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Untersuchte Arbeit: Seite: 7, Zeilen: 1-11, 14-21, 101-104, 106-108 |
Quelle: Lüdtke 1991 Seite(n): 10, 11, 12, 13, 29, Zeilen: 10:11-14; 11:1-11.109-112; 12:18-21.109-110; 13:12-19; 29:19-21.108 |
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[Vor allem übergeht diese Differenzierung jene vielfältigen Ensembles von verdeckten und] „sanften“ Übermächtigungen, die nicht auf direkte Zugriffe beschränkt bleiben.28 Des Weiteren setzt die Webersche Definition voraus, dass die Unterscheidung zwischen Herrschenden und Beherrschten eindeutig und auch dauerhaft sei. Damit finden wiederum jene Zwischenräume keine Beachtung, die Foucault mit dem Hinweis auf die .Allgegenwart der Macht“ angedeutet hat. Versteht man Macht im Sinne Foucaults als „konzertierte Anordnung von Körpern, Oberflächen, Lichtern und Blicken“, dann liegt sie nicht allein bei den „Herren“. Vielmehr verweist die hier formulierte These von den „Kräfteverhältnissen“ den Blick auf die Eigenaktivitäten der „Knechte“ und lässt deren Eigenmacht sichtbar werden.29
In diesem Zusammenhang haben einige Autoren, deren Augenmerk der sozialen Praxis von Herrschaft gilt, die Metapher des „Kräftefeldes“ geprägt.30 Dort treten und stehen Akteure in Beziehung, indem sie miteinander umgehen, auch wenn sie einander auszuweichen oder zu ignorieren suchen. James C. Scott spricht seinerseits vom Public Transcript, das von so genannten Hidden Transcripts ergänzt wird. Er meint damit eine Vielzahl offener und versteckter, verbaler und nichtverbaler Interaktionsformen.31 Die Figur des Kräftefeldes, in dem Macht durchgesetzt, Herrschaft begründet und bezweifelt wird, vermeidet eine einfache Polarisierung. Den „Herrschenden“ stehen zwar „Beherrschte“ gegenüber. Dennoch mögen sich die Herrschenden ihrerseits in Abhängigkeit finden, und dies namentlich von den Gruppen, die Mittlerfunktionen einnehmen - im kolonialen Afrika etwa von den Chiefs und den einheimischen Verwaltungsmitarbeitern. Aber auch die Beherrschten sind mehr als passive Adressaten der Regungen der Herrschenden, sondern in spezifische Netzwerke eingebunden. Vor allem aber zeigen sich Ungleichheiten und Widersprüche auch zwischen Herrschenden, ebenso wie zwischen Beherrschten. 28 Pierre Bourdieu, Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der kabylischen Gesellschaft, Frankfurt a.M. 1979, 365ff., hat auf die Verknüpfung physisch-direkter wie „sanfter“ Formen herrschaftlicher Gewalt aufmerksam gemacht und betont, dass erst diese Parallelität die Wirkung von Herrschaft ausmache. Vgl. dazu auch Lüdtke, 10; siehe ferner Pierre Bourdieu, Die verborgenen Mechanismen der Macht, Hamburg 1992. 29 Vgl. Foucault, Überwachen und Strafen, 259f.; ders., Sexualität und Wahrheit, Bd. 1, Frankfurt a.M. 1977, 113ff. Aufgegriffen haben dies für den afrikanischen Kontext W. Arens/Ivan Karp (Hg.), Creativity of Power. Cosmology and Action in African Societies, Washington/London 1989. Vgl. ferner Andreas Eckert, Koloniale und administrative Eliten in Tanzania. Begriff, Konzept und methodische Probleme von Herrschaft und Alltag, in: Dietrich Reetz / Heike Liebau (Hg.), Globale Prozesse und „Akteure des Wandels“. Quellen und Methoden ihrer Untersuchung, Berlin 1997, 35-60, hier: 37f. 30 Vgl. Lüdtke, 12ff. 31 Vgl. James C. Scott, Domination and the Arts of Resistance. Hidden Transcripts, New Haven/London 1990. |
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Damit sind aber jene vielfältigen Ensembles von verdeckten und „sanften“ Übermächtigungen (P. Bourdieu) übergangen, die nicht auf direkte Zugriffe beschränkt bleiben.
Eine Eingrenzung auf Übermächtigungen, die als „hausväterliche oder amtliche oder fürstliche Gewalt“ Rechtsformen einsetzen und Rechtmäßigkeit beanspruchen, setzt voraus, daß die Unterscheidung zwischen Herrschenden und Beherrschten eindeutig und auch dauerhaft sei. Damit bleiben aber jene - weitgespannten - Zwischenräume unbeachtet, die Michel Foucault mit dem Verweis auf die „Allgegenwart von Macht“ angedeutet hat. Versteht man Macht im Sinne Foucaults als „konzertierte Anordnung von Körpern, Oberflächen, Lichtern und Blicken“, dann liegt sie nicht nur bei den ,Herren'. Vielmehr öffnet die These von den „Kraftverhältnissen“ den Blick auf die Eigenaktivitäten der ,Knechte', läßt ihre Eigenmacht sichtbar werden7. 7 M. FOUCAULT, Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt 1976 (franz. 1975) S.259f.; vgl. DERS., Sexualität und Wahrheit. Bd. 1. Frankfurt 1977 (franz. 1976) S. 113 ff. Dazu auch die ethnologischen Studien in: Creativity of Power. Cosmology and Action in African Societies. Hg. W.ARENS, I.KARP. Washington, London 1989.
Herrschaft als soziale Praxis - die Formulierung verweist auf ein „Kräftefeld“14, in dem Akteure in Beziehung treten und stehen, in dem sie miteinander umgehen, auch wenn sie einander ausweichen oder sich zu ignorieren suchen. 14 [...] Fraglos hat vor allem P. Bourdieu mit großem Nachdruck das Augenmerk auf „soziale Praxis“ gerichtet, vgl. Ders., Entwurf einer Theorie der Praxis, auf der ethnologischen Grundlage der kabylischen Gesellschaft. Frankfurt 1976 (franz. 1972) Tl. II;
Die Figur des „Kräftefeldes“, in dem Macht durchgesetzt, Herrschaft begründet oder bezweifelt wird, vermeidet eine einfache Zweipoligkeit. Den Herrschenden stehen zwar Beherrschte gegenüber - Herrschende konstituieren sich in der Definition und der Verfügung über Beherrschte. Dennoch mögen sich die Herrschenden ihrerseits in Abhängigkeiten finden. Und auch die Beherrschten sind mehr als passive Adressaten der Regungen der Herrschenden. Vor allem zeigen sich Ungleichheiten und Widersprüche auch zwischen Herrschenden, ebenso wie zwischen Beherrschten. [Seite 29] Hier zeigen sich Beispiele für jene Verknüpfung physisch-direkter wie „sanfter“ Formen herrschaftlicher Gewalt61, auf die Bourdieu zurecht aufmerksam gemacht hat. 61 BOURDIEU, Theorie der Praxis, S. 365 ff. |
In der den ersten Sätzen der Seite 6 (!) zugeordneten Fußnote 22 heißt es bei Aeb: Ein Pastiche aus zahlreichen, jeweils ungekennzeichneten und zum großen Teil wortwörtlichen Übernahmen aus Lüdtke (1991) (inkl. der zugehörigen Literaturverweise) ist hinter dieser Formulierung allerdings nicht zu erwarten. |
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