von Margarita Mathiopoulos
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Untersuchte Arbeit: Seite: 144, Zeilen: 1-4 |
Quelle: Schröder 1982 Seite(n): 174, Zeilen: 19-22, 27-29 |
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[Doch selbst von den amerikani]schen Radikalen wurde im Gegensatz zu den Sansculotten das Repräsentationsprinzip ganz überwiegend akzeptiert. Es fehlte in der Amerikanischen Revolution, was in der Geschichte einzigartig sein dürfte, jede gewaltsame Säuberung und Auflösung von Parlamenten. | Besonders eindrucksvoll und zumal bei einem Vergleich mit den Sansculotten der Französischen Revolution ins Auge springend ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß selbst von den amerikanischen Radikalen das Repräsentationsprinzip ganz überwiegend akzeptiert worden ist. [...] Es fehlte in Amerika, was in der Revolutionsgeschichte einmalig sein dürfte, jede gewaltsame Säuberung und Auflösung von Parlamenten. |
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Untersuchte Arbeit: Seite: 144, Zeilen: 4-10 |
Quelle: Schröder 1982 Seite(n): 175, Zeilen: 20-26 |
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Anders als in Frankreich kam es in den USA niemals zu der utopischen Fiktion, daß das Volk selber unmittelbar zu herrschen habe.[EN 333] Über das Jahr 1793 in Frankreich schrieb der Historiker François Furet:
„Das Wahlrecht ist suspendiert, weil das Volk herrscht, das Recht zur Verteidigung, weil das Volk urteilt, die Pressefreiheit, weil das Volk schreibt, die Meinungsfreiheit, weil das Voll; spricht: eine einleuchtende Lehre, zu der die Proklamationen und terroristischen Gesetze nichts als ein langer Kommentar sind.“[EN 334] [EN 333 (S. 333): Vgl. auch: H. S. Commager, op. cit., S. 382; H. Arendt, op. cit., S. 203. Bereits Alexis de Tocqueville hatte auf diese unterschiedlichen ideologischen Tatbestände hingewiesen in seinem Werk: Der Alte Staat und die Revolution, (Hrsg.: J. P. Mayer), Bremen o.J., S. 4, 21, 238 ff.] [EN 334 (S. 333): F. Furet: 1789, Vom Ereignis zum Gegenstand der Geschichtswissenschaft, Frankfurt/M. 1980, S. 215.] |
Anders als in Frankreich kam es in den Vereinigten Staaten niemals zu der Fiktion, daß das Volk selber unmittelbar herrsche. Über das Jahr 1793 in Frankreich äußert ein Historiker: „Das Wahlrecht ist suspendiert, weil das Volk herrscht, das Recht zur Verteidigung, weil das Volk urteilt, die Pressefreiheit, weil das Volk schreibt, die Meinungsfreiheit, weil das Volk spricht: eine einleuchtende Lehre, zu der die Proklamationen und terroristischen Gesetze nichts als ein langer Kommentar sind.“[EN 444]
[EN 436 (S. 226): Commager/Morris [= (mit Bilb. S. 231) Commager, Henry Steele, u. Morris, Richard B. (Hrsg.), The Spirit of ’Seventy-Six, The Story of the American Revolution as Told by Participants, New York 1975], S. 382. ] [S. 173:] Tocqueville hat als erster auf die Kontinuität aufmerksam gemacht, welche die Revolution überdauert und das vorrevolutionäre mit dem nachrevolutionären Regime verbindet.[EN 437] [EN 437 (S. 226): Tocqueville [= (mit Bibl. S. 236) Tocqueville, Alexis de, Der Alte Statt und die Revolution, hrsg. von J. P. Mayer, Bremen o.J.], bes. S. 4, 21, 238ff. Vgl. auch Arendt, S. 203] [EN 444 (S. 227): Ebd. [= (mit EN 443, EN 234) François Furet, 1789 – Vom Ereignis zum Gegenstand der Geschichtswissenschaft, Frankfurt 1980], S. 215.] |
Unklar ist hier die EN 333, mit der belegt werden soll, dass „es in den USA [im Gegensatz zu Frankreich] niemals zu der utopischen Fiktion [kam], daß das Volk selber unmittelbar zu herrschen habe.“ Auf exakt die gleichen Stellen in drei Texten verweist Schröder mit seinen Anmerkungen 436 und 437, jedoch in anderem Zusammenhang: Anmerkung 436 (Commager/Morris) belegt das Adams-Zitat "Könige hatten wir niemals unter uns, …" Anmerkung 437 (Tocqueville, Arendt) bezieht sich auf die "Kontinuität […,] welche die Revolution überdauert […]“ |
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Untersuchte Arbeit: Seite: 144, Zeilen: 11-14 |
Quelle: Schröder 1982 Seite(n): 176, Zeilen: 30-35 |
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Für Robespierre besaß das Volk, wie er im Prozeß gegen Ludwig XVI. formulierte, absolute Allmacht („toute-puissance"). Die Vorstellung vom Volk als einem Kollektivwesen mit einheitlichem Willen konnte sich in den USA zu keiner Zeit durchsetzen. | Für Robespierre besaß das Volk, wie er im Prozeß gegen Ludwig XVI. argumentierte, geradezu „Allmacht“ („toute-puissance“).[EN 449] Ein solcher Begriff ist in der Amerikanischen Revolution schlechthin undenkbar und spiegelt, ebenso wie die Vorstellung vom Volk als einem Kollektivwesen mit einheitlichem Willen, das wie eine Person handelt, absolutistisches Denken wider.
[EN 449 (S. 227): Œuvres de Maximilien Robespierre, hrsg. v. Armand Carrel, Paris 1840, Bd. III, S. 10.] |
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Untersuchte Arbeit: Seite: 144, Zeilen: 14-20 |
Quelle: Schröder 1982 Seite(n): 175, Zeilen: 28-31, 33-36, 37-40 |
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In Amerika war die Unterscheidung und die Distanz zwischen Regierenden und Regierten, Repräsentanten und Volk selbstverständlich, die Idee der Volkssouveränität wurde nicht wie in Frankreich als totale Populokratie (miß)verstanden. Volkssouveränität definierten selbst die amerikanischen Radikalen als die Autonomie des einzelnen und seiner unverletzlichen Rechtssphäre, die schließlich durch das Konzept des limited government und die Bill of Rights geschützt war. | Es blieb daher immer die Unterscheidung und die Distanz zwischen Regierenden und Regierten, Repräsentanten und Volk - ein Freiraum der Kritik und selbst des Widerstands.
[...] Denn das Fehlen eines absolutistischen Regimes schlug sich auch darin positiv nieder, daß die Idee der Volkssouveränität selbst von den amerikanischen Radikalen nicht absolut verstanden wurde. [...] Sie war vielmehr verbunden mit der Vorstellung von der Autonomie des einzelnen und seiner unverletzlichen Rechtssphäre, die besonders die Radikalen durch „Bills of Rights“, durch Grundrechtskataloge, geschützt sehen wollten.[EN 446] [EN 446 (S. 227): Schröder, Die Grundrechtsproblematik in der englischen und amerikanischen Revolution, bes. S. 89ff.] |
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Untersuchte Arbeit: Seite: 144, Zeilen: 20-22 |
Quelle: Schröder 1982 Seite(n): 176, Zeilen: 11-14 |
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Für die Amerikaner hatte der Grundrechtskatalog vor allem den Sinn der konkreten, freiheitsverbürgenden Sicherung des einzelnen, während er für die Franzosen den Charakter eines Bekenntnisses annahm,[...] | Für die Amerikaner hatten die Grundrechtskataloge primär den Sinn der konkreten, freiheitsverbürgenden Sicherung des einzelnen, während sie für die Franzosen eher den Charakter eines Bekenntnisses annahmen, |
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Untersuchte Arbeit: Seite: 144, Zeilen: 22-47 |
Quelle: Schröder 1982 Seite(n): 176-177, Zeilen: S.176,8-11.40-42 - S.177,1-2.13-16 |
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[...], eines „nationalen Katechismus", wie Barnave die französische Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte genannt hat. Und so schlug in Frankreich, trotz der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte, nicht zuletzt auch aufgrund der Selbstbehauptungsprobleme der Revolution nach innen wie nach außen, das Prinzip einer unbegrenzten und dogmatischen Regierungsgewalt wieder durch.[FN 335] Gewiß wurden diese Unterschiede der revolutionären Vorgänge diesseits wie jenseits des Atlantiks auch von den Zeitgenossen gesehen. So erklärte Condorcet den unterschiedlichen Verlauf der Französischen gegenüber der Amerikanischen Revolution folgendermaßen:
„Sie war umfassender als die Amerikanische, daher verlief sie im Inneren weniger friedlich; denn die Amerikaner, zufrieden mit den aus England überkommenen bürgerlichen und Strafgesetzen, hatten kein mangelhaftes Steuersystem zu reformieren, wedereine feudale Tyrannei und erbliche Klassenunterschiede noch reiche oder mächtige privilegierte Körperschaften und ein System religiöser Unduldsamkeit zu beseitigen und konnten sich deshalb darauf beschränken, neue Gewalten einzuführen und sie an die Stelle derjenigen zu setzen, durch die bislang die britische Nation über sie regiert hatte. Diese Neuerungen betrafen in keiner ihrer Einzelheiten die Masse des Volkes; nichts änderte sich an den Beziehungen, die sich zwischen den Individuen bereits herausgebildet hatten. Aus dem entgegengesetzten Grunde mußte die Revolution in Frankreich die gesamte Einrichtung der Gesellschaft erfassen, alle sozialen Beziehungen verändern und noch die letzten politischen Zusammenhänge durchdringen, bis hin zu den Individuen, die friedlich von ihrem Besitz oder ihrem Gewerbe leben und an öffentlichen Bewegungen weder durch ihre Ansichten und Beschäftigungen noch durch ihr Streben nach Vermögen, Ehre oder Ruhm Anteil nehmen."[FN 336] Sehr ähnlich hatte bereits 1790 auch Madame d'Houdetot in einem Brief an Jefferson argumentiert: [FN 335: Vgl. hier: K. Stern, op. cit., S. 20-23; H.-Ch. Schröder: Die Grundrechtsproblematik in der englischen und amerikanischen Revolution. Zur „Libertät" des angelsächsischen Radikalismus, in: Günter Birtsch (Hrsg.): Grund- und Freiheitsrechte im Wandel von Gesellschaft und Geschichte, Göttingen 1981, S. 89 ff.] [FN 336: Condorcet: Entwurf einer historischen Darstellung der Fortschritte des menschlichen Geistes, (Hrsg.: Wilhelm Alff), Frankfurt/M. 1976, S. 167.] |
[...] niemand wäre auf den Gedanken gekommen, sie als „nationalen Katechismus“ zu bezeichnen, wie Barnave die französische Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte genannt hat. [...] In Frankreich schlug, trotz der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte und gefördert durch die Selbstbehauptungsprobleme der Revolution nach innen und außen, die Norm einer prinzipiell unbegrenzten Regierungsgewalt wieder durch. [...]
Das ist bereits von einigen Zeitgenossen gesehen worden. So hat Condorcet den gegenüber der Amerikanischen unterschiedlichen Verlauf der Französischen Revolution auf ihre andersartigen Voraussetzungen zurückgeführt: „Sie war umfassender als die amerikanische, daher verlief sie im Innern weniger friedlich; denn die Amerikaner, zufrieden mit den aus England überkommenen bürgerlichen und Strafgesetzen, hatten kein mangelhaftes Steuersystem zu reformieren, weder eine feudale Tyrannei und erbliche Klassenunterschiede noch reiche oder mächtige privilegierte Körperschaften und ein System religiöser Unduldsamkeit zu beseitigen und konnten sich deshalb darauf beschränken, neue Gewalten einzuführen und sie an die Stelle derjenigen zu setzen, durch die bislang die britische Nation über sie regiert hatte. Diese Neuerungen betrafen in keiner ihrer Einzelheiten die Masse des Volkes; nichts änderte sich an den Beziehungen, die sich zwischen den Individuen bereits herausgebildet hatten. Aus dem entgegengesetzten Grunde mußte die Revolution in Frankreich die gesamte Einrichtung der Gesellschaft erfassen, alle sozialen Beziehungen verändern und noch die letzten politischen Zusammenhänge durchdringen, bis hin zu den Individuen, die friedlich von ihrem Besitz oder ihrem Gewerbe leben und an öffentlichen Bewegungen weder durch ihre Ansichten und Beschäftigungen noch durch ihr Streben nach Vermögen, Ehre oder Ruhm Anteil nehmen.“[EN 451] In einem Brief an Jefferson vom September 1790 hatte Madame d'Houdetot bereits sehr ähnlich geurteilt, als sie schrieb: [EN 451 (S. 227): Condorcet, Entwurf einer historischen Darstellung des Fortschritts des menschlichen Geistes, hrsg. v. Wilhelm Alff, Frankfurt 1976, S. 167.] |
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