VroniPlag Wiki

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Typus
Verdächtig
Bearbeiter
Bummelchen
Gesichtet
No
Untersuchte Arbeit:
Seite: 63, Zeilen: 3-
Quelle: Adolph 1991
Seite(n): 67, Zeilen: Ab 3
n einem Brief an Thomas, den Leiter des SPD-Ostbüros, schrieb Gleitze über diese Sitzung: „Vor acht Tagen, anläßlich der letzten Anwesenheit von Minister Kaiser, wurde in der Berliner Zweigstelle des Bundeshauses eifrig beraten. Über Friedensburg bin ich genau unterrichtet, was sich in den Besprechungen der CDU-Strategen abspielte. An der letzten, gewissermaßen konstituierenden Sitzung durfte ich selbst teilnehmen. Danach ist Dr. Ernst als einer der ersten Heimkehrer aus Bonn vom Kanzler Adenauer persönlich beauftragt, von Berlin aus die Wiedervereini-gungsarbeiten in die Hand zu nehmen. Er will sich eine Art Gehirntrust zulegen. Die mir genannten Namen sind astrein. Die FDP ist praktisch ausgeschaltet. Als einzigen Konzessionsschulzen darf ich mich betrachten; im internen Kreis definiert man mich als das nun mal unvermeidbare Übel. Minister Kaiser und Dr. Ernst jedoch versi-cherten mir, daß sie ,froh' sind, mich als Experten dabei haben zu können." [Fn 2]

...

[Fn 2] Brief von Gleitze an Thomas vom 5.2.1952, in: AdsD, NL Gleitze, SPDSchriftwechse

Die bislang federführenden So7ialdemokraten schienen durch eine geschickte und verdeckte Taktik des politischen Gegners ins Abseits gestellt: “Lieber Freund Thomas! Das Rätsel beginnt sich etwas zu lösen, von dem Du bei l)einem letzten Besuch als der Mann, der das Gras wachsen hört, schon sprachst. Das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen versucht, sich durch eine bisher nicht gewohnte Aktivität in Position zu setzen, und zwar einmal gegenüber den konkurrierenden Ministerien, mit denen man ressortmäßig in einem kräftigen Kompetenzstreit lebt, als auch den anderen Organisationen gegenüber, die im letzten Jahre ein wenig zu munter wurden. Dazu gehört der Königsteiner Kreis und auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung. Vor acht Tagen, anläßlich der letzten Anwesenheit von Minister Kaiser, wurde in der Berliner Zweigstelle des Bundeshauses eifrig beraten. Über Friedensburg bin ich genau unterrichtet, was sich in den Besprechungen der CDU-Strategen abspielte. An der letzten, gewissermaßen konstituierenden Sitzung durfte ich selbst teilnehmen. Danach ist Dr. Ernst als einer der ersten Heimkehrer aus Bonn vom Kanzler Adenauer persönlich beauftragt, von Berlin aus die Wiedervereinigungsarbeiten in die Hand zu nehmen. Er will sich eine Art Gehirntrust zulegen. Die mir genannten Namen sind astrein. Die FDP ist praktisch ausgeschaltet. Als einzigen Konzessionsschulzen darf ich mich betrachten; im internen Kreis definiert man mich als das nun mal unvermeidbare Übel. Minister Kaiser und Dr. Ernst jedoch versicherten mir, daß sie ‘froh‘ sind, mich als Experten dabei haben zu können. Dr. Ernst will in vier Wochen - nach einem Urlaub - die Sache in die Hand nehmen. Neben dem wissenschaftlichen Stab soll ein Ausschuß gebildet werden, der ungefähr dem Gremium entspricht, das auf der Herbsttagung des Königsteiner Kreises auf Vorschlag des Wirtschaftsausschusses verlangt worden ist. In diesem Ausschuß sollen die Parteien, Gewerkschaften, Verbände und Organisationen (wie Königsteiner Kreis) vertreten sein. Hier will man offensichtlich alles läutern und notfalls reglementieren, was als Meinung des Westens zur Wiedervereinigung in der Öffentlichkeit zu vertreten ist. Dieser Ausschuß wird zur gegebenen Zeit eine hochpolitische Bedeutung erhalten. Mit dem neuen Geschäftsführer des Königsteiner Kreises, dem ehemaligen Ost- CDU-Minister Dr. Witte, hat mein Wirtschaftsausschuß die bisherige Freizügigkeit bereits eingebüßt. Die Entwicklung hat den zu erwartenden Kurs genommen; die CDU - Regie versucht, den bisherigen Einfluß zu sterilisieren. Man will durch Verschieben der Sitzungstermine hinhalten, um für die Organisation des Ernst-Ausschusses Zeit zu gewinnen. Ich bin froh, die grundsätzlichen Vorschläge unter Dach und Fach zu haben.

[S. 68]

Damit ist die erste Phase, in der der Königsteiner Kreis die wirtschaftspolitische Initialzündung zu geben vermochte, abgeschlossen. Es kommt jetzt darauf an, die in den durchgesetzten Vorschlägen enthaltenen Argumente und Konzeptionen nicht entschärfen zu lassen. Über das weitere Vorgehen werden sich die beteiligten Genossen möglichst bald einig werden müssen. [..] Mit herzlichen Grüßen Dein gez. Prof. Dr. Gleitze“ [Fn 219]


[Fn 219] AdsD, NL Gleitze, SPD-Schriftwechsel 1949-1954, Schreiben von Gleitze an Thomas vom 5.2.1952. Ein mit Bezug auf den ‘Ernst-Ausschuß“ gleichlautendes Schreiben schickte Gleitze noch zusätzlich an Herbert Wehner. Eine Zusammenfassung ging ebenfalls noch an Kurt Schumacher. Vgl. AdsD, NL Gleitze, SPD-Schriftwechsel 1949- 1954, Schreiben von Gleitze an Wehner vom 6.2.1952; ebd., Schreiben von Gleitze an Schumacher vom 6.2.1952; ebd., Schreiben von Wehners an Gleitze vom 11.2.1952.

Anmerkungen

Der Autor übernimmt Auszugweise ein Schreiben Gleitzes. Wahrscheinlich ist der Brief in den Roth-Büchern zu finden.

Sichter