VroniPlag Wiki

This Wiki is best viewed in Firefox with Adblock plus extension.

MEHR ERFAHREN

VroniPlag Wiki
Europäische Integration und grenzüberschreitende Zusammenarbeit – Konsens oder Konflikt? Das Beispiel EUREGIO

von Claudia Breuer

vorherige Seite | zur Übersichtsseite | folgende Seite

Statistik und Sichtungsnachweis dieser Seite findet sich am Artikelende

[1.] Cbr/Fragment 139 02 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2020-02-09 22:44:01 Schumann
Cbr, Fragment, Gesichtet, Lange 1998, SMWFragment, Schutzlevel sysop, Verschleierung

Typus
Verschleierung
Bearbeiter
SleepyHollow02
Gesichtet
Untersuchte Arbeit:
Seite: 139, Zeilen: 2-15, 16-21, 23-40
Quelle: Lange 1998
Seite(n): 153, 154, Zeilen: 153: 35 ff.; 154: 1 ff.
Erfahrungen mit Institutionen haben in Deutschland ebenso signifikante Auswirkungen auf die Positionsbildung, nur eben in ‘dezentralisierungspolitisch’ umgekehrter Richtung. Die wachsende Zustimmung gegenüber Dezentralisierung wird explizit mit positiven Erfahrungen begründet: Man habe sich an diese Ebene gewöhnt und Vertrauen gefasst. Hier folgt die Politik der Einflusslogik [s.u.]. Die europäische Ebene werde zum wichtigsten Ansprechpartner, weil sie immer mehr Funktionen akkumuliert und immer mehr Geld kanalisiert. Die Problemlösungen kämen heute von der regionalen Ebene und nicht mehr aus dem fernen Berlin, Den Haag oder gar Brüssel [Gespräch]. So finden die Erfahrungen mit der regionalen Administration auch Eingang in die Wahrnehmung der Funktionalität: Kürzere Wege seien eben besser und effektiver; die Wege nach Berlin und Den Haag seien zu lang und die Problembehandlung zu kompliziert gewesen. „Wenn man nicht nach Berlin muss, um so besser“ [Gespräch]. Neben der räumlichen und politischen Nähe „zur Chefetage“ [Gespräch] macht sich besonders im deutschen Teil der EUREGIO das negative Image der zentralstaatlichen Bürokratie bemerkbar. [„Menschen haben Angst, überrollt zu werden.“ [Gespräch].] Diese ‚Makrobürokratie’ sei zu aufgebläht, zentralistisch und bürokratisch, die niederländische viel pragmatischer [67% der deutschen Gesprächspartner; dem stimmen die niederländischen Interviewpartner aus ihrer Perspektive zu; 54%].

Was sich hier fallübergreifend in den Argumentationsmuster abzeichnet, ist ein ausgeprägter ‘institutioneller Konservatismus’. [Ein bestehender Veränderungsdruck wird in den Gesprächen bestätigt, aber dennoch überwiegt das ‚Festhalten’ an bestehenden Einrichtungen.] Was man hat, will man behalten: „Never change a winning team“ [Gespräch]; durchgreifende Änderungen des institutionellen Arrangements werden vorwiegend skeptisch bewertet [19% der deutschen Gesprächspartner]. Aufgrund der damit verbundenen Unsicherheit wird auf deutscher Seite die Ablehnung der Veränderungen verstärkt mit der Angst vor direkten wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen begründet. Im Gegensatz dazu wird einem möglicherweise durch eine größere Autonomie bzw. eigene politische Institutionen gestärkten sozialen Zusammenhalt kaum Bedeutung beigemessen [9,5% der deutschen Gesprächsteilnehmer]. Soziale Stabilität wird nicht mit einer auf regionaler Identität beruhenden Solidarität in Verbindung gebracht, sondern aus politischer Perspektive fast ausschließlich auf wirtschaftliches Wachstum und politische Stabilität zurückgeführt. Dieser Konservatismus bezieht sich nur auf die institutionellen Veränderungen selbst, nicht auf die Verlagerung politischer Macht innerhalb bestehender institutioneller Strukturen. Dies zeigt sich daran, dass die niederländischen Gesprächspartner unumwunden auch die Beteiligung der regionalen Ebene in zentralen Politikfeldern wie der Außenhandels- und Steuerpolitik fordern, die bisher der Regierung in Den Haag vorbehalten waren [63%].

Wie zu zeigen sein wird, überlagert dieser institutionelle Konservatismus sowohl eine perzipierte Funktionalität der regionalen Ebene als auch erwartete finanzielle Vorteile [einer grenzüberschreitenden ‘EUREGIOnalen’ Zusammenarbeit.]

Erfahrungen mit Institutionen haben in Spanien ebenso signifikante Auswirkungen auf die Positionsbildung, nur eben in "dezentralisierungspolitisch" umgekehrter Richtung. Die wachsende Zustimmung zur Autonomie unter den Unternehmern (Verbandsmitgliedern) wird explizit mit positiven Erfahrungen begründet: Man habe sich an diese Ebene gewöhnt und Vertrauen gefaßt (C-11), folgt also hier der Politik (Einflußlogik, s.u.). Die Generalität (bzw. Xunta) werde zum wichtigsten Ansprechpartner, weil sie immer mehr Funktionen akkumuliere

[Seite 154]

und immer mehr Geld kanalisiere. Die Problemlösungen kämen heute aus Barcelona, nicht mehr aus dem fernen Madrid (C-4).

So finden die Erfahrungen mit der regionalen Administration auch Eingang in die Perzeption der Funktionalität: Kürzere Wege seien eben besser und effektiver, die Wege nach Madrid seien früher zu lang und die Problembehandlung zu kompliziert gewesen (G-6). "Wenn man nicht nach Madrid muß, um so besser" (C-5). Neben der räumlichen und politischen Nähe der Generalität macht sich besonders in Katalonien das negative Image der zentralstaatlichen Bürokratie bemerkbar. Diese "Makrobürokratie" (C-4, G-6) sei zu aufgebläht, zentralistisch und bürokratistisch, die katalanische viel pragmatischer.

Was sich hier fallübergreifend in den Argumentationsmustern abzeichnet, ist ein ausgeprägter "institutioneller Konservatismus". Was man hat, will man behalten: "Never change a winning team" (S-12); durchgreifende Änderungen des institutionellen Arrangements werden vorwiegend skeptisch gesehen. Aufgrund der damit verbundenen Unsicherheit wird im britischen Fall die Ablehnung der Veränderung verstärkt mit der Angst vor direkten wirtschaftlichen Auswirkungen begründet. Im Gegensatz dazu wird einem möglicherweise durch eine größere Autonomie bzw. eigene politische Institutionen gestärkten sozialen Zusammenhalt kaum Bedeutung beigemessen. Soziale Stabilität wird nicht mit einer auf regionaler Identität beruhenden Solidarität in Verbindung gebracht, sondern aus unternehmerischer Perspektive fast ausschließlich auf wirtschaftliches Wachstum zurückgeführt. Dieser Konservatismus bezieht sich jedoch lediglich auf die institutionellen Veränderungen selbst, nicht auf die Verlagerung politischer Macht innerhalb bestehender institutioneller Strukturen. Dies zeigt sich daran, daß die spanischen Verbandsvertreter unumwunden auch die Beteiligung der regionalen Ebene in zentralen Politikfeldern wie der Außenhandels- und Steuerpolitik fordern, die bisher der Regierung in Madrid Vorbehalten waren (vgl. hierzu Tabelle 4-2, Abschnitt 4.6).

Wie zu zeigen sein wird, überlagert dieser institutionelle Konservatismus sowohl eine perzipierte Funktionalität der regionalen Ebene als auch erwartete finanzielle Vorteile einer Loslösung vom Nationalstaat.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.

Sichter
(SleepyHollow02) Schumann



vorherige Seite | zur Übersichtsseite | folgende Seite
Letzte Bearbeitung dieser Seite: durch Benutzer:Schumann, Zeitstempel: 20200209224454