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Multikulturalismus und Integration als Grundrechtsproblem

von Monique Radtke

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[1.] Mra/Fragment 296 03 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2016-05-14 12:15:57 Schumann
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Korioth 1997, Mra, SMWFragment, Schutzlevel sysop

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
SleepyHollow02
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 296, Zeilen: 3-7, 10-21, 23-33, 103-110
Quelle: Korioth 1997
Seite(n): 1042, 1044, Zeilen: online
Bei muslimischen Kindern bestehe immerhin die Gefahr, dass diese während der Schulzeit keine systematische Werterziehung erführen.1378 Danach gebe es ein staatliches Interesse an islamischem Religionsunterricht, denn muslimische religiöse Unterweisung müsse es den jungen Gläubigen ermöglichen, die Wertnormen der deutschen Gesellschaft zu verstehen, zu akzeptieren und Spannungen zwischen unterschiedlichen Wertvorstellungen auszuhalten.1379

[...] Die politische Zielsetzung sollte demnach dahin ausgerichtet werden, dass die wichtigsten Handlungsmöglichkeiten des Staates auf dem Gebiet der Konvergenzpolitik liegen, um so eine Plattform zu schaffen, auf der sich die unterschiedlichen Wertvorstellungen treffen können. Der Dialog mit den islamisch-religiösen Autoritäten in der Bundesrepublik sollte gefördert werden sowie religionspädagogische Entwürfe auf ein positives Verhältnis des Islam zu den neuzeitlichen Gesellschaftsstrukturen, wie auch wissenschaftspolitisches Bemühen um eine Einbeziehung der Heranbildung und der Fortbildung islamischer Religionslehrer auf der Höhe des Anspruchsniveaus neuzeitlicher europäischer Theologie und Religionspolitik. Die offene Kommunikation mit der Umwelt sollte eingesetzt werden, um auf beiden Seiten einen Lernprozess in Gang zu setzen und damit ein vom gegenseitigen Verständnis getragenes Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit gefördert werden kann. [...] Dem sozial segregativen Einfluss, der fundamentalistischen Ausrichtung und die fehlende Transparenz, den die Korankurse ausüben, soll der schulische islamische Unterricht entgegenwirken, was aus gesellschaftspolitischem Blickwinkel zu begrüßen wäre.

Daraus resultieren aber wiederum die Vorbehalte, mit denen islamische Glaubensgruppen dem staatlichen Religionsunterricht begegnen. Gingen sie auf den staatlichen Unterricht ein, so träfen sie auf die staatliche Gestaltungskompetenz. Der Grat, auf den sich der Staat hierbei begibt, wenn er eine seinem Kulturkreis fremde Religion in die Schule hinzufügen will, erscheint schmal. Die Hilfestellung für diese Religion, und sei sie auch dieselbe wie die den christlichen Bekenntnissen gewährte, kann einerseits Verunsicherung bei allen Beteiligten hervorrufen, andererseits in fürsorgliche Bevormundung der islamischen Lehren in den Schulen umschlagen.


1378 Korioth, NVwZ 1997, 1041.

1379 Muslime und muslimische Verbände stehen den Überlegungen der Kultusbehörden gespalten gegenüber. Einerseits gibt es Stimmen, die schon seit langem islamischen Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach in der Regelschule fordern; die Ausklammerung des Islam aus der Schule wird, ähnlich der bislang islamischen Glaubensgemeinschaften nicht gewährten Rechtsstellung der Körperschaft des öffentlichen Rechts, als Diskriminierung empfunden. Andererseits stieß die nordrhein-westfälische Initiative wiederum auf Kritik: Muslimische Verbände wurden vom Kultusministerium nicht beteiligt und befürchteten nun staatliche Reglementierung über sie hinweg und beklagten die Gleichsetzung islamischer und konfessionsloser Schüler, vgl. Korioth, NVwZ 1997, 1041 m. w. N.

Es bestehe die Gefahr, daß diese Kinder während der Schulzeit keine systematische Werteerziehung erführen7. Es gibt danach ein staatliches Interesse an islamischem Religionsunterricht. [...] Muslimische religiöse Unterweisung müsse es den jungen Gläubigen ermöglichen, die Wertnormen der deutschen Gesellschaft zu verstehen und zu akzeptieren und Spannungen zwischen unterschiedlichen Wertvorstellungen auszuhalten8.

Muslime und muslimische Verbände stehen den Überlegungen der Kultusbehörden gespalten gegenüber. Einerseits gibt es Stimmen, die schon seit langem islamischen Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach in der Regelschule fordern9; die Ausklammerung des Islam aus der Schule wird, ähnlich der bislang islamischen Glaubensgemeinschaften nicht gewährten Rechtsstellung der Körperschaft des öffentlichen Rechts10, als Diskriminierung empfunden. Andererseits stieß die nordrhein-westfälische Initiative auf Kritik: Muslimische Verbände - das Kultusministerium hatte sie an seinen Überlegungen nicht beteiligt - befürchteten staatliche Reglementierung über sie hinweg und monierten die Gleichsetzung islamischer und konfessionsloser Schüler11.

[Seite 1044]

Dem sozial segregativen Einfluß, den die Korankurse ausüben, soll der schulische islamische Unterricht entgegenwirken. Daraus resultieren aber wiederum die Vorbehalte, mit denen islamische Glaubensgruppen dem staatlichen Religionsunterricht begegnen. Gingen sie auf den staatlichen Unterricht ein, so träfen sie auf die staatliche Gestaltungskompetenz. Der Grat, auf den sich der Staat begibt, wenn er eine seinem Kulturkreis fremde Religion in die Schule hineinnehmen will, ist schmal: Die Hilfestellung für diese Religion, und sei sie auch dieselbe wie die den christlichen Bekenntnissen gewährte, kann einerseits Verunsicherung bei allen Beteiligten hervorrufen, andererseits in fürsorgliche Bevormundung des islamischen Lehrens in den Schulen umschlagen.


1 Genaue Zahlen fehlen. Albrecht, in: Essener Gespräche 20 (1986), 82 (88), schätzte für Nordrhein-Westfalen und bezogen auf das Schuljahr 1984/85 die Zahl der islamischen Schüler auf 170000, das waren 5,6 % der Gesamtschülerzahl. Lähnemann, in: Hagemann/Pulsfort (Hrsg.), Festschr. f. Khoury, 1990, S. 106 (107), nennt, bezogen auf die alte Bundesrepublik und das Jahr 1990, die Zahl von mindestens 500000 Schülern islamischen Glaubens: “(...) jedes 10. Schulkind kommt inzwischen aus einer islamischen Familie”

7 Vgl. Huber-Rudolf, in: Herder-Korrespondenz 48 (1994), 580 (581). Zu früheren Überlegungen und den Stellungnahmen der christlichen Kirchen hierzu s. Dt. Bischofskonferenz (Hrsg.), Christen und Muslime in Deutschland, Arbeitshilfen Nr. 106 v. 4. 3. 1993, S. 69f.

8 Möglichkeiten religiöser Erziehung muslimischer Schüler in der BRep. Dtschld. Bericht der Kommission “islamischer Religionsunterricht” der KMK vom 20. 3. 1984, S. 2f.

9 Vgl. Wanzura, in: Hagemann/Pulsfort (o. Fußn. 1), S. 79 (90). Die früheste Initiative in dieser Richtung dürfte die Anfrage des Türkisch-Islamischen Kulturvereins e.V. an den Hess. Kultusminister vom 4. 9. 1978 gewesen sein, vgl. Huber-Rudolf (o. Fußn. 7), S. 580.

10 Dazu Muckel, DÖV 1995, DOEV Jahr 1995 Seite 311; Stempel (o. Fußn. 6), S. 297ff.

11 Ähnliche und teils weitergehende Einwände wurden in der Stellungnahme von Muslimen zu dem früheren Entwurf der Curriculum-Kommission Nordrhein-Westfalen (Lehrplanentwurf “Religiöse Unterweisung für Schüler islamischen Glaubens”) vom Mai 1988 geäußert: “Ein Schwachpunkt des Curriculums, wenn auch nicht der wichtigste, ist die Überfrachtung mit christlichen Inhalten und christlich-abendländischen Denkvorstellungen. Die Hauptkritikpunkte liegen aber darin, daß alle guten Ansätze des Curriculums zunichte gemacht werden durch die verhängnisvolle Konfliktpädagogik mit ihrem gesellschaftsbezogenen Ansatz”, zit. nach Dt. Bischofskonferenz (o. Fußn. 7), S. 73. Zu den Hoffnungen, Erwartungen und Befürchtungen muslimischer Interessengruppen gegenüber schulischem Religionsunterricht s.a. die Beiträge in Kiesel/Seif/Sievering (Hrsg.), Islamunterricht an deutschen Schulen?, 1986, S. 45-95.

29 So auch schon die von Albrecht (o. Fußn. 1), S. 112f., skizzierte politische Zielsetzung: “Wichtigste Handlungsmöglichkeiten des Staates auf dem Gebiet der Konvergenzpolitik sind der Dialog mit den islamischen religiösen Autoritäten in der Bundesrepublik und Einflußnahmen durch religionspädagogische Entwürfe auf ein positives Verhältnis des Islam zu den neuzeitlichen Gesellschaftsstrukturen sowie wissenschaftspolitisches Bemühen um eine Einbeziehung der Heranbildung und der Fortbildung islamischer Religionslehrer auf der Höhe des Anspruchsniveaus neuzeitlicher europäischer Theologie und Religionspolitik. (...) Der Dialog sollte eingesetzt werden, um auf islamischer Seite einen Lernprozeß in Gang (!) zu setzen (...)".)

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 1378 und 1379 erwähnt. Das lässt aber nicht vermuten, dasss es sich weitgehend um eine wörtliche Übernahme handelt.

Dass Korioth ALbrecht zitiert, ist bei Mra nicht mehr erkennbar.

Sichter
(SleepyHollow02) Schumann



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