassener gesetzlicher und untergesetzlicher Regelungen ergeben.1263 Sinn und Zweck von s. 3 ist die punktuelle Behebung der in der Behörden- und Gerichtspraxis konkret aufgetretenen Umsetzungsdefizite.1264 Eine Überprüfung aller bestehenden Gesetze und Verordnungen auf ihre Vereinbarkeit mit der EMRK kam aus Praktikabilitätsgründen von vornherein nicht in Betracht.

S. 3 vermeidet auch den Konflikt mit der doctrine of implied repeal1265, wonach der Gesetzgeber eine von ihm erlassene Vorschrift auch konkludent aufheben kann, indem er eine inhaltlich abweichende Regelung der Frage vornimmt, die bereits Gegenstand des früheren Gesetzes war.1266 Hätte man dieses Prinzip auf den Human Rights Act 1998 angewandt, so wären alle bisherigen gesetzlichen Vorschriften, die in Widerspruch zur EMRK stehen, außer Kraft gesetzt worden. Dies hätte zu erheblichen Problemen der Rechtssicherheit geführt. Aus diesem Grund stellt s. 33 klar, dass der EMRK entgegenstehendes innerstaatliches Recht nicht ohne weiteres null und nichtig ist, sondern die Behörden und Gerichte [zunächst gehalten sind, gesetzliche Vorschriften „soweit wie möglich“ EMRK-konform auszulegen.1267]


1261 Vgl. a.a.O. (FN 1227), 10 (para 2.12).

1262 Vgl. FN 1237-1239.

1263 Vgl. Grote, ZAÖV 1998, 309 (340).

1264 Vgl. Straw / Boateng, E.H.R.L.R. 1997, 75.

1265 Vgl. oben § 1 B. II.

1266 Vgl. Ellen Street Estates Ltd. v. Minister of the Health [1934] 1 K.B., 590 ff.

1267 Vgl. die Erläuterung von Lord Chancellor Irvine im House of Lords zu s. 3, H.L. Official Report, 18 November 1997, col. 509: „If [sic!] convention rights were themselves to constitute provisions of domestic United Kingdom law there would be obvious scope for confusion when the courts were obliged to give effect to legislation that predated the coming into force of the Human Rights Bill. That might give rise to the doctrine of implied repeal. That is a doctrine that can have no application because of the express terms of Clause 3".

[Seite 340]

Ein entsprechendes Erfordernis lasse sich der EMRK nicht entnehmen.144

3. Innerstaatliche Durchsetzung der Konventionsrechte

Die maßgeblichen Bestimmungen für die Durchsetzung der Konventionsrechte bei der Auslegung und Anwendung des innerstaatlichen Rechts sind in Sec. 3 und 8 der Human Rights Bill enthalten. Sec. 3 verpflichtet Gerichte und Behörden, Parlamentsgesetze (primary legislation) und die auf gesetzlicher Grundlage erlassenen Verordnungen und Satzungen (subordinate legislation) so weit wie möglich ("as far as it is possible to do so") in Übereinstimmung mit den Konventionsrechten zu interpretieren und anzuwenden. [...] Mit Hilfe dieser Interpretationsklausel, die der einschlägigen Regelung in der New Zealand Bill of Rights nachgebildet ist145, sollen die Probleme gelöst werden, die sich aus der möglichen Konventionsrechtswidrigkeit im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Human Rights Act bereits erlassener gesetzlicher und untergesetzlicher Regelungen ergeben. Zwei alternative Ansätze standen zur Diskussion: zum einen die Überprüfung aller bestehenden Gesetze und Verordnungen auf ihre Vereinbarkeit mit der Konvention und die systematische Behebung festgestellter Mängel vor der Inkorporierung; zum anderen die punktuelle Behebung der in der Behörden- und Gerichtspraxis nach der Inkorporierung konkret auftretenden Umsetzungsdefizite.146 Aus Praktikabilitätsgründen kam nur der zweite Ansatz ernsthaft in Betracht. Bei einer Inkorporierung der Konventionsrechte als solcher hätten sich im Rahmen dieses Ansatzes jedoch möglicherweise Schwierigkeiten im Hinblick auf die doctrine of implied repeal ergeben. Dieses in der Gerichtspraxis anerkannte Prinzip [...] besagt, daß der Gesetzgeber eine von ihm erlassene Vorschrift

[Seite 341]

auch konkludent aufheben kann, indem er eine inhaltliche abweichende Regelung der Fragen vornimmt, die bereits Gegenstand des früheren Gesetzes waren.147 Die Anwendung dieses Prinzips auf die Human Rights Bill hätte dazu führen können, daß mit Inkrafttreten der Bill alle bereits erlassenen gesetzlichen Vorschriften außer Kraft gesetzt worden wären, die zu den Konventionsrechten in Widerspruch stehen. Unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit wäre dies mit erheblichen Problemen verbunden gewesen, [...] Diese Schwierigkeiten werden durch die Interpretationsklausel der Sec. 3 der Human Rights Bill vermieden, die klarstellt, daß die Konventionsrechte entgegenstehendes innerstaatliches Recht nicht ohne weiteres verdrängen, sondern die Behörden und Gerichte zunächst einmal "lediglich" verpflichten, gesetzliche und untergesetzliche Vorschriften "soweit wie möglich" konventionsrechtskonform auszulegen.148


144 Rights Brought Home (Anm. 125), para. 2.12.

145 Vgl. Anm. 115.

146 Straw / Boateng (Anm. 120), 75.

147 Ellen Street Estates Ltd. v. Minister of Health [1934] 1 KB 590 CA.

148 So die Erläuterung der Vorschrift durch Lord Chancellor Irvine im House of Lords. "If ... convention rights were themselves to constitute provisions of domestic United Kingdom law there would be obvious scope for confusion when the courts were obliged to give effect to legislation that predated the coming into force of the Human Rights Bill. That might give rise to the doctrine of implied repeal. That is a doctrine that can have no application because of the express terms of Clause 3" (HL Official Report, 18 November 1997, col. 509).

Anmerkungen

Und weiter geht's: wenn auch leicht gekürzt, herrscht weiterhin inhaltliche Identität (bis in die Fußnoten hinein); in weiten Passagen wörtlich übereinstimmend; keine adäquate Kennzeichnung der Übernahmen. Auf die Quelle wird in einer einzigen Fußnote (diesmal 1263) mit Vgl. verwiesen; das lässt die Übernahme nicht ansatzweise erkennbar werden.

Sichter
(Graf Isolan), PlagProf:-)


[17.] Rm/Fragment 224 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-05-02 19:55:47 Numer0nym
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
PlagProf:-)
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 224, Zeilen: 1-27
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 341-342, Zeilen: S. 341: 18ff, S. 342: 1ff
[Aus diesem Grund stellt s. 33 klar, dass der EMRK entgegenstehendes innerstaatliches Recht nicht ohne weiteres null und nichtig ist, sondern die Behörden und Gerichte] zunächst gehalten sind, gesetzliche Vorschriften „soweit wie möglich“ EMRK-konform auszulegen.1267 Gemäß s. 3 (2) (a) gilt dies sowohl für bereits in Kraft getretene als auch für künftige Regelungen.

Ist eine konventionskonforme Auslegung jedoch nicht möglich, so ist zwischen Parlamentsgesetzen (primary legislation) und untergesetzlichem Recht (subordinate legislation) zu unterscheiden. Untergesetzliche Vorschriften, die gegen die EMRK verstoßen, können die Gerichte im Rahmen der ihnen im Verfahren des judicial review an die Hand gegebenen Abhilfebefugnisse (remedial powers) für nichtig erklären.1268 Dies gilt jedoch nicht, sofern das zugrundeliegende Ermächtigungsgesetz die Aufhebung der auf seiner Grundlage erlassenen Vorschrift ausschließt.1269 Aufgrund des Grundsatzes von der Parlamentssouveränität kommt hier - ebenso wie hinsichtlich des Ermächtigungsgesetzes - keine materielle Gesetzeskontrolle mit Verwerfungskompetenz in Betracht. Gleichwohl billigt s. 4 (4), (6) den Gerichten eine Prüfungskompetenz am Maßstab der EMRK zu und verschafft ihnen zudem die Möglichkeit, in ihrer Entscheidung eine förmliche Feststellung über die Unvereinbarkeit der betreffenden Vorschriften mit der Konvention (declaration of incompatibility) zu treffen. Diese Feststellung ist deklaratorisch und entfaltet nach s. 4 (6) keine Rechtswirkungen; sie lässt die Wirksamkeit der für konventionsrechtswidrig erklärten Vorschrift unberührt und begründet auch keine rechtliche Verpflichtung für das Westminster Parlament, die vom Gericht festgestellten Mängel zu beheben.1270 Gleichwohl gesteht die Regierung in ihrem white paper zu, dass eine declaration of incompatibility Regierung und Parlament mit großer Wahrscheinlichkeit (almost certainly) dazu veranlassen werde, die fragliche Bestimmung in Einklang mit der EMRK zu novellieren.1271 Zuständig für die Feststellung der Konventionsrechtswidrigkeit sind nach s. 4 (5) (a)-(e) die Obergerichte1272, d.h. House of Lords, das Judicial Committee of the Privy Council, [der High Court und Court of Appeal (in England und Wales) bzw. der High Court of Justiciary und der Court of Session (in Schottland).]


1267 Vgl. die Erläuterung von Lord Chancellor Irvine im House of Lords zu s. 3, H.L. Official Report, 18 November 1997, col. 509: „If [sic!] convention rights were themselves to constitute provisions of domestic United Kingdom law there would be obvious scope for confusion when the courts were obliged to give effect to legislation that predated the coming into force of the Human Rights Bill. That might give rise to the doctrine of implied repeal. That is a doctrine that can have no application because of the express terms of Clause 3".

1268 Vgl. a.a.O. (FN 1227), 10 (para 2.15).

1269 Vgl. Grote, ZAÖV 1998, 309 (341).

1270 Vgl. die Erklärung von Innenminister Straw im House of Commons am 16.02.1998, H.C. Official Report, col. 774; weiterführend Lord Hardie, St.L.R. (1999), vol. 20, no. 3, 210 ff.

1271 Vgl. a.a.O. (Fn. 1227), 9 (para 2.10).

1272 Vgl. oben § 3 B. I.

Diese Schwierigkeiten werden durch die Interpretationsklausel der Sec. 3 der Human Rights Bill vermieden, die klarstellt, daß die Konventionsrechte entgegenstehendes innerstaatliches Recht nicht ohne weiteres verdrängen, sondern die Behörden und Gerichte zunächst einmal "lediglich" verpflichten, gesetzliche und untergesetzliche Vorschriften "soweit wie möglich" konventionsrechtskonform auszulegen.148 Diese Verpflichtung gilt sowohl im Hinblick auf die bereits in Kraft getretenen als auch für die künftig noch zu erlassenden Regelungen.149


In den Fällen, in denen eine konventionsrechtskonforme Auslegung nicht möglich ist, gelten unterschiedliche Regeln für die Parlamentsgesetze einerseits und die subordinate legislation andererseits. Konventionsrechtswidrige subordinate legislation kann grundsätzlich von den Gerichten im Rahmen der ihnen im Verfahren des judicial review zustehenden Abhilfebefugnisse (remedial powers) für nichtig erklärt werden.150 Etwas anderes gilt nur dort, wo das zugrundeliegende Ermächtigungsgesetz die Aufhebung der auf seiner Grundlage erlassenen Vorschriften ausschließt. Hier scheidet ebenso wie hinsichtlich des Ermächtigungsgesetzes selbst aufgrund des Prinzips der Parlamentssouveränität eine Nichtigerklärung durch die Gerichte aus.151 Sec. 4 der Human Rights Bill räumt den Gerichten jedoch in diesen Fällen das Recht ein, in ihrer Entscheidung eine förmliche Feststellung über die Unvereinbarkeit der betreffenden Vorschriften mit den Konventionsrechten zu treffen. Diese Feststellung entfaltet jedoch keine Rechtswirkungen. Sie läßt die Wirksamkeit der für konventionsrechtswidrig erklärten Vorschrift unberührt152 und begründet auch keine rechtliche Verpflichtung für den Gesetz-

[Seite 342]

geber, die vom Gericht festgestellten Mängel zu beheben,153 auch wenn die Regierung in ihrem white paper davon ausgeht, daß sie mit großer Wahrscheinlichkeit (almost certainly) Regierung und Parlament dazu veranlassen werde, die fragliche Bestimmung zu ändern.154 Die Feststellung der Konventionsrechtswidrigkeit ist den Obergerichten vorbehalten, d. h. dem House of Lords, dem Judicial Committee of the Privy Council dem High Court und dem Court of Appeal (in England, Wales und Nordirland) bzw. dem High Court of Justiciary und dem Court of Session (in Schottland).155


148 So die Erläuterung der Vorschrift durch Lord Chancellor Irvine im House of Lords. "If ... convention rights were themselves to constitute provisions of domestic United Kingdom law there would be obvious scope for confusion when the courts were obliged to give effect to legislation that predated the coming into force of the Human Rights Bill. That might give rise to the doctrine of implied repeal. That is a doctrine that can have no application because of the express terms of Clause 3" (HL Official Report, 18 November 1997, col. 509).

149 Sec. 3 (2) (a) Human Rights Bill.

150 Rights Brought Home (Anm. 125), para. 2.15.

151 Sec. 4 (4), (6) Human Rights Bill.

152 Sec. 4 (6) Human Rights Bill.

153 Erklärung von Innenminister Straw im House of Commons am 16.2.1998, HC Official Report, col. 774.

154 Rights Brought Home (Anm. 125), para. 2.10.

155 Sec. 4 (5) Human Rights Bill.

Anmerkungen

Fortsetzung von Fragment_223_01. Grote wird einmal (Fn 1269) als "Vgl." erwähnt.

Sichter
SleepyHollow02


[18.] Rm/Fragment 225 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-05-02 17:12:38 Numer0nym
Fragment, Gesichtet, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop, Verschleierung

Typus
Verschleierung
Bearbeiter
PlagProf:-)
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 225, Zeilen: 1-27
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 342-343, Zeilen: S. 342: 4 ff., S. 343: 1 ff.
[Zuständig für die Feststellung der Konventionsrechtswidrigkeit sind nach s. 4 (5) (a)-(e) die Obergerichte1272, d.h. House of Lords, das Judicial Committee of the Privy Council,] der High Court und Court of Appeal (in England und Wales) bzw. der High Court of Justiciary und der Court of Session (in Schottland). Die Schaffung eines besonderen Verfassungsgerichts, das mit der Zuständigkeit für Feststellungsentscheidungen über die Unvereinbarkeit von Gesetzen mit der EMRK hätte betraut werden können, ist im Human Rights Act 1998 nicht vorgesehen.1273 Dabei kann eine Unvereinbarkeitsfeststellung des High Court bzw. des Court of Appeal, [sic!] mit der Revision zum House of Lords angegriffen werden.1274 In Strafsachen gilt dies gemäß s. 5 (2), (4) nur für England, Wales und Nordirland, nicht jedoch für Schottland. Nach s. 5 (2) ist die Regierung in Kenntnis zu setzen, wenn ein Obergericht eine Unvereinbarkeitsfeststellung erwägt; sie kann dem anhängigen Rechtsstreit in jeder Lage des Verfahrens beitreten.


Hingegen unterliegt das neu geschaffene schottische Parlament gemäß s. 29 (2) (d) Scotland Act 1998 in vollem Umfang der Bindung an die Konventionsrechte. Hier besitzen die schottischen Obergerichte1275 und letztinstanzlich nach s. 103 Scotland Act 1998 das Judicial Committee of the Privy [sic!] die Befugnis, die vom schottischen Parlament beschlossenen Gesetze wegen Verletzung der Rechte aus der EMRK für nichtig zu erklären.1276

Gemäß s. 10 Human Rights Act 1998 ist der zuständige Fachminister im Rahmen eines beschleunigten Verfahrens (fast track procedure1277) - durch Verordnung (order in council1278) - berechtigt, sowohl primary als auch subordinate legislation entsprechend anzupassen, wenn es zu einer Unvereinbarkeitsfeststellung (declaration of incompatibility) nach s. 4 oder einer Verurteilung des Vereinigten Königreichs durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gekommen ist.

Beruht eine Konventionsrechtswidrigkeit nicht unmittelbar auf Gesetz, so können die Gerichte unter den ihnen zur Verfügung stehenden Grundsätzen des [common law und verfahrensrechtlichen Vorschriften diejenige Abhilfemöglichkeit wählen, die ihnen nach den Umständen des Falles am sachgerechtesten und angemessensten erscheinen.1279]


1273 Bereits das Konsultationspapier lehnte die Errichtung eines solchen Gerichts ab; siehe Straw / Boateng, E.H.R.L.R. 1997, 75 (79).

1274 Vgl. a.a.O. (FN 1189), 9 (para 2.9).

1275 Vgl. oben § 3 B. II.

1276 Vgl. oben § 6 C I.; so bereits das white paper (a.a.O., FN 1227), 11 f. (para 2.21).

1277 Vgl. dazu weiterführend Gordon / Ward, 12 ff.; Wadham / Mountfield, 53 ff.

1278 Man spricht hier von einer sog. „Heinrich VIII.-Ermächtigung“ (Henry VIII power), die in den parlamentarischen Debatten zur Human Rights Bill heftig umstritten war; vgl. dazu Lord Hardie, St.L.R. (1999), vol. 20, no. 3,210 (212 ff.).

Die Feststellung der Konventionsrechtswidrigkeit ist den Obergerichten vorbehalten, d. h. dem House of Lords, dem Judicial Committee of the Privy Council, dem High Court und dem Court of Appeal (in England, Wales und Nordirland) bzw. dem High Court of Justiciary und dem Court of Session (in Schottland).155 Von der Schaffung eines besonderen Verfassungsgerichts, bei dem die Zuständigkeit zu Feststellungsentscheidungen über die Unvereinbarkeit von Gesetzen mit den Konventionsrechten hätte konzentriert werden können, wurde hingegen abgesehen.156 Die Entscheidung des High Court oder des Court of Appeal, eine Unvereinbarkeitsfeststellung zu treffen oder nicht zu treffen, kann mit der Revision zum House of Lords angegriffen werden.157 Erwägt das Gericht, eine Unvereinbarkeitsfeststellung zu treffen, so ist die Regierung hiervon in Kenntnis zu setzen. Sie hat das Recht, dem anhängigen Rechtsstreit in jeder Lage des Verfahrens beizutreten.158


Eine abweichende Regelung gilt für das neu zu schaffende Regionalparlament in Schottland, das in vollem Umfang der Bindung an die Konventionsrechte unterliegen wird. Hier werden die Gerichte, in letzter Instanz der richterliche Ausschuß des Privy Council, auch die Befugnis besitzen, die vom schottischen Parlament beschlossenen Gesetze wegen Verletzung der Rechte aus der EMRK für nichtig zu erklären.159

Der Gesetzentwurf sieht ein beschleunigtes Verfahren für die Anpassung der Gesetzgebung vor, die durch eine Unvereinbarkeitsfeststellung nach Sec. 4 der Human Rights Bill oder durch eine Verurteilung des Vereinigten Königreichs vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte notwendig wird. Um unnötige Verzögerungen, wie sie sich aus einem vollen parlamentarischen Terminkalender ergeben können, zu vermeiden, wird dem zuständigen Minister das Recht eingeräumt, die erforderlichen Ergänzungen bzw. Korrekturen der Gesetzgebung durch Verordnung ("Order in Council") vorzunehmen.160

[Seite 343]

In den Fällen, in denen die Konventionsrechtswidrigkeit nicht unmittelbar auf Gesetz beruht, können die Gerichte unter den ihnen nach den einschlägigen verfahrensrechtlichen Regelungen und common-law-Prinzipien zur Verfügung stehenden Abhilfemöglichkeiten diejenige auswählen, die ihnen nach den Umständen des Falles als die sachgerechteste und angemessenste erscheint.


155 Sec. 4 (5) Human Rights Bill.

156 Bereits das Konsultationspapier hatte sich gegen die Errichtung eines solchen Gerichts ausgesprochen, s. Straw / Boateng (Anm. 120), 79.

157 Rights Brought Home (Anm. 125), para. 2.9.

158 Sec. 5 Human Rights Bill.

159 Rights Brought Home (Anm. 125), para. 2.21.

160 Sec. 10 Human Rights Bill.

Anmerkungen

Grote wird auf der ganzen Seite nicht erwähnt. Fortsetzung von Fragment_224_01.

Sichter
SleepyHollow02


[19.] Rm/Fragment 226 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-05-02 17:05:27 Numer0nym
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
Graf Isolan
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 226, Zeilen: 1-21
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 343-344, Zeilen: S.343,6-21.27-33 - S.344,1-3
[Beruht eine Konventionsrechtswidrigkeit nicht unmittelbar auf Gesetz, so können die Gerichte unter den ihnen zur Verfügung stehenden Grundsätzen des] common law und verfahrensrechtlichen Vorschriften diejenige Abhilfemöglichkeit wählen, die ihnen nach den Umständen des Falles am sachgerechtesten und angemessensten erscheinen.1279 Bei der inzidenten Normenkontrolle, also dem Verfahren des judicial review1280, kommt die Verpflichtung zur Ausübung einer Befugnis in Übereinstimmung mit der EMRK (mandamus), die Aufhebung der Verordnung oder eines Verwaltungsaktes wegen Verstoßes gegen die Konventionsrechte (certiorari) oder die schlichte Feststellung der Konventionsrechtswidrigkeit eines bestimmten Verhaltens der öffentlichen Gewalt (declaratory judgment) in Betracht.1281 Außerdem kann das Gericht dem in seinen Rechten Verletzten Schadensersatz nach s. 8 (2) zusprechen und muss dabei gemäß s. 8 (4) die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nach Art. 41 EMRK berücksichtigen. S. 9 (3) sieht indes eine Ausnahmeklausel für die in Art. 5 V EMKR vorgesehene Verpflichtung zum Schadensersatz für Fälle der Festnahme oder Inhaftierung unter Verstoß gegen die in Art. 5 normierten Verfahrensgarantien vor. S. 9 (3) enthält insoweit den Haftungsausschlusstatbestand der richterlichen Gutgläubigkeit. Eine Gewährung von Schadensersatz ist ebenfalls ausgeschlossen, wenn die Verletzung der Konventionsrechte unmittelbar auf Gesetz basiert. Für diese Fälle ist nur das Verfahren der erforderlichen Gesetzesanpassung nach s. 10 geregelt, nicht die Rehabilitierung der Personen, die durch den Verstoß gegen die EMRK konkrete Nachteile erlitten haben.1282

1279 Vgl. Grote, ZAÖV 1998, 309 (343).

1280 Vgl. Fordham, 9.

1281 Vgl. de Smith / Woolf / Jowell, Rdnr. 16-010 ff.

1282 Vgl. Grote, ZAÖV 1998, 309 (344).

[Seite 343]

In den Fällen, in denen die Konventionsrechtswidrigkeit nicht unmittelbar auf Gesetz beruht, können die Gerichte unter den ihnen nach den einschlägigen verfahrensrechtlichen Regelungen und common-law-Prinzipien zur Verfügung stehenden Abhilfemöglichkeiten diejenige auswählen, die ihnen nach den Umständen des Falles als die sachgerechteste und angemessenste erscheint. Im Verfahren des judicial review kommen insbesondere in Betracht die Verpflichtung zur Ausübung einer Befugnis in Übereinstimmung mit den Konventionsrechten (mandamus), die Aufhebung einer Verordnung oder eines Verwaltungsaktes wegen Verletzung der Konventionsrechte (certiorari) oder die schlichte Feststellung der Konventionsrechtswidrigkeit eines bestimmten Verhaltens der öffentlichen Gewalt (declaratory judgement).163 Daneben kann das Gericht dem in seinen Rechten Verletzten auch Schadensersatz zusprechen, soweit es über eine entsprechende Befugnis in zivilrechtlichen Streitigkeiten verfügt.164 Bei der Entscheidung darüber, ob und in welcher Höhe Schadensersatz zu gewähren ist, muß das Gericht die vom Gerichtshof für Menschenrechte für die Zubilligung einer gerechten Entschädigung nach Art. 41 EMRK165 entwickelten Grundsätze berücksichtigen.166 [...] Sie wurde daher im Zuge der Beratungen im House of Lords durch eine entsprechende Ausnahmeklausel ergänzt. Außerdem wurde das Erfordernis der richterlichen Gutgläubigkeit als Voraussetzung für den Haftungsausschluß hinzugefügt.168

Ebensowenig ist die Gewährung von Schadensersatz in den Fällen vorgesehen, in denen die Verletzung der Konventionsrechte unmittelbar auf Gesetz beruht. Für diesen Fall ist nur das Verfahren für die Durchführung der erforderlich

[Seite 344]

gewordenen Anpassung der Gesetzgebung geregelt, nicht jedoch die Rehabilitierung der Personen die durch die konventionsrechtswidrige Vorschrift bereits konkrete Nachteile erlitten haben.


163 Zu Voraussetzungen und Inhalt dieser Rechtsbehelfe im einzelnen vgl. de Smith / Woolf / Jowell (Anm. 27), Rdnr. 16-010ff.

164 Sec. 8 (2) Human Rights Bill.

165 Der Gesetzentwurf der Regierung folgt bereits der Artikelnumerierung, wie sie sich mit dem Inkrafttreten des Elften Zusatzprotokolls ergeben wird.

166 Sec. 8 (4) Human Rights Bill.

[...]

168 Sec. 9 (3) Human Rights Bill in der vom House of Lords beschlossenen Fassung lautet: [...]

Anmerkungen

Inhaltlich identisch; in weiten Passagen wörtlich übereinstimmend; die Abschnittsnummern entsprechen den Angaben in den ursprünglichen Fußnoten; keine adäquate Kennzeichnung der Übernahmen. Pro Seite der Quelle erfolgt genau ein Beleg.

Sichter
(Graf Isolan), SleepyHollow02


[20.] Rm/Fragment 227 07 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-05-02 10:20:37 Numer0nym
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
PlagProf:-)
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 227, Zeilen: 7-25
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 344, 345, Zeilen: 17 ff; 1
Gemäß s. 7 (7) ist der Begriff des „Opfers” im Sinne des Art. 34 EMRK zu verstehen. Dies bedeutet, dass die Aktivlegitimation enger gefasst ist als dies allgemein in Verfahren des judicial review nach s. 31 (3) Supreme Court Act 19811286 üblich ist. Hiernach ist für die Antragsbefugnis (standing) ausreichend, wenn der Beschwerdeführer ein ausreichendes Interesse (sufficient interest) am Streitgegenstand substantiiert vortragen kann. Die Rechtsprechung hat dies dahingehend ausgelegt, dass nicht nur die selbst und unmittelbar durch eine Exekutivmaßnahme betroffenen Bürger, sondern auch eine Organisation, die aufgrund ihrer Dauer und Ernsthaftigkeit als glaubwürdiger Sachwalter der Interessen der Allgemeinheit - z.B. in Fragen des Umweltschutzes oder der Entwicklungshilfe - gelten könne, in dem betreffenden Bereich über das notwendige standing verfügen.1287 Der letztgenannte Aspekt erinnert an die viel diskutierte Antragsbefugnis bei der Verbandsklage nach deutschen [sic!] Recht.1288 Die Einengung des Kreises potentieller Beschwerdeführer in s. 7 ist bei den parlamentarischen Beratungsdebatten teilweise stark kritisiert worden.1289

S. 7 erscheint jedoch sachgerecht, da die herkömmlichen Verfahren des judicial review schwerpunktmäßig eine objektive Rechtsmäßigkeitskontrolle1290 zum Gegenstand haben. Bei Verfahren, in denen die Kontrolle der Konventionsgemäßheit des Verhaltens der öffentlichen Gewalt im Mittelpunkt steht, basiert [dieser Ansatzpunkt hingegen auf dem Schutz subjektiver Rechte.1291]


1286 Zit. nach Grote (a.a.O., FN 1283).

1287 Vgl. R. v. Secretary of State for the Enviroment [sic!], ex parte Greenpeace Ltd. (No.2) [1994] 4 All E.R., 329 ff.; R. v. Secretary of State for Foreign and Commonwealth Affairs, ex parte World Development Movement Ltd. [1995] 1 All E.R., 617 ff.

1288 Vgl. Schwerdtfeger, Rdnr. 193.

1289 Vgl. H.L. Official Report, 24 November 1997, col. 823 ff.

1290 So geht es um die Einhaltung der dem Entscheidungsträger durch die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage gezogenen Grenzen; vgl. Secretary of State of [sic!] Foreign and Commonwealth Affairs, ex p. Wold [sic!] Development Movement Ltd. [1995] 1 All E.R., 617 (626) per Rose L.J.

Der Begriff des "Opfers" ist dabei im Sinne des Art. 25 EMRK zu verstehen.171 Damit wird die Aktivlegitimation enger gefaßt als dies allgemein in Verfahren des judicial review üblich ist. Sec. 3.1.(3) des Supreme Court Act 1991 läßt für die Antragsbefugnis (standing) in Verfahren des judicial review ausreichen, daß der Beschwerdeführer ein ausreichendes Interesse (sufficient interest) an dem Streitgegenstand nachweisen kann, und die Gerichte haben dies dahin ausgelegt, daß nicht nur die selbst und unmittelbar durch eine Exekutivmaßnahme betroffenen Bürger, sondern auch Organisationen, die aufgrund ihrer Dauer und Ernsthaftigkeit als glaubwürdige Sachwalter der Interessen der Allgemeinheit etwa in Fragen des Umweltschutzes oder der Entwicklungshilfe gelten können, in dem betreffenden Bereich über das notwendige standing verfügen.172 Die Einengung des Kreises der potentiellen Beschwerdeführer durch Sec. 7 der Human Rights Bill war bei den Beratungen im Parlament z. T. Gegenstand heftiger Kritik.173 Sie erscheint jedoch sachgerecht, wenn man bedenkt, daß es im herkömmlichen Verfahren des judicial review vom Ansatzpunkt her primär um eine objektive Rechtmäßigkeitskontrolle geht (nämlich um die Einhaltung der dem Entscheidungsträger durch die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage gezogenen Grenzen),174 während in den Verfahren, in denen die Überprüfung der Konventionsgemäßheit des Verhaltens der öffentlichen Gewalt im Mittelpunkt steht, der Schwerpunkt auf dem Schutz subjektiver


[Seite 345]

Rechte liegt.


171 Sec. 7 (6) Human Rights Bill.

172 R. v. Secretary of State for the Environment, ex p. Greenpeace Ltd. (no. 2) [1994] 4 All ER 329; R. v. Secretary of State for Foreign and Commonwealth Affairs, ex p. World Development Movement Ltd. [1995] 1 All ER 617.

173 HL Official Report, 24 November 1997, col. 823 ff.

174 Vgl. dazu die Ausführungen von Rose LJ in Secretary of State for Foreign and Commonwealth Affairs, ex p. World Development Movement Ltd. [1995] 1 All ER 617, 626.

Anmerkungen

Grote wird nur als Quelle für den Supreme Court Act 1981 genannt (Fn 1286).

Sichter
SleepyHollow02


[21.] Rm/Fragment 228 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-05-02 10:04:13 Numer0nym
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
Graf Isolan
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 228, Zeilen: 1-17
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 345, Zeilen: 1ff
[...]1291 Im Verfahren des judicial review wird daher in Zukunft mit zweierlei Maß gemessen werden: Geht es um den Schutz der Konventionsrechte, so gilt der enge Maßstab von s. 7. Bei der Kontrolle der objektiven Rechtmäßigkeit nicht unmittelbar grundrechtsrelevanter Maßnahmen der Exekutive findet hingegen die weiter gefasste Antragsbefugnis nach s. 31 (3) Supreme Court Act 1981 Anwendung.


4. Die präventiven Kontrollmechanismen

Darüber hinaus sieht s. 19 Human Rights Act 1998 präventive Kontrollmechanismen im Gesetzgebungsverfahren vor, um Verstöße gegen die Konvention bereits im Vorfeld auszuschließen. Zu diesem Zweck, [sic!] muss der zuständige Minister vor Beginn der zweiten Lesung des Gesetzesentwurfs gemäß s. 19 (1) (a) eine Erklärung des Inhalts abgeben, dass seiner Ansicht nach die Vorschriften in der Vorlage mit der EMRK vereinbar sind (statement of compatibility). Bestehen Zweifel an der Vereinbarkeit des Gesetzesentwurfs mit der Konvention, so hat der Minister nach s. 19 (1) (b) ausdrücklich zu erklären, dass die Regierung eine Beratung der Vorlage durch das Parlament wünscht, obwohl sie eine Vereinbarkeitserklärung nicht abgeben kann.


1291 So auch Grote, ZAÖV 1998, 309 (344 f.).

Im Rahmen des einheitlichen Verfahrens des judicial review werden künftig also unterschiedliche Anforderungen an die Antragsbefugnis gestellt werden, je nachdem, ob es um den Schutz der Konventionsrechte (enger Maßstab) oder um die Kontrolle der objektiven Rechtmäßigkeit nicht unmittelbar grundrechtsrelevanter Exekutivmaßnahmen (weiter Maßstab) geht.175


4. Präventive Kontrollmechanismen

Der Regierungsentwurf für die Inkorporierung der EMRK will darüber hinaus sicherstellen, daß die sich aus der Konvention ergebenden Anforderungen bereits im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens gebührend berücksichtigt werden, um mögliche Kollisionen zwischen den vom Parlament verabschiedeten Gesetzen und der Konvention möglichst von vornherein zu vermeiden. Zu diesem Zweck sieht der Entwurf vor, daß der zuständige Minister vor Beginn der Zweiten Lesung einer Gesetzesvorlage eine Erklärung des Inhalts abgibt, daß seiner Ansicht nach die Vorschriften in der Vorlage mit den Konventionsrechten vereinbar sind. Bestehen Zweifel an der Vereinbarkeit des Entwurfs mit der Konvention, muß der Minister ausdrücklich erklären, daß die Regierung eine Beratung der Vorlage durch das Parlament wünscht, obwohl sie eine Vereinbarkeitserklärung nicht abgeben kann.176


175 Pointiert zu der Möglichkeit der Anwendung unterschiedlicher Zulässigkeitsstandards innerhalb derselben Verfahrensart Lord Lester, HL Official Report, 24 November 1997, col. 827/828.

176 Sec. 19 Human Rights Bill.

Anmerkungen

Inhaltlich identisch; in weiten Passagen wörtlich übereinstimmend; keine adäquate Kennzeichnung der Übernahmen.

Sichter
(Graf Isolan), SleepyHollow02


[22.] Rm/Fragment 229 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-02-22 08:23:53 Numer0nym
Fragment, Gesichtet, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop, Verschleierung

Typus
Verschleierung
Bearbeiter
PlagProf:-)
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 229, Zeilen: 1-6
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 345, 346, Zeilen: S. 345: 24-27, S. 346: 12-13
[Die Möglichkeit der Schaffung einer Menschenrechts]kommission zu einem späteren Zeitpunkt wird jedoch ausdrücklich offen gelassen.1296 Hingegen schlägt das white paper der Regierung die zusätzliche Einrichtung eines besonderen parlamentarischen Ausschusses zur Untersuchung und Diskussion der mit der wirksamen Implementierung von Grundrechten zusammenhängenden Fragen (Parliamentary Committee on Human Rights) vor.1297

1296 Vgl. die Erklärung von Lord Chancellor Irvine im House of Lords vom 3.11.1997, H.L. Official Report, col. 1233.

1297 Weiterführend a.a.O. (FN 1227), 14 (paras 3.6, 3.7).

Das white paper der Regierung schlägt zusätzlich die Einrichtung eines besonderen parlamentarischen Ausschusses zur Untersuchung und Diskussion der mit der wirksamen Implementierung von Grundrechten zusammenhängenden Fragen vor.


[Seite 346]

Die Möglichkeit der Schaffung einer Menschenrechtskommission zu einem späteren Zeitpunkt wird jedoch ausdrücklich offen gehalten.180


180 Erklärung von Lord Chancellor Irvine im House of Lords vom 3.1.1.1997, HL Official Report, col. 1233.

Anmerkungen

Kein Verweis auf Grote. Marginale Umstellungen im Satzbau begründen keine nennenswerte eigene Leistung.

Sichter
SleepyHollow02


[23.] Rm/Fragment 239 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2022-02-22 08:24:05 Numer0nym
Fragment, Gesichtet, Grote 1998a, Rm, SMWFragment, Schutzlevel sysop, Verschleierung

Typus
Verschleierung
Bearbeiter
PlagProf:-)
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 239, Zeilen: 1-10
Quelle: Grote 1998a
Seite(n): 347, Zeilen: 1 ff., 38 ff.
Damit ist zugleich ein weiterer wesentlicher Aspekt angesprochen: Die britischen Obergerichte besitzen das Recht zur Unvereinbarkeitsfeststellung unabhängig davon, ob der Gesetzgeber die Konventionsrechte bewusst oder nur versehentlich nicht beachtet hat. Die formelle Wahrung des Grundsatzes von der Parlamentssouveränität vermag daher nicht darüber hinwegzutäuschen, dass den Gerichten durch den Human Rights Act 1998 - ähnlich wie schon durch s. 2 (1) European Communities Act 1972 - eine Funktion übertragen wird, die durch die Anerkennung der parliamentary sovereignty eigentlich gerade verhindert werden soll, nämlich die inhaltliche Überprüfung von Gesetzen anhand externer, nicht von Westminster selbst gesetzter Maßstäbe. Nach den in der Human Rights Bill vorgesehenen Regelungen werden die britischen Obergerichte das Recht zur Unvereinbarkeitsfeststellung unabhängig davon besitzen, ob der Gesetzgeber die Konventionsrechte bewußt oder nur versehentlich nicht beachtet hat. [...]

Die formelle Wahrung des Grundsatzes der Parlamentssouveränität kann indes nicht darüber hinwegtäuschen, daß den Gerichten durch das Inkorporierungsgesetz eine Funktion übertragen wird, die durch die Anerkennung der parliamentary sovereignty ursprünglich gerade ausgeschlossen werden sollte, nämlich die inhaltliche Überprüfung der vom Gesetzgeber verabschiedeten Regelungen im Lichte extern, d. h. nicht vom Westminster-Parlament selbst gesetzter Maßstäbe.

Anmerkungen

Grote wird auf der vorausgehenden Seite mehrfach sowie am Ende von dieser Seite einmal erwähnt. Könnte alternativ als Bauernopfer gewertet werden.

Sichter
SleepyHollow02