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| Untersuchte Arbeit: Seite: 81, Zeilen: 1-19, 25-27, 34-36 |
Quelle: Müller 1992a Seite(n): 56, 57, Zeilen: 56: re. Sp. 13 ff.; 57: li. Sp. 10 ff., re. Sp. 4 ff. |
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| [Durkheim unterscheidet die verschiedenen Normsy-]steme dieses ausdifferenzierten Regelkomplexes nach dem Grad ihrer Allgemeinheit: Als die Regeln der universellen, für alle Menschen geltenden Moralsysteme, die die „Qualität des Menschseins“ (1991: 13) [sic] an sich ausmachen, identifiziert er die allgemein menschliche Moral. Dazu zählen zum einen die Pflichten, die der Einzelne gegenüber allen anderen Menschen hat, und die Pflichten, die der Einzelne gegenüber sich selbst hat und die seine Würde ausmachen. Als partikular sind all die Normsysteme anzusehen, die sich zwischen diesen beiden Polen befinden: die häusliche oder familiale Moral, die berufliche Moral und die staatsbürgerliche Moral. Da eine Regel um so unpersönlicher ist, je allgemeiner sie ist, bilden Familie, Beruf, Staat und Menschheit für Durkheim eine Hierarchie von Regeln zunehmender Allgemeinheit und Reichweite. Vor allem Familie und Beruf sind als partikulare Normsysteme unverzichtbar, verhindern sie doch, daß ein zentralisierter Staat einer unorganisierten Masse von Individuen gegenübersteht.9
9 [...] Durkheim, Emile (1983): Der Selbstmord (zuerst 1897). Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Durkheim, Emile (1999): Physik der Sitten und des Rechts. Vorlesungen zur Soziologie der Moral. Vorlesungen in Bordeaux 1890—1900 (zuerst 1950). Frankfurt a. M.: Suhrkamp. |
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[...] Diese verschiedenen sozialen Milieus besitzen Regeln unterschiedlicher Reichweite und Allgemeinheit und sind auf verschiedenen Ordnungsniveaus angesiedelt. Da eine Regel um so allgemeiner ist, je unpersönlicher sie ist, bilden Familie, Profession, Staat und Menschheit nach Durkheims Auffassung eine Hierarchie. Unter den partikularen Moralregeln spielt die berufliche Moral die wichtigste Rolle. [Seite 57, li. Sp.:] Vor dem Hintergrund der Abschaffung der „corps intermediaires“ während der Französischen Revolution mit der Folge, daß ein zentralisierter Staat einer Masse unorganisierter Individuen gegenübersteht, schlägt Durkheim die Etablierung von Berufsgruppen als intermediäre Instanzen zwischen Familie und Staat vor, um die Anomie in der Ökonomie durch Regelung der institutionellen Beziehungen zu beseitigen. Sie könnten zur gesellschaftlichen Integration beitragen, weil die soziale Interdependenz der Funktionen (Systemintegration) durch die moralische Kooperation der sozialen Gruppen (Sozialintegration) gestützt würde. Durkheim lüftet damit das Geheimnis um die organische Solidarität oder die Solidarität aus Unterschieden. Berufsgruppen weisen nach innen mechanische Solidarität auf, denn sie sollen ein kohäsives moralisches Milieu bilden. Nach außen hingegen herrscht „organische Solidarität“, denn es gilt, die Unterschiede zwischen den Berufsgruppen durch ein System industrieller Beziehungen zu regeln. Das meint Identität durch Differenz. [Seite 57, re. Sp.:] Der Beruf, die Berufsethik und die Zugehörigkeit zu einer Berufsgruppe eröffnen dem modernen Menschen deshalb die Chance, jenseits traditionaler Bande von Familie, Verwandtschaft und Stand seinen „Platz“ in der Gesellschaft zu finden, durch spezialisierte Berufsarbeit seine „Persönlichkeit“ zu bilden und einen eigenständigen Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung zu leisten sowie durch Austarieren verschiedener Rollenverpflichtungen sich individuelle Freiräume zu erarbeiten; [...] |
Kein Hinweis auf die eigentliche Quelle für die Durkheim-Rezeption. Trotz Umstellungen, Umformulierungen und eigenen Ergänzungen (etwa eines kurzen Durkheim-Zitats) des übernommenen Inhalts bleibt im Vergleich erkennbar, was hier als Vorlage diente. Nicht mit in die Zeilenzählung ein gehen konservativerweise mehrere Sätze und Teilsätze des zweiten Absatzes, die zum besseren Verständnis Gesamtkontexts hier aber - durch eckige Klammern markiert - mitdokumentiert werden. Für das ergänzte Durkheim-Zitat aus dessen Werk "Physik der Sitten und des Rechts" wird hier (wie auch auf der Vorseite) eine Ausgabe von 1991 referenziert, während im Literaturverzeichnis (wie auch auf S. 78) eine Ausgabe von 1999 aufgeführt ist. |
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