von Claudia Breuer
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[1.] Cbr/Fragment 016 01 - Diskussion Zuletzt bearbeitet: 2020-02-06 21:00:17 Schumann | Cbr, Fragment, Gesichtet, Lange 1998, SMWFragment, Schutzlevel sysop, Verschleierung |
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Untersuchte Arbeit: Seite: 16, Zeilen: 1 ff. (komplett) |
Quelle: Lange 1998 Seite(n): 17, 18, Zeilen: 17: 24 ff.; 18: 1 ff. |
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[Inwieweit dies auch] ein Mehr an Macht zur Folge hat, ist umstritten25; offensichtlich wird von Seiten der genannten Einrichtungen der Europäischen Union ein solcher Zuwachs an Einfluss der regionalen Ebene beabsichtigt.26 Besonders deutlich wird diese Tendenz in der Entwicklung der Regionalpolitik seit der Neukonzeption im Jahr 1988 und dem in ihr verankerten Prinzip der Partnerschaft vor Ort. Dabei wird davon ausgegangen, dass regionale Probleme am besten unter Einbeziehung regionalen Problembewusstseins, ‚Entwicklungs-Know-How’ und Verantwortungsbewusstseins gelöst werden können.27 EU-Förderprogramme sollen von regionalen Institutionen umgesetzt und diese an Entscheidungen beteiligt werden.28 Die regionale Ebene wird so ‚von oben’ aufgewertet. Die Dezentralisierung von Kompetenzen und Aufgaben wird durch die EU gefördert.
Die solchen Innovationsanliegen explizit oder implizit zugrundeliegende Annahme der Funktionalität der regionalen Ebene wird mittlerweile auch in der Diskussion um das Europa der Regionen aufgegriffen. Allerdings hat dieses wenig neue Konzept und die Debatte darüber hinaus einen ambivalenten Charakter. Bereits in der Nachkriegszeit entstand die auf z.T. bis in das siebzehnte Jahrhundert zurückreichende, auf föderaltheoretischen Denktraditionen basierende „minoritäre Programmvokabel“29 als Gegenmodell zu de Gaulles ‚Europa der Vaterländer’. Die Wiederbelebung der Diskussion fand jedoch parallel zu den Fortschritten der europäischen Integration statt und ist in ihrem Kontext zu verstehen.30 Die ursprünglich normative Ausrichtung auf die ‚bessere’ [Friedens-]Ordnung wird damit um die Hervorhebung der funktionalen Bedeutung der subnationalen Ebene für die politische Steuerung gesellschaftlicher, vor allem ökonomischer Entwicklung erweitert. Dadurch verstärkt sich die „Sperrigkeit“31 dieses Konzeptes gegen eine unmissverständliche Definition und Zuordnung. Der Übergang zwischen wissenschaftlicher Betrachtung und normativer Argumentation bleibt fließend.32 Das Europa der Regionen ist ein gutes Beispiel dafür, wie Funktionalitätskriterien in politischen Auseinandersetzungen der Untermauerung normativer Argumentationen dienen. So wird die aktuelle Diskussion auf europäischer Ebene und in der Wissenschaft wiederum zum Ansatzpunkt für regionalistische Parteien, die sie zur Legitimation ihrer Forderungen und zur Wählermobilisierung nutzen.33 Insofern ist bei der Verwendung dieses Konzeptes Vorsicht geboten, zumindest aber muss deutlich gemacht werden, [inwieweit es als maßgebliche Programmvokabel gebraucht wird und wo sein dadurch letztlich eingeschränkter analytischer Gehalt liegt.] 25 Vgl. Bullmann, Regionen, a.a.O., S. 15-41. 26 Vgl. Anderson, P., The Invention of the Region 1945-1990, San Domenico, 1994, p. 11. 27 Bullmann, U. und Eißel, D., „Europa der Regionen“. Entwicklung und Perspektiven, in: Apuz, Nr. B20-21/1993, S. 4. 28 Vgl. Tömmel, System-Entwicklung, a.a.O., S. 199 und S. 203; sowie Leonardi, R. und Gramise, S., Conclusion: Sub-National Elites and the European Community, in: Regional Politics and Policy, Jg. 2, Nr. 1 und 2/1992, p. 266f. 29 Gerdes, D., Europa der Regionen, in: Nohlen, D., [Hrsg.], Piepers Wörterbuch zur Politikwissenschaft Band 2: Europäische Integration, München 1984, S. 58. 30 Vgl. Bullmann, Regionen, a.a.O., S. 19. 31 Conzelmann, Europa der Regionen, a.a.O., S. 61. 32 Vgl. Caciagli, M., Das Europa der Regionen: Regressive Utopie oder politische Perspektive?, in: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft, Jg. 1, Nr. 4/1990. S. 421-432. 33 Vgl. Borras-Alomar, S., et al [Eds.], Towards a ‘Europe of the Regions’? Visions and Reality from a Critical Perspective, in: Regional Politics and Policy, Jg. 4, Nr. 2, 1994, p. 1-27. |
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Inwieweit dies auch ein Mehr an Einfluß zur Folge hat, ist umstritten (Bullmann 1994b; kontrovers Borras-Alomar/Christiansen/Rodriguez Pose 1994); offensichtlich wird aber von seiten der genannten Institutionen der EU ein solcher Zuwachs an Einfluß der regionalen Ebene intendiert (Anderson 1994: 11). Besonders deutlich wird diese Tendenz in der Entwicklung der Regionalpolitik seit der Neukonzeption von 1988 und dem in ihr verankerten Prinzip der "Partnerschaft vor Ort". Dabei wird davon ausgegangen, daß regionale Probleme am besten unter Einbeziehung regionalen Problembewußtseins, "Entwicklungs-Know-Hows" und Verantwortungsbewußtseins gelöst werden können (Bullmann/Eißel 1993: 4). EG-Förderprogramme sollen von regionalen Institutionen umgesetzt und diese an Entscheidungen beteiligt werden (Tömmel 1992: 199, 203; Leonardi/Garmise 1992: 266f). Die regionale Ebene wird so "von oben" aufgewertet, die Dezentralisierung von Kompetenzen und Aufgaben durch die EU gefördert. Die solchen Innovationsanliegen explizit oder implizit zugrundeliegende Annahme der Funktionalität der regionalen Ebene wird mittlerweile auch in der Diskussion um das "Europa der Regionen" aufgegriffen. Allerdings haben dieses wenig neue Konzept und die Debatte darüber einen ambivalenten Charakter. Bereits in der Nachkriegszeit entstand die auf z.T. bis in das siebzehnte Jahrhundert zurückreichenden föderalismustheoretischen Denktraditionen fußende "minoritäre Programmvokabel" (Gerdes 1984: 58) als Gegenmodell zu de Gaulles "Europa der Vaterländer". Die Wiederbelebung der Diskussion fand jedoch parallel zu den Fortschritten der europäischen Integra- [Seite 18] tion statt und muß in ihrem Kontext verstanden werden (Bullmann 1994b: 19). Die ursprünglich normative Ausrichtung auf die "bessere" (Friedens-) Ordnung wird damit um die Hervorhebung der funktionalen Bedeutung der subnationalen Ebene für die politische Steuerung gesellschaftlicher, vor allem ökonomischer Entwicklung erweitert. Dadurch verstärkt sich die "Sperrigkeit" (Conzelmann 1996: 61) dieses Konzeptes gegen eine eindeutige Definition und Zuordnung zusätzlich; der Übergang zwischen wissenschaftlicher Betrachtung und normativer Argumentation bleibt fließend (vgl. Caciagli 1990). Das "Europa der Regionen" ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie Funktionalitätskriterien in politischen Auseinandersetzungen der Untermauerung normativer Argumentationen dienen. So wird die aktuelle Diskussion auf europäischer Ebene und in der Wissenschaft wiederum zum Ansatzpunkt für regionalistische Parteien, die sie zur Legitimierung ihrer Forderungen und zur Wählermobilisierung nutzen (Borras-Alomar/Christiansen/Rodriguez Pose 1994: 1). Insofern ist bei der Verwendung dieses Konzeptes Vorsicht geboten, zumindest aber muß deutlich gemacht werden, inwieweit es als normativ aufgeladene Programmvokabel gebraucht wird und wo sein dadurch letztlich eingeschränkter analytischer Gehalt liegt. Anderson, Perry (1994): The Invention of the Region 1945-1990, San Domenico. Borras-Alomar, Susana/Christiansen, Thomas/Rodriguez Pose, Andres (1994): Towards a 'Europe of the Regions'? Visions and Reality from a Critical Perspective, in: Regional Politics and Policy, Jg. 4, Nr. 2, 1-27. Bullmann, Udo (1994b): Regionen im Integrationsprozeß der Europäischen Union, in: ders. (Hg.), Die Politik der dritten Ebene. Regionen im Europa der Union, Baden-Baden, 15-41. Bullmann, Udo/Eißel, Dieter (1993): "Europa der Regionen". Entwicklung und Perspektiven., in: Apuz, Nr. B 20-21/1993, 3-15. Caciagli, Mario (1990): Das Europa der Regionen: Regressive Utopie oder politische Perspektive?, in: Österreichische Zeitschrift Für Politikwissenschaft, Jg. 19, Nr. 4, 421-432. Conzelmann, Thomas (1996): Europa der Regionen, in: Kohler-Koch, Beate/Woyke, Wichard (Hg.), Wörterbuch der Politik Band 5: Die Europäische Union, München, 61-68. Gerdes, Dirk (1984): Europa der Regionen, in: Nohlen, Dieter (Hg.), Pipers Wörterbuch zur Politikwissenschaft Band 2: Europäische Integration, München, 58-63. Leonardi, Robert/Garmise, Shari (1992): Conclusions: Sub-National Elites and the European Community, in: Regional Politics and Policy, Jg. 2, Nr. 1&2, 247-274. Tömmel, Ingeborg (1992): System-Entwicklung und Politikgestaltung in der Europäischen Gemeinschaft am Beispiel der Regionalpolitik, in: Kreile, Michael (Hg.), Die Integration Europas, PVS-Sonderheft 23, Opladen, 185-209. |
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