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Untersuchte Arbeit: Seite: 111, Zeilen: 23-43 |
Quelle: Angermann 1979 Seite(n): 41-42, Zeilen: S.41,11-29.103-109 - S.42,1-7 |
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Viel nachdrücklicher als bei allen Progressive Historians wurde der dem Progressive Movement kongeniale Trend zu einer einseitig ökonomischen, an einem konstruierten Klassenkonflikt orientierten Betrachtungsweise 1913 verstärkt, als Beards aufsehenerregendes Buch „An Economic Interpretation of the Constitution of the United States" erschien.[FN 191] Im wesentlichen lief Beards These darauf hinaus, daß die Mitglieder des Verfassungskonvents von 1787 — fast ausnahmslos Angehörige der besitzenden Schichten und Verwalter von Staatspapieren — aus Klassenmotiven heraus eine eigentumsfreundliche, freiheitlich-demokratischen Bestrebungen eher fernstehende, sozial-konservative Verfassung verabschiedet hätten, die eine kleine grundbesitzende Elite auf Kosten der Masse der agrarischen Bevölkerung begünstigte. Indem er die Besitz- und Klassenvorstellung radikaler Progressivisten und Populisten des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts in die Revolutionszeit zurückprojizierte, entging Beard freilich die für die Gründungsphase so gut wie selbstverständliche Identifikation von Eigentums- und Freiheitsrechten. Aus dieser historisch-politischen Verzerrung heraus konnte er in der Verfassung von 1787 statt einer Erfüllung und Konsolidierung der in der Revolution erstrittenen, Freiheit und Eigentum sichernden nationalen Rechtsordnung nur eine Art konterrevolutionäres Instrument zur Unterdrückung demokratischer Bestrebungen sehen.[FN 192] Mit stichhaltigen Argumenten hat die spätere Forschung Beards Voraussetzungen, Quellengrundlagen und Deutungsmuster widerlegt.
[FN 191: Charles A. Beard: An Economic Interpretation of the Constitution of the United States, New York 1913 (Neuausgabe: 1935 mit eigenen Standpunkt revidierender Einführung). Zur Kritik siehe: R. Hofstadter: Progressive Historians, a.a.O., S. 207 ff.; Robert E. Brown: Charles Beard and the Constitution: A Critical Analysis of „An Economic Interpretation of the Constitution", Princeton, N.J., 1956.] [FN 192: Siehe hierzu auch: E. Angermann: Die Revolution im Spiegel der Geschichte, (Kap.: „New History", Progressive Historians), a.a.O., S. 43 f. Ferner hierzu: Howard K. Beale (ed.): Charles A. Beard: An Appraisal, Lexington, Ky., 1954.] |
Viel nachdrücklicher als durch Becker wurde der dem Progressive Movement kongeniale Trend zu einer einseitig ökonomischen, an einem konstruierten Klassenkonflikt orientierten Betrachtungsweise 1913 verstärkt durch Charles Austin Beards aufsehenerregendes Buch 'An Economic Interpretation of the Constitution of the United States'.[FN 59] Ausgehend von persönlichen Erfahrungen und einer etwas eigenwilligen Deutung von James Madisons politischer Interessenlehre (in Nummer 10 der 'Federalist Papers') läuft Beards These im wesentlichen darauf hinaus, daß die Mitglieder des Verfassungskonvents von 1787 — fast ausnahmslos Angehörige der besitzenden Schichten und Eigner "aufwertungsverdächtiger" Staatspapiere — aus klassen-, wenn schon nicht individualegoistischen Motiven eine eigentumsfreundliche, freiheitlich-demokratischen Bestrebungen eher abträgliche, sozialkonservative, eine kleine merkantile und grundbesitzende Elite auf Kosten der Masse der agrarischen Bevölkerung begünstigende Verfassung verabschiedet hätten. Indem er die Besitz- und Klassenvorstellungen des frühen zwanzigsten Jahrhunderts in die Revolutionszeit zurückprojizierte, entging ihm die damals so gut wie selbstverständliche Identifikation von Eigentums- und Freiheitsrechten. Nur deshalb konnte er in der Verfassung von 1787 statt einer Erfüllung und Konsolidierung der in der Revolution erstrittenen, Freiheit und Eigentum sichernden Rechtsordnung im nationalen Rahmen eine Art von konterrevolutionärem Instrument zur Unterdrückung genuin demokratischer Bestrebungen sehen. Die spätere Forschung hat Beards Voraussetzungen, Quellengrundlagen und Interpretationen bis zur Unkenntlichkeit zerpflückt, ja mit guten Argumenten selbst seine intellektuelle Redlichkeit in Zweifel gezogen.
[FN 59: Das Buch erschien zuerst 1913 in New York; die Neuausgabe von 1935 enthält eine für Wirkungsgeschichte und Revision seines Standpunktes wichtige Einführung Beards. Vgl. im übrigen Hofstadter: Progressive historians (s. Anm. 5), Pt. III, pp. 167-346, und Howard K. Beale (ed.): Charles A. Beard. An appraisal (Lexington, Ky., 1954); zur Kritik Robert E. Brown: Charles Beard and the Constitution. A critical analysis of „An economic interpretation of the Constitution" (Princeton, N.J., 1956) [...]] |
Beschrieben in Amerikastudien Bd. 36 (1991) S. 545-546.<br/> In Fußnote 192 erwähnt Mm die Vorlage, nimmt aber Bezug auf S.43 und nicht auf die hier benutzten Passagen der Seiten 41 und 42. |
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