von Margarita Mathiopoulos
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Untersuchte Arbeit: Seite: 127, Zeilen: 1-13 |
Quelle: Angermann 1979 Seite(n): 78-79, Zeilen: S.78,28 - S.79,13 |
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[Einen Frontalangriff auf die gesamte bisherige amerikanische Geschichtsschreibung unternahm 1968 Jesse] Lemisch mit seinen Thesen, daß die Geschichte der Elite und Sieger in den entscheidenden historischen Prozessen durch eine Geschichte der immer nur „getretenen" kleinen Leute, der Arbeiter, Handwerker, kleinen Farmer, Matrosen und Sklaven, durch eine „History from the Bottom Up", abgelöst werden sollte. Lemisch polemisierte gegen die Tendenz der herkömmlichen Historiographie, die Geschichte nur unter dem Gesichtspunkt der Führungsschichten betrachtet zu haben, und wies auf die von ihm als positiv dargestellte radikalisierende Funktion der Unterschichten hin, die den "wahren" Fortschritt in der Geschichte bewirken würden. Inspiriert von Herbert Marcuse, forderte er mehr Mitgefühl für die Machtlosen, das erst die „historische Objektivität" gewährleisten könnte:
"In practice, it (this sympathy) leads the historian to describe past societies as they appeared from the bottom rather than from the top, more from the point of view of the inarticulate than of the articulate. [...]"[FN 275] [FN 275: J. Lemisch: The American Revolution Seen from the Bottom Up, in: B. J. Bernstein, op. cit., S. 6. Hierzu auch: E. Angermann, op. cit., S. 79.] |
Einen grundsätzlichen Angriff auf die gesamte bisherige Geschichtsschreibung — auf schmaler Grundlage überdies sehr umstrittener eigener Arbeiten zur Rolle der amerikanischen Seeleute in der Amerikanischen Revolution — hat 1967 Jesse Lemisch vorgetragen. In grundlegender Ubereinstimmung mit Lynd und anderen Radical Historians geht es ihm darum, die Geschichte der Sieger in den entscheidenden historischen Prozessen durch eine Geschichte der immer nur getretenen Kleinen Leute, der Handwerker, Arbeiter, Matrosen, kleinen Farmer, Sklaven usw. abzulösen — "History from the Bottom Up", wie man sie dann in Anlehnung an einen programmatischen Aufsatz genannt hat.[FN 140] Dort polemisiert er gegen die Tendenz der herkömmlichen Historiographie, die Geschichte stets nur unter dem Aspekt der Führer und Eliten zu betrachten, verweist auf die häufig radikalisierende Funktion der Unterschichten, während es die Bessergestellten oft an revolutionärem Eifer hätten fehlen lassen, bestreitet die Anerkennung gesellschaftlicher Rangunterschiede im Revolutionszeitalter (deference) und fordert, inspiriert von Herbert Marcuse, mehr Mitgefühl mit den Machtlosen, wodurch man der Objektivität näherkomme: "in practice, it [this sympathy] leads the historian to describe past societies as they appeared from the bottom rather than from the top, more from the point of view of the inarticulate than of the articulate."
[FN 140: Vgl. Jesse Lemisch: The American Revolution seen from the bottom up, in Bernstein: Towards a new past (s. Anm. 137), 3-45, die im Text folgenden Zitate S. 6;[...]] |
Beschrieben in Amerikastudien Bd. 36 (1991) S. 548. In der Fußnote wird zunächst auf Lemisch 1968 verwiesen, mit "Hierzu auch:" dann auf Angermann S. 79. Dass die Passage weitestgehend direkt aus Angermann übernommen wurde, ist durch den Verweis nicht erkennbar. |
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Untersuchte Arbeit: Seite: 127, Zeilen: 13-14 |
Quelle: Angermann 1979 Seite(n): 79, Zeilen: 16-19 |
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„[...]... A small part of the necessary work has been done, and a radically new view is just now becoming visible: it is hoped that some of the readers of this essay will do more." | „A small part of the necessary work has been done, and a radically new view is just now becoming visible: it is hoped that some of the readers of this essay will do more." |
Beschrieben in Amerikastudien Bd. 36 (1991) S. 548.<br/>Der Vollständigkeit halber mit aufgelistet: an und für sich unproblematisch - aber das Zitat findet sich bei Angermann auf derselben Seite aber an anderer Stelle des Textes. Fragment belegt (mit den anderen zusammen) eigentlich nur, dass hier seitenweise Originaltext von Angermann fast vollständig übernommen wird. |
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Untersuchte Arbeit: Seite: 127, Zeilen: 15-16 |
Quelle: Angermann 1979 Seite(n): 79, Zeilen: 15-16 |
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Daß ein solches Bemühen bereits methodisch kaum durchführbar ist, schien Lemisch nicht weiter zu bedenken. | [...]; doch hält sich Lemisch nicht lange damit auf, die in der Tat großen methodischen Schwierigkeiten solchen Bemühens zu bedenken. |
Beschrieben in Amerikastudien Bd. 36 (1991) S. 548.<br /> Wieder ein Minifragment, aber es setzt die Textübernahme aus Angermann lückenlos fort. |
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Untersuchte Arbeit: Seite: 127, Zeilen: 16-43 |
Quelle: Angermann 1979 Seite(n): 79-80, Zeilen: S.79,23 - S.80,37 |
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Allerdings war den New Left-Historikern ohnehin nicht lange Ruhm beschert. Zunächst litten sie an einer Art Verfolgungswahn, daß das akademische historische Establishment ihre Forschungsarbeit einfach abblocken würde.[FN 276] Doch ihr Mißerfolg war wohl eher darauf zurückzuführen, daß die New-Left-Bewegung seit 1969 und erst recht seit dem Ende des Vietnamkrieges Einheit und Stoßkraft verlor; zum anderen trat gleichzeitig eine Ernüchterung bei den amerikanischen Geschichtswissenschaftlern zutage, die nun wieder größeres Gewicht auf methodisch sorgfältige Ausarbeitung von Forschungsergebnissen statt auf ideologisch motivierte Studien legten.[FN 277] Von daher erwies sich William Appleman Williams 1976 erschienenes Buch „American Confronts A Revolutionary World, 1776-1976" nicht nur als linker Anachronismus, sondern regelrecht als geschichtsphilosophische Groteske. In seiner Analyse erklärte Williams nämlich die Verfassung von 1787 als regressiv, als das Ende jeglicher strukturellen Veränderungsmöglichkeit in dem neuen Staatswesen:
„It established the foundation of a superstate, a political giant that had the power to override any single state (or culture). It did so by making population the bedrock of power: a majority could impose its will upon any minority."[FN 278] Das in der Unabhängigkeitserklärung niedergelegte Prinzip der Selbstbestimmung sei aufgegeben und die Erhaltung des Status quo zum Wegweiser gemacht worden. Gleichzeitig hätte das Founding-Fathers-Establishment einen Kurs ständiger Expansion eingeschlagen, um die inneren Spannungen des neuen fortschrittsfeindlichen Systems in außenpolitische Aktivitäten abzuleiten. Amerika wäre also entgegen seinen anfangs formulierten Idealen zu einer konterrevolutionären Macht avanciert und hätte seine eigene Weltanschauung auch den Nachbarn, ja der ganzen Welt aufzuzwingen versucht. Freilich, ist man mit dem politisch-rechtlichen Machtgefüge der Union bis hin zum Bürgerkrieg auch nur annähernd vertraut, so kann man solche Thesen nur als „Phantasmagorie" bezeichnen.[FN 279] [FN 276: Hierzu besonders die wehleidige Studie von Jesse Lemisch: On Active Service in War and Peace: Politics and Ideology in the American Historical Profession, Toronto 1975.] [FN 277: Vgl. E. Angermann, op. cit., S. 79 f.] [FN 278: W. A. Williams: America Confronts a Revolutionary World, 1776-1976, New York 1976, S. 17.] [FN 279: Vgl. E. Angermann, op. cit., S. 80.] |
Seither ist es wissenschaftlich um Lemisch ebenso still geworden wie um Lynd.[FN 142] Der Grund kann schlechterdings nicht in dem gesehen werden, was viele Neu Left-Historiker in einer Art Verfolgungswahn immer wieder als ihre Furcht zum Ausdruck gebracht hahen, daß nämlich das akademische Establishment ihre Arbeit einfach abblocken würde. Das Gegenteil war vielfach der Fall. Der Mißerfolg ist also wohl zum einen darauf zuruckzuführen, daß die ganze New Left-Bewegung seit 1969 und vollends seit dem Ende des Vietnamkrieges Einheit und Stoßkraft verloren hat, zum anderen auf die gleichzeitige Ernüchterung in der amerikanischen Geschichtswissenschaft, die nun wieder größeres Gewicht auf methodische Solidität und sorgfältige Ausarbeitung von Forschungsergebnissen als auf kühne, aber mehr ideologisch motivierte als wissenschaftlich fundierte Entwürfe zu legen begann.<br />
Ein neues Buch des Altmeisters der New Left History, William Appleman Williams, wurde daher gewissermaßen durch die innere Entwicklung der amerikanischen Geschichtswissenschaft überholt und zu einer geschichtsphilosophischen Groteske gemacht.[FN 143] In seinen Augen bedeutete nämlich die Verfassung von 1787 das Ende jeder strukturellen Veränderungsmöghchkeit in dem neuen Staatswesen: „It estahlished the foundation of a superstate [sic!], a political giant that had the power to override any Single state (or culture). It did so by making population the bedrock of power: a majority could impose its will upon any minority." Damit habe man das in der Unahhängigkeitserklärung niedergelegte Prinzip der Selbstbestimmung aufgegeben, durch Festschreibung der jeweiligen Gegenwart - das heißt, Verdrängung von Vergangenheit und Zukunft - die Erhaltung des Status quo zur Richtschnur gemacht und zugleich einen Kurs ständiger Expansion eingeschlagen, um die inneren Spannungen des neuen Systems in außenpolitische Aktivität abzuleiten. Entgegen dem Gesetz, nach dem es angetreten, sei also Amerika von Anfang an zur konterrevolutionären Macht par excellence geworden und habe sein eigenes Konzept auch den Nachbarn, ja der ganzen Welt aufzuzwingen versucht. Kennt man den Zustand des Machtgefüges der Union bis hin zum Bürgerkrieg auch nur rudimentär, so kann man einer solchen Phantasmagorie nur mit fassungslosem Staunen gegenüberstehen - ganz abgesehen davon, daß ja wohl kein in normalen Kategorien denkender Mensch in der sogenannten States' Rights-Bewegung, die doch in der Regel nur der Zementierung regionaler oder lokaler Herrschaftsstrukturen diente, einen Ausdruck echter demokratischer Selbstbestimmung sehen wird. [FN 142: Von beiden sind siether m.W. keine größeren Beiträge zur historischen Forschung mehr erschienen, auch nicht das 1968 angekündigte Buch von Jesse Lemisch: Jack Tar vs. John Bull. Merchant seamen in the politics of Revolutionary Mareica; dafür hat er seinen Bewunderern eine ebenfalls auf das Jahr 1969 zurückgehende Anklage gegen die Zunft geschenkt, die Selbstmitleid und Verfolgungswahn in peinlicher Weise zur Schau stellt, vgl. Jesse Lemisch: On active service in war und peace. Politics und ideology in the American historical profession (Toronto 1975).] [FN 143: Vgl. William Appleman Williams: America Confronts a Revolutionary World, 1776-1976, (New York 1976), das im Text folgende Zitat S. 17.] |
Beschrieben in Amerikastudien Bd. 36 (1991) S. 548-549.<br />In zwei gegenüber der Vorlage ergänzten Fußnoten wird mit "Vgl." auf Angermann verwiesen. In welcher Form von dort übernommen wird (teils wörtlich, teils Paraphrase, aber stets ohne substanzielle Bearbeitung) wird verschleiert. |
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