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Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
Graf Isolan
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 232, Zeilen: 10-31
Quelle: Kramer 2004
Seite(n): 36, 37, Zeilen: 36:27-31 - 37:1-20.23-32
Seit 1990 gilt die These, dass es in der Türkei im wesentlichen Protestwahlen gegeben hat, da es keine alternativen programmatischen Angebote gab. 1991 wurde die von Mesut Yilmaz geführte Mutterlandspartei (ANAP) für den zunehmenden Autoritätsverfall Turgut Özal, seines Vorgängers als Partei- und Regierungschef, bestraft und musste mit ansehen, wie die Rivalen in der rechten und linken Mitte des politischen Spektrums, die Partei des Rechten Weges (DYP) unter Führung Demirels und die sozialdemokratische Volkspartei (SHP) unter Führung des wenig inspirierenden, aber über einen großen Namen verfügenden Erdal Inönü, eine Koalition bildeten. Es kam auch durch die Cillerschen Misswirtschaft und Korruption bei den Wahlen von 1995 erneut zum Vertrauensentzug der Wähler gegenüber den Regierenden. Die mittlerweile offenkundig gewordene Verquickung hoher politischer und bürokratischer Kreise mit den organisierten Verbrechen führte dazu, dass die Wähler der Partei von Erbakan zuliefen. Erbakan wurde jedoch im Juli 1997 vom Militär zum Rücktritt gezwungen. ANAP unter Yilmaz bekam noch einmal eine Chance um das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen. Doch konnte er diese nicht nutzen, weil er weder in der Innen- noch der Wirtschaftspolitik eine klare Linie zeigte. 1999 entschieden sich die türkischen Wähler unter dem Eindruck der Ergreifung des Staatsfeindes Öcalan im Februar, für eine nationalistische Wende: Die national-sozialistische Demkratische [sic] Linkspartei (DSP) unter Ecevit, mit der national-chavinistischen Nationalistischen Aktionspartei (MHP) unter Devlet Bahceli koalierte. In diese Koalition trat auch Yilmaz ein. Trotz der Gegensätze blieb diese Koalition bis zum Jahre 2000 an der Macht.1339

1339 Vgl. Kramer Heinz: Demokratieverständnis und Demokratisierungs in der Türkei, in: Südosteuropa Mitteilungen, 1/2004,S. 36 f.

[Seite 36]

Nicht umsonst kann man die These vertreten, dass es seit Mitte der 1990er Jahre im Wesentlichen Protestwahlen in der Türkei gegeben hat, aber nicht Entscheidungen der Wähler zwischen alternativen programmatischen Angeboten.14 1991 wurde die von Mesut Yılmaz geführte Mutterlandspartei (ANAP) für den zunehmenden Autoritätsverfall Turgut Özals, seines Vorgängers als Partei- und Regierungschef,

[Seite 37]

bestraft und musste mit ansehen, wie die Rivalen in der rechten und linken Mitte des politischen Spektrums, die Partei des Rechten Weges (DYP) unter Führung des Politikveteranen Süleyman Demirel und die Sozialdemokratische Volkspartei (SHP) unter Führung des wenig inspirierenden, aber über einen großen Namen verfügenden Erdal İnönü, eine Koalition bildeten.

Nach dem Übergang der Parteiführung in der DYP auf die politisch bis dahin kaum in Erscheinung getretene Wirtschaftsprofessorin Tansu Çiller, die ihrem Mentor Demirel nach dessen Übernahme der durch den Tod Özals vakant gewordenen Staatspräsidentschaft auch als Ministerpräsidentin nachfolgte, kam es infolge der Çillerschen Misswirtschaft und der von ihr ungehemmt begünstigten Korruption bei den Wahlen von 1995 zu einem erneuten Vertrauensentzug der Wähler gegenüber den Regierenden. Die mittlerweile offenkundig gewordene Verquickung hoher politischer und bürokratischer Kreise mit dem organisierten Verbrechen tat ein Übriges, so dass die Wähler in Scharen der pro-islamischen Wohlfahrtspartei (RP) unter Führung von Necmettin Erbakan zuliefen.15 Dessen mit öffentlicher Billigung im Juni 1997 vom Militär erzwungener Rücktritt vom Amt des Ministerpräsidenten eröffnete der ANAP unter Yılmaz noch einmal eine Chance, verlorenes Vertrauen zurück zu gewinnen. Doch konnte er diese nicht nutzen, weil er weder in der Innen- noch der Wirtschaftspolitik eine klare Linie zeigte und sich in taktischen Machtspielen zur Sicherung seiner Minderheitsregierung verlor. [...]

Im April 1999 jedenfalls entschieden sich die türkischen Wähler unter dem Eindruck der mit großem Mediengetöse im Februar gefeierten Ergreifung des „Staatsfeindes Nr. 1“ Abdullah Öcalan, Führer der kurdischen Separatistenorganisation PKK, für eine nationalistische Wende: Die national-sozialistische Demokratische Linkspartei (DSP) des seit Mitte der 1970er Jahre in der türkischen Linken dominanten Bülent Ecevit errang vor der national-chauvinistischen Nationalistischen Aktionspartei (MHP) von Devlet Bahceli die Mehrheit der Stimmen und bildete zusammen mit dieser eine Koalition, in die auch die ANAP unter Yılmaz eintrat.16 Diese „Koalition der Gegensätze“ konnte sich erstaunlich lange an der Macht halten und überstand sogar eine schwere Wirtschaftskrise im Herbst 2000.


14 Einen ersten Überblick über die parteipolitische Entwicklung der 1990er Jahre geben Barry Rubin/Metin Heper (Hg.), Political Parties in Turkey (Special Issue der Zeitschrift Turkish Studies, Vol. 3, No. 1), 2002, und Sabri Sayarı/Yılmaz Esmer (Hg.), Politics, Parties, and Elections in Turkey, Boulder/London, 2002.

15 Vgl. Heinz Kramer, Die türkischen Wahlen vom 24.12.1995, in: KAS Auslandsinformationen, 2/1996, S. 3-26.

16 Vgl. Jörg Lange, Die Türkei hat gewählt. Ergebnisse, Hintergründe und Perspektiven, Istanbul, Juni 1999 (Friedrich-Ebert-Stiftung, Reihe Politik und Gesellschaft).

Anmerkungen

Art und Umfang der Übernahme bleiben ungekennzeichnet.

Übrigens: wenn man Kramer (2004) weiter liest, erfährt man, dass die Koalition bis 2002 gehalten hat.

Sichter
(Graf Isolan) Schumann